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Flug in den Weltraum

Titel: Flug in den Weltraum
Autoren: Hans Dominik
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verließ. Wirklich nur einen Augenblick, aber während dieses kurzen Moments war ihm etwas mehr von dem Zusatzstoff in die Waagschale gefallen.
    Dr. Hegemüller stutzte, als er es bemerkte. Sollte er die Wägung von neuem beginnen ... oder sollte er diesen Zufall als einen Wink des Schicksals nehmen? Gedanken, die er in diesen letzten Wochen und Tagen schon öfter als einmal gedacht, gingen ihm durch den Kopf ... wir kommen nicht vom Fleck, wenn wir in der alten langsamen Weise weitermachen ... andere kommen uns vielleicht zuvor, wenn wir nichts riskieren. Als ob er unter einem Zwang handle, schüttete er den ganzen auf der Waage liegenden Zusatzstoff zu dem bereits vorher abgewogenen Metallstaub, vermischte das Ganze sorgfältig und gab es in eine Preßform. Als Dr. Siegel mit einem anderen Brenner zurückkam, lag die neue Antikathode fix und fertig auf dem Tisch.
    »Schon fertig, Kollege?« sagte der, »dann wollen wir nur kräftig weitermachen. Thiessen kann jede Sekunde vom Kasino zurückkommen.« Schnell und exakt gingen ihnen die hundertmal geübten Griffe von der Hand. Eine Quecksilberdampfpumpe arbeitete, um die Röhre luftleer zu machen, und in der Bunsenflamme war sie im Augenblick wieder zugeschmolzen.
    »So, nun wären wir soweit«, meinte Dr. Stiegel, während er die Brennerflamme ausdrehte. »Wir können Hochspannung auf die Röhre geben.«
    »Gut, Kollege!« Noch während er es sagte, ging Hegemüller zu einer Schalttafel und begann an Hebeln und Regulierwiderständen zu hantieren.
    »Achtung, Stiegel, Strom kommt auf die Röhre«, rief er und legte den letzten Hebel gerade in dem Augenblick um, in dem sich die Tür öffnete und Chefingenieur Grabbe zusammen mit Dr. Thiessen in die Halle kam. Nur wenige Meter hatten die beiden zurückgelegt, als sie jäh den Schritt verhielten, wie gebannt von dem Schauspiel, das in knappen Sekunden vor ihren Augen abrollte.
    Eben noch hatte die Röhre in mattgrünem Licht geleuchtet. Jetzt glühte die Antikathode auf, rötlich und gelblich zuerst noch, im nächsten Moment schon hellweiß.
    »Abschalten!« wollte Thiessen eben noch schreien, doch es war schon zu spät. Mit einem Knall, kurz und scharf wie ein Büchsenschuß, platzte der Glaskolben auseinander; nach allen Seiten hin fegten seine Splitter durch den Raum. Ein schweres Stück flog nach oben und durchbrach das Glasdach der Halle, daß es auch von dorther Scherben regnete. Geblendet und betäubt von dem, was auf ihre Augen und Ohren eindrang, standen Thiessen und Grabbe da, brauchten einige Zeit, um sich zu fassen und ihrer Sinne wieder Herr zu werden.
    Wie das Unheil geschehen war, blieb ungeklärt, denn im ersten Schreck war Dr. Hegemüller gegen die Schalttafel getaumelt und hatte dabei Hebel verschoben, so daß sich die Spannung, die im Augenblick der Explosion auf der Röhre lag, nicht mehr feststellen ließ.
    »Sie haben eine Fehlschaltung gemacht, Kollege! Sicher viel zu hohe Spannung auf die Röhre gegeben«, sagte Thiessen, aber Hegemüller wies den Vorwurf entschieden zurück, und Thiessen konnte ihm nichts beweisen. Inzwischen hatte der Chefingenieur sich den Schaden näher besehen. Ein paar Glassplitter, ringsumher auf dem Boden verstreut, das war alles, was von der Röhre noch zu finden war. Darunter eine etwas größere Scherbe, in deren Höhlung eine etwa walnußgroße Menge eines weiß schimmernden Metalls lag.
    »Wo ist das übrige geblieben?« fragte Thiessen, dem er es zeigte. »Wenigstens das Zehnfache mußte als Kathode in der Röhre sein.«
    Hegemüller wies nach oben. »In die Luft gegangen, Herr Grabbe. Durchs Dach ‘raus. Irgendwo draußen müssen wir’s finden.«
    »Suchen Sie, meine Herren«, ordnete der Chefingenieur an. »Es ist wichtig, daß wir auch das andere finden; es wäre unerwünscht, wenn es in unrechte Hände fiele.«
    »Machen wir uns auf die Suche!« trieb Thiessen seinen Kollegen Hegemüller an. »Allzu weit können die Fetzen kaum geflogen sein; ich denke, daß wir sie draußen in der nächsten Umgebung der Halle finden werden.«
    Die Halle, in der Dr. Thiessen sein Laboratorium hatte, stand frei auf einem gepflasterten Werkhof, so daß es nicht schwer war, ihre Umgebung nach allen Seiten hin abzuschreiten. Bald hier, bald dort sahen Dr. Stiegel und Hegemüller im hellen Schein der Frühlingssonne auch Scherben aufblitzen und machten sich daran, sie sorgsam einzusammeln. Aber die wenigsten dieser Splitter und Splitterchen stammten von der Röhre, das meiste
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