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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill
Autoren: Matt Ruff
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nicht spürt, kann es ihm vielleicht auch nichts anhaben.«
    »Glaubst du, es weiß, daß wir hier sind?« fragte Zephyr.
    Noch während sie sprach, schössen zwei fette Friedhofsratten hinter einem nahen Grabstein hervor. Puck sah sie kommen, riß seine Armbrust hoch und schaffte es irgendwie, mehr durch Glück als Geschick, die eine zu töten. Die zweite rannte weiter und stürzte sich, sobald sie nah genug herangekommen war, mit einem langen Satz auf Zephyr.
    »Zeph!« schrie Puck. »Paß au-«
    Doch sie fuhr schon herum, das Schwert in der Hand.
     
    VIII
     
    George hatte gefunden, wonach er suchte.
    Es war eine schlichte, weiße, quadratische Marmorplatte, die flach auf der Erde lag, mehr eine Tafel als ein richtiger Grabstein und stark verwittert. Er hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet ein so unscheinbares Ding einen solchen Eindruck auf ihn machen sollte, aber Tatsache war, daß er noch nie dem Knochenacker einen Besuch abgestattet hatte, ohne hier kurz vorbeizugehen. Etwas Merkwürdiges war ihm immerhin aufgefallen: Alle anderen, stehenden Grabsteine in der Umgebung hatten sich geneigt und schienen von diesem einen fortzustreben, wie Blütenblätter vom Herzen einer seltsamen Blume. Das war sicher nur ein Zufall, doch es trug zur Illusion bei, das hier sei, na ja, das Zentrum von irgend etwas.
    Der Stein trug kein Datum und nur einen einzigen Namen, sieben Buchstaben, von einer längst verwelkten Hand eingemeißelt:
    PANDORA
    Als George sich über die Grabstätte beugte, spürte er nichts als eine seltsame und unerklärliche Faszination. An seiner Stelle wären Puck oder Zephyr augenblicklich vor Angst gestorben, doch George fragte sich lediglich im stillen: Was für eine Geschichte wohl hinter diesem Stein steckt? Er wünschte fast, er könnte die Vergangenheit tatsächlich wieder aufleben lassen, statt sich nur etwas auszudenken. Was für eine Geschichte? Wie auch immer - ich wette, es ist eine gute.
    Er ließ die Finger über die Marmorfläche gleiten, fuhr die Buchstaben einzeln nach. In der Ferne zuckte ein Blitz.
     
    IX
     
    Zephyr wischte ihr Schwert mit einem Stück von einem welken Blatt ab. Sie hatte die Ratte mit einem einzigen Streich getötet: ein Ausfallschritt, und das Tier wurde noch im Ansprung mitten durchs Herz aufgespießt.
    »Siehst du?« sagte sie zu Puck, nachdem sie das Schwert wieder in die Scheide gesteckt hatte. »Ich kann durchaus auf mich aufpassen.«
    »Sicher«, sagte Puck noch etwas zittrig. Die Empfindung des Bösen jenseits des Grabens hatte etwas nachgelassen, lauerte aber noch im Hintergrund wie ein nachklingender Alptraum.
    »Eine Sache wundert mich«, fuhr Zephyr fort. »Es sieht nicht so aus, als ob hier noch viele Leute begraben würden, oder? Die meisten Plätze sind schon besetzt. Was machen aber dann die Ratten hier? Brauchen sie nicht haufenweise frische... du weißt schon was?«
    »Das kann ich dir auch nicht sagen, Zeph. Aber es hat schon immer massenhaft Ratten auf dem Knochenacker gegeben. Schon immer. Es ist wirklich ein gefährlicher Ort. Wahrscheinlich werden bald mehr davon aufkreuzen.«
    »Fliegen wir also zurück«, sagte Zephyr nach kurzem Schweigen. »Ich will jetzt nach Hause.«
    Sie hatte, wenigstens für den heutigen Tag, jedes Interesse an Georges Beschattung verloren - wofür Puck im stillen der Vorsehung dankte. Er machte sich allerdings nichts vor: Es war noch ein weiter Weg, bis sie ihn wieder in Gnaden aufnehmen würde.
    Sie hasteten, angespannt nach Ratten Ausschau haltend, auf demselben Weg zurück, den sie gekommen waren, und erst, als sie sich wieder in der Luft befanden (eine Talwindbö hatte Zephyr dabei unter die Flügel gegriffen), begann Puck, sich allmählich wieder sicher zu fühlen.
     
    X
     
    George schaffte es gerade noch bis nach Hause, ehe das Gewitter losbrach. Kaum hatte er den Schutz seiner Veranda erreicht, als der Regen auch schon mit einer solchen Wucht auf Bürgersteige und Autodächer einzuprasseln begann, daß er zu Nebelschwaden zerstäubte. Das Ganze wurde von einer erstaunlichen Darbietung elektrischer Entladungen begleitet.
    Da es Sonntag war, gab es - glücklicherweise - keine Post (Fans wie Feinde sorgten für einen stetigen Zustrom von Briefen, deren Lektüre ihn ziemlich viel Zeit kostete), aber sein Hauswirt hatte einen Zettel an der Tür hinterlassen:
    MIETER,
    KLEMPNER KOMMT IRGENDWANN IM LAUF DER WOCHE, UM SICH UNDICHTE STELLEN ANZUSEHEN. GLASER NIE ZU ERREICHEN; VIELLEICHT VERSUCHEN SIE ES SELBST MAL.
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