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Forbidden

Forbidden

Titel: Forbidden
Autoren: Tabitha Suzuma
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ihnen die Wahrheit erzählen muss, da gerate ich ins Stottern – es ist unsere Wahrheit, es sind unsere Herzensgeheimnisse, unsere intimsten Augenblicke, all die unendlich kostbaren, winzigen Einzelheiten unserer kurzen, glücklichen Momente miteinander. Als ich ihnen das alles schildern soll, stocke ich und fange an zu zittern. Aber ich zwinge mich, fortzufahren. Selbst als ich die Tränen nicht mehr zurückhalten kann und sie mir die Wangen nur so hinunterströmen. Als mein Körper von mühsam unterdrückten Schluchzern geschüttelt wird und ich meine Stimme nicht mehr beherrsche. Als ich merke, wie sich der Abscheu in ihren Blicken mit Mitleid mischt.
    Sie wollen jedes noch so kleine Detail wissen. Wie ich damals bei ihr im Bett lag, unsere erste Nacht zusammen. Was ich getan habe, was sie getan hat, was ich gesagt habe, was sie gesagt hat. Was ich gefühlt habe … Wie ich reagiert habe … Wie mein Körper reagiert hat … Ich erzähle ihnen die Wahrheit und fühle mich dabei, als würde mir jemand in den Brustkorb fassen und mir das Herz herausreißen, mir die Rippen eine nach der anderen auseinanderbrechen. Als wir dann zu den Ereignissen am selben Tag kommen, als wir zu dem kommen, was sie als »Penetration« bezeichnen, möchte ich am liebsten sterben, damit dieser Schmerz ein Ende hat. Sie fragen mich, ob ich ein Kondom benutzt habe, sie fragen, ob Maya aufgeschrien hat, sie fragen, wie lange es gedauert hat … Das alles verletzt mich so sehr, es ist so über alle Maßen demütigend, so erniedrigend, dass ich es kaum mehr ertrage.
    Die Vernehmung geht weiter und weiter, stundenlang, so kommt es mir vor. Meinem Gefühl nach muss es bereits tief in der Nacht sein, wir sind für immer in diesem winzigen Raum mit der verbrauchten Luft eingeschlossen. Einer von ihnen verlässtimmer mal wieder das Zimmer, um Kaffee zu trinken und einen Imbiss zu sich zu nehmen. Mir bieten sie Wasser an, ich lehne dankend ab. Irgendwann bin ich so erschöpft, dass ich nur noch an den Fingern meiner rechten Hand sauge, wie ich es als kleines Kind immer getan habe, und seitlich gegen die Wand sacke. Meine Stimme ist vollkommen heiser, mein Gesicht von Schweiß und Tränen verklebt und zu einer fremden Maske erstarrt. Wie durch einen dicken Nebel hindurch höre ich sie irgendwann zu mir sagen, dass ich jetzt in meine Zelle zurückgebracht werde und dass die Vernehmung morgen weitergehen wird.
    Das Aufnahmegerät wird ausgestellt, ein Polizist betritt den Raum, um mich abzuholen, aber ich schaffe es einen Moment lang nicht, aufzustehen. Detective Sutton, der die meiste Zeit kalt und ausdruckslos geblieben ist, seufzt und schüttelt mit einem mitleidigen Blick den Kopf. »Wissen Sie, Lochan, ich bin nun schon seit vielen Jahren in diesem Beruf, und ich spüre ganz genau, dass Sie bitter bereuen, was Sie getan haben. Aber das alles kommt zu spät. Nicht nur, dass sie sich wegen eines sehr schweren Verbrechens verantworten müssen, Ihre Drohungen scheinen bei Ihrer Schwester so wirkungsvoll gewesen zu sein, dass sie ausgesagt hat, die sexuelle Beziehung zwischen ihnen habe auf beiderseitigem Einvernehmen beruht, ja, sei sogar von ihr angeregt worden.«
    Panik durchflutet meinen Körper. Meine Erschöpfung ist wie weggeblasen. Plötzlich ist der ganze Raum von meinem Herzschlag erfüllt. Sie hat ihnen die Wahrheit gesagt? Sie hat ihnen die Wahrheit gesagt?
    »Das hat sie gesagt? Aber das ist doch jetzt hinfällig, oder? Ich habe doch alles gestanden, ich habe Ihnen doch genau erzählt, wie alles abgelaufen ist. Sie wissen doch, dass sie das nur gesagthat, weil ich ihr gedroht habe, weil ich ihr immer wieder gesagt habe, ich würde sie umbringen, wenn ich ins Gefängnis müsste. Sie glauben ihr doch nicht, oder? Ich habe doch jetzt alles gestanden!« Meine Kehle ist ganz ausgetrocknet, ich zittere, und die Stimme versagt mir, aber ich muss ruhig bleiben. Reue zu zeigen ist eines, doch sie dürfen nicht merken, in welchem Maß mich diese Nachricht schockiert und erschüttert.
    »Hängt ganz davon ab, wie der Richter das sieht.«
    »Der Richter?« Das kommt wie ein Aufschrei von mir. »Aber Maya steht doch nicht unter Anklage! Man wirft ihr doch nicht vor, mich vergewaltigt zu haben!«
    »Nein, aber auch konsensueller Inzest verstößt gegen das Gesetz. Gemäß Paragraf 65 des Sexual Offences Act könnte Ihre Schwester wegen ›Beistimmung zur Penetration durch einen erwachsenen Verwandten‹ belangt werden. Darauf stehen bis zu zwei
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