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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)
Autoren: Andreas Englisch
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Scola. Keinen Zweifel aber hat Bertone daran, dass er die Kontrolle über die absolute Mehrheit der Kardinäle hat. Sie müssen einfach den wählen, den er ausgesucht hat. Schließlich hat er die Mehrheit der 115 Kardinäle in ihr Amt gehievt. Es sei denn … Aber diesen Gedanken wagt Tarcisio Bertone wohl kaum zu Ende zu denken. Es sei denn, sie kehrten ihm ausgerechnet jetzt den Rücken und verrieten ihn, wie Judas das einst mit Jesus gemacht hatte. Aber das werden sie nicht, lässt Bertone seine Sympathisanten wissen. Sie werden Bergoglio verhindern.
    Doch die Kardinäle spüren, dass es noch ein anderes Problem gibt als Scolas Arroganz. Nicht einmal die Italiener stehen einmütig hinter Angelo Scola. Die italienischen Kardinäle, immerhin 28 an der Zahl, treten im Konklave keineswegs als geschlossener Block auf, sondern scheinen vollkommen zerstritten zu sein. Viele von ihnen fürchten, dass Scola dem ehemaligen Landesvater der Lombardei, Roberto Formigoni, viel zu nahe gekommen ist. Am 16. März 2012 hatte der unter Korruptionsverdacht stehende Formigoni, damals noch Präsident der Lombardei, die Unterstützung von Angelo Scola eingeklagt und verlangt, dass Scola seine Integrität unter Beweis stelle, nach allem, was er für ihn getan habe. Kurz vor dem Konklave, am 12. Februar 2013, war Formigoni von der Staatsanwaltschaft sogar des organisierten Verbrechens beschuldigt worden. Kann man einen Mann zum Papst wählen, der ein Freund eines mutmaßlich korrupten Politikers ist? Die Mehrheit der Kardinäle ist wohl der Meinung, dass das nicht geht.
    Doch der vierte Wahlgang bringt eine Sensation. Angelo Scola hat keine Chancen mehr. Bei der Auszählung der Stimmen schallt immer wieder derselbe Name durch die Sixtinische Kapelle: »Bergoglio«, »Bergoglio«, »Bergoglio« … Bergoglio erreicht über 70 Stimmen. Die Mehrheit ist zum Greifen nahe. Jetzt bricht bei Bertone die blanke Panik aus, Schweiß steht auf seiner Stirn. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Wozu hat er denn die Kardinäle so sorgfältig ausgewählt? Doch nicht deshalb, damit so was hier geschieht!
    Noch einmal versucht Bertone zu beschwichtigen, es gibt einen Hoffnungsschimmer. Hat Bergoglio nicht schon einmal gekniffen, damals im Jahr 2005 während der Papstwahl? Er hatte knapp 40 Stimmen auf sich versammelt, gegen den großen Favoriten Joseph Ratzinger. Und dann hatte er plötzlich die Kardinäle gebeten, ihn nicht mehr zu wählen, und aufgegeben. Bis heute weiß niemand, warum er das getan hatte. Fürchtete er damals, dass alte Vorwürfe ihn einholen könnten, wonach er die beiden Jesuitenpater Franz Jalics und Orlando Yorio, also eigene Leute, 1976 während der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien an die Behörden ausgeliefert haben soll? Jalics und Yorio waren daraufhin fünf Monate lang inhaftiert und gefoltert worden. Wollte er der Kirche diesen Skandal ersparen? Oder hatte es einen anderen Grund gegeben? Schreckte er davor zurück, sich dem weit bekannteren Joseph Ratzinger in den Weg zu stellen?
    Die Mehrheit der Kurienkardinäle um Tarcisio Bertone weiß, dass dieser sich in Wirklichkeit nur an einen Strohhalm klammert. Bergoglio hat dieses Mal ganz klar gesagt, dass er die Wahl zum Papst annehmen wird. Während der Kardinalskongregationen sprach er über die Erfüllung von Pflichten und erklärte, dass das auch für ihn gilt, wenn Gott es von ihm verlangt. Auch wenn Bertone es einfach nicht wahrhaben will: Es scheint der für ihn schlimmste Fall einzutreten – Bergoglio sträubt sich nicht, er will tatsächlich Papst werden.
    Aber noch ist es nicht zu Ende. Der fünfte Wahlgang allerdings könnte Bergoglio zum Papst machen. Jetzt kommt es darauf an, das um jeden Preis zu verhindern. In aller Eile versuchen die Kurienkardinäle einen Kompromisskandidaten aus dem Hut zu zaubern, irgendeinen, der möglichst rasch möglichst viele Stimmen auf sich vereinigen kann. Die Gruppe um Bertone versucht trotzdem Ruhe zu bewahren. Die Kurienkardinäle sagen sich: Wir werden Bergoglio schon noch aufhalten, so schlimm war das, was wir unter Benedikt XVI . angerichtet haben, nun auch wieder nicht. Wir haben genug Unterstützung in den eigenen Reihen, allzu groß wird der Hass auf uns schon nicht sein. Doch da irren die frommen Herren. Vor allem die elf Kardinäle aus den USA , darunter auch William Levada, den Bertone für einen Freund hielt, und die Kardinäle aus Deutschland machen kein Geheimnis daraus, dass sie Bergoglio durchsetzen
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