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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste
Autoren: Mary Scott
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respektvoll, weil wir hier im Hinterland wohnen? Oder weil wir schon so alt sind?«
    Zu meiner Erleichterung überging David die Herausforderung und entgegnete ganz freundlich: »Tatsache ist, daß ich in der ersten halben Stunde bereits über das >Mrs. Russell< gestolpert bin. Aber meine Gastgeberin blieb eisern dabei.«
    Larry merkte, daß der Jüngling ein guter Gegner war, und gab die Stichelei auf. Sie lachte und meinte: »Sie sind ganz schön schlagfertig, mein Bester! Zur Belohnung können Sie >Larry< zu mir sagen. Ich bin auf das >Mrs.< nicht versessen.« Durch die Blume bedeutete das: »Außerdem fangen Sie an, mir zu gefallen!«
    David erkannte das Friedensangebot und zeigte sich der Situation gewachsen. »Vielen Dank, Larry! Das freut mich. Leider bin ich im Moment etwas verwirrt. Der arme Simson! Früher hatte ich nie besonders viel Verständnis für ihn. Haben Sie Ihr Teufelswerk nun beendet, Dalila?«
    Obgleich sein Haar jetzt auf Kragenlänge gekürzt war, war ich noch nicht ganz fertig. Ich hatte nämlich noch einen weiteren Vorstoß im Sinn. »Was ist jetzt mit dem Bart? Der ist längst nicht so schön wie die Haare. Er ist eigentlich ziemlich schäbig. Findest
    du nicht auch, Larry?«
    Larry betrachtete ihn eingehend mit schiefgeneigtem Kopf und gab dann ihre Meinung kund. »Rasieren Sie ihn ab! Im Prinzip bin ich nicht gegen Bärte. Es gibt viele junge Leute, die gut daran tun, einen weichlichen Mund oder ein fliehendes Kinn zu verdecken. Aber beides haben Sie nicht nötig, David. Und Ihr Bart läßt sich nicht mit den Haaren vergleichen. Er ist eher mies und armselig.«
    Er lachte, und das imponierte mir im Grunde. Mit Pauls Rasierapparat und meiner schärfsten Schere trollte er sich ins Badezimmer. Ehe er die Tür schloß, rief er über die Schulter zurück: »Da sieht man mal wieder die Gewaltherrschaft der Frauen!«
    Als er im Bad verschwunden war, meinte Larry: »Ich wollte es natürlich nicht zugeben, aber er ist der erste von dieser Sorte, den ich zu Gesicht kriege, einer von der modernen Generation!«
    »Trotzdem ist er wirklich ein netter Bursche«, sagte ich. »Unter all diesen Äußerlichkeiten steckt ein hochanständiger Charakter. Und gerade das bringt uns erst recht auf die Palme. Du kamst schon sehr in Fahrt, Larry.«
    »Stimmt. Und das beweist, daß ich viel zu empfindlich bin, wenn’s um unser Hinterland geht; genau wie die Männer, und bei einer Frau ist so was noch schlimmer. Gerade noch zur rechten Zeit erkannte ich die Versuchung. Er wird mich nie so gern mögen wie dich, Susan, aber wir werden schon miteinander auskommen können, ohne uns anzufauchen. Er ist so ein Typ, den ich immer für schwierig hielt, aber das ist vielleicht nur seine törichte Eitelkeit. Er möchte an der Kluft zwischen den Generationen nicht auf der falschen Seite stehen. Eines spricht für den Jungen; Diese Kluft hat er überhaupt nicht erwähnt. Ich habe darauf gewartet, aber es kam nicht.«
    »Ich glaube, David hat Sinn für Humor. In meinen Augen ist es aber noch wichtiger, daß er im Umgang nett und bescheiden ist und sich gut mit Patience versteht. Er behandelt sie wie eine Gleichaltrige, nicht so herablassend, wie er es mit uns versuchte. Ich hoffe, er ist eine Bereicherung für uns alle. Das wird eine Überraschung geben, wenn er mit Tony zusammentrifft!«
    Tony ist, wie schon erwähnt, Pauls Nichte und eine Art Adoptivtochter von uns. Ihre Eltern lebten getrennt und sind jetzt geschieden. Tony hängt mehr an ihrem Vater. Ihre Mutter hat wieder geheiratet, einen geistreichen Professor, der besser zu ihr paßt als Tonys Vater. Das Mädchen arbeitet, wie ich David erzählte, zum Vergnügen und um sich zu beschäftigen, in dem Supermarkt von Miß Adams. Am Wochenende kommt sie nach Hause und bringt immer viel Frohsinn und Heiterkeit in unser Leben. Sie hatte schon verschiedene Verehrer, die aber alle nicht zu ihr paßten. Schließlich wagte ich zu hoffen, daß sie die menschlichen Werte von Peter Anstruther erkennen würde; er ist ein lieber Freund und Nachbar von uns. Daß der hübsche David ihr gefallen würde, war nicht zu befürchten. Solche Männer wie ihn hatte sie auf den Reisen mit ihrem Vater gewiß schon oft genug kennengelernt.
    David sah wirklich attraktiv aus, als er bartlos, mit gestutzten Koteletten und vernünftig geschnittenem Haar wieder erschien. Der Colonel würde zwar nicht ganz einverstanden sein, aber er würde bei seinem Anblick nicht erschrecken und gleich erklären, daß
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