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Formbar. Begabt

Formbar. Begabt

Titel: Formbar. Begabt
Autoren: Juna Benett
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gewesen wären als das, was ich getan habe. Ein kühler Blick, leicht die Augenbrauen hochziehen und zuerst wegdrehen. Möglicherweise ein ironisches Lächeln andeuten, das ihm mitteilt: »Ach, du dachtest, ich schaue dich an? Träum weiter. Ich schaue rein zufällig in deine Richtung.«
    Gar nicht erst anstarren. Das wär's gewesen!
    Den restlichen Vormittag bade ich in Selbstmitleid, durchbrochen von Schuldzuweisungen (»Dieser Idiot hätte meinen Blick nicht erwidern müssen.«) und Vorwürfen (»Zwei Blamagen in drei Tagen. Das ist nicht mehr treudoof-charmant, sondern nur armselig.«). Ich sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, die Party am Wochenende ins Wasser fallen zu lassen. Vor ein paar Stunden erschien sie mir als perfekte Gelegenheit, Jan besser kennenzulernen und zu zeigen, dass ich nicht nur – positiv ausgedrückt – mit Tassen jonglieren kann, sondern noch andere Vorzüge habe, deren Entdeckung lohnenswert ist. Schade, dass ihm nicht klar ist, was er verpasst!
    Zudem trage ich nicht die alleinige Schuld an der unangenehmen Situation. Jan hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, die Lage mit einem kleinen Lächeln zu entschärfen. Wäre es für ihn so schlimm gewesen, mir zumindest zuzunicken?
    Mein Verhalten war merkwürdig, aber nicht unbedingt peinlich. Dazu hat er es mit seinem abfälligen Grinsen gemacht.

***
    Ich definiere meinen Wert nicht über das, was die Welt von mir denkt, solange nur alles nach dem von mir festgelegten Plan funktioniert – und das tut es.

3
    Eigenartig
    Die nächsten beiden Tage vergehen im Vergleich zur bisherigen Woche ereignislos, was mir wirklich recht ist. Noch mehr Aufregung könnte ich im Moment nicht vertragen. Einmal sehe ich Jan aus der Ferne und schlage direkt eine andere Richtung ein, damit ich nicht in Versuchung komme, erneut etwas Dummes zu tun. Außerdem diskutiere ich in jeder freien Minute mit mir selbst über die Frage, ob ich mich auf Miris Party wage oder nicht. Viv ist natürlich der Meinung, ich könne sie unmöglich im Stich lassen. Sie habe sich so sehr darauf gefreut, einen schönen Abend mit mir zu verbringen, dass ihr der Ferienanfang verdorben wäre, würde ich sie nicht begleiten.
    Somit ist es kein Wunder, dass ich am Samstagabend im Minirock, schwarzen Strumpfhosen, Stiefeln und meinem neuen grünen Top, das ich bei Einkaufstour Nr. 2 im Ausverkauf ergattern konnte, bei Viv vor der Tür stehe – ganz die vorbildliche Freundin! Zugegebenermaßen bin ich stolz auf mich. Sich jetzt nicht zu verkriechen, zeugt von einer gewissen Größe.
    Als wir vor Miris Haus stehen und die Musik bereits so laut hören, als hätte ich in meinem Zimmer die Anlage komplett aufgedreht, bekomme ich Angst vor meiner eigenen Courage. Auf dem Bett liegen und lesen erscheint mir plötzlich als wirklich erstrebenswerte Idee.
    Gerade will ich mich auf dem Absatz umdrehen und davonstürmen, da öffnet Miri die Tür. Mieses Timing! Dann beiße ich eben in den sauren Apfel und gehe Jan, so gut ich kann, aus dem Weg. Zumindest dieser Plan scheint leicht umsetzbar zu sein, denn das Haus ist bereits voller Leute, von denen ich höchstens die Hälfte kenne. Wo hat Miri nur all diese Menschen aufgetrieben?
    Viv und ich schlagen uns zur Bar durch, um mit einem angemessenen Partygetränk in den Abend zu starten. Ein gefülltes Glas hilft nicht nur gegen den Durst. Es löst zusätzlich das »Ich weiß nichts mit meinen Händen anzufangen und bin dummerweise Nichtraucher«-Problem. So fühle ich mich wesentlich sicherer, als ich schließlich einen farbenfrohen Cocktail in den Händen halte. Keine Ahnung, was drin ist, aber es ist bunt, und das gefällt mir.
    Mit unseren coolen Drinks ausgerüstet, schlendern Viv und ich in dem vergeblichen Versuch, einen Überblick zu erlangen, ein wenig durchs Haus. Schließlich landen wir auf der Terrasse. Bei jedem männlichen, schwarzhaarigen Gast zucke ich zusammen und atme anschließend erleichtert wieder auf, weil es sich doch nicht um Jan handelt.
    Machen wir uns nichts vor. Bei meinem Glück werde ich ihm mit Sicherheit über den Weg laufen. Die Frage ist lediglich, wann das geschehen wird.
    »Hey ihr Zwei! Schön, dass ihr hier seid!«
    Hastig drehe ich mich um und bin erleichtert, als ich Tills hellen Haarschopf hinter mir entdecke. Für einen Moment dachte ich wirklich, dass uns Jan angesprochen habe – als ob er mich auf diese Art begrüßen würde. Viv hingegen versteift sich an meiner Seite und weiß offensichtlich nicht, wie
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