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Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz

Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz

Titel: Freche Mädchen... 10: Headline mit Herz
Autoren: Martina Sahler
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die geschwungene Treppe von den oberen Etagen hinabtrottet.
    Mein Stiefbruder Valentin hat beide Hände in den Hosentaschen vergraben. Sein kurzärmeliges kariertes Hemd ist falsch geknöpft. So läuft er oft herum. Äußerlichkeiten hält er für vernachlässigenswert. Seine Miene ist hochmütig wie meistens, wenn er mich anschaut. Er versucht, auf mich herabzublicken, was ihm aber nur schlecht gelingt, da ich zwei Zentimeter größer bin als er. Zwei Zentimeter, die ich enorm wichtig finde.
    Seine Mutter Angela behauptet, das würde sich in den nächsten Jahren ausgleichen – Jungen wachsen langsamer als Mädchen. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn er so bleiben oder sogar noch schrumpfen würde und mir irgendwann bis knapp an den Po reicht. Witzig die Vorstellung, dass er, um mitzuhalten, auf gedrungenen Beinchen zwei Schritte laufen müsste, wenn ich einen mache.
    »Na, Schwesterchen, wieder mit einem Affenzahn unterwegs?«, haut er mich an.
    Ich verdrehe die Augen. »Und du? Bist du wieder im Home Office ?«, erwidere ich mit ätzendem Spott. Einmal hatte er ein paar Freistunden und als ich ihn darauf ansprach, erklärte er ohne die Spur eines Grinsens in seinem Milchbrötchengesicht, er arbeite im Home Office , wie ein IT-Profi-Manager. Ich glaube, er kann es gar nicht mehr abwarten, endlich die Schule hinter sich zu bringen und nur noch das zu tun, was ihm am meisten liegt: sich bis zum Delirium mit Computern beschäftigen.
    Diesmal grinst Valentin allerdings schon. »Ich hatte heute frei. Die Lehrer sind auf Wandertag.«
    »Schön für dich.« Mir reicht das jetzt mit dem Small Talk. Ich drängle mich an ihm vorbei, während er auf der unteren Treppenstufe steht und keine Anstalten macht, mir auszuweichen.
    Womit habe ich das bloß verdient? Nicht nur, dass Valentin am Klugscheißer-Syndrom leidet und sich stets übertrieben gut informiert gibt, er hat auch noch diesen Bruder, der von einem ganz anderen Schlag ist, aber nicht weniger nervig. Ludger ist so ein alternativer Typ, der den Mondkalender auswendig kennt. Zum Glück ist er schon neunzehn und meistens nicht auf meinem Schirm. Dass ich Valentin hin und wieder begegne, lässt sich allerdings nicht vermeiden.
    »… und ich habe die Zeit genutzt und sehr, sehr interessante Dinge herausgefunden«, fügt der auf seine wichtigtuerische Art hinzu.
    Er erreicht, was er wollte. Ich ringe kurz mit mir, stoppe und drehe mich zu ihm um. »Was kann das schon Langweiliges sein«, sage ich betont uninteressiert. Aber dass ich neugierig bin, lässt sich nicht verbergen.
    »Tja, Lilly, wenn du das wüsstest, würdest du hier nicht mehr so tatenlos im Weg herumstehen und blöde Sprüche absondern.«
    »So?«
    »Tja, vielleicht würdest du …« Er tippt sich an die Unterlippe. »Lass mich überlegen … Vielleicht würdest du dein mittelmäßiges Englisch aufpolieren?«
    »Hä? Jetzt mach’s mal nicht so spannend, du Backblech. Was ist passiert?« Von wegen mittelmäßig! Ich spreche besser Englisch als er und die anderen, und das weiß er auch. Aber er nutzt jede Gelegenheit, mir einen reinzuwürgen. Genau wie ich im umgekehrten Fall.
    Valentin sieht seinen Vorteil und weiß ihn zu nutzen. »Oder vielleicht würdest du auch Google Maps auf deinem Steinzeit-Laptop aufrufen und ein paar ganz bestimmte Begriffe eingeben.«
    »Jetzt lass den Schwachsinn!«, fahre ich ihn an. »Such dir andere Leute, denen du ein Ohr abkauen kannst. Du nervst, Valentin.« Ich drehe mich um und will nach oben sprinten. Ich bin nun sicher, dass sich Valentin mal wieder nur aufspielt.
    »Na, dann erfährst du eben nicht, wer uns demnächst in der Villa Wildsee besucht!«, ruft Valentin mir hinterher, als ich bereits im ersten Stock bin.
    Ich bleibe stehen und beuge mich über das Geländer. »Also, wo Dresden liegt, das kriege ich auch ohne Google Maps heraus, und soweit ich weiß, spricht man dort Deutsch.«
    Valentin lacht ein unschönes Lachen. »Wer spricht denn von Dresden?«, ruft er zu mir hoch. »Guck mal lieber nach, wo Atlanta liegt.«
    Mir bleibt die Spucke weg. »Wie jetzt? Atlanta in Georgia oder Texas?«, frage ich schließlich atemlos, als machte das irgendeinen Unterschied.
    Spricht Valentin tatsächlich von Amerikanern?
    Der verschränkt die Arme vor der Brust und grinst von einem Ohr zum anderen, als ich Stufe um Stufe wieder nach unten schleiche, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Atlanta, Georgia, um genau zu sein«, präzisiert er. »Nahe der Ostküste der
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