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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft
Autoren: Robert Silverberg
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Generatoren waren direkt mit dem Hauptgenerator verbunden, der sich endlos auf seinen Pfählen am Grund des Atlantiks drehte und die Thetakraft kondensierte, die eine sofortige Reise möglich machte. Was war die Thetakraft? Quellen konnte es nicht sagen. Er konnte kaum die Elektrizität erklären, und die gab es schon seit einer ganzen Weile. Er nahm sie als eine Gegebenheit hin und vertraute sich dem statischen Feld an. Wenn jemand die Abszissen um eine Kleinigkeit verschoben hätte, wären Quellens Atome irgendwo ins Universum gewirbelt und hätten sich nie wieder zusammengefügt. Aber an solche Dinge dachte man nicht.
    Der Vorgang war blitzschnell. Die hagere, schmale Gestalt von Quellen wurde aufgegliedert, ein Strom von Wellikeln wurde über den halben Planeten geschickt, und Quellen war wieder als Einheit da. Es geschah so schnell, daß das Nervensystem den Schmerz des Auseinandergerissenseins gar nicht empfand.
    Aber man dachte nicht über den technischen Zusammenhang nach. Man reiste einfach. Wozu sollte man sich mit unangenehmen Gedanken plagen?
     
    *
     
    Quellen tauchte in dem winzigen Apartment für Klasse-Sieben-Bürger auf. Es befand sich in Appalachia, und jeder glaubte, daß er hier wohnte. Ein paar Notizen warteten auf ihn. Er sah sie kurz durch. In der Hauptsache Werbeanzeigen. Und ein Zettel von seiner Schwester Helaine, daß sie bei ihm gewesen sei. Quellen hatte ein leichtes Schuldgefühl. Helaine und ihr Mann waren Proleten, die sich von der harten Wirklichkeit hatten überrumpeln lassen. Er wünschte oft, daß er etwas für sie tun könnte, denn ihr Elend verstärkte seine Gewissensbisse noch. Aber was konnte er machen? Es war besser, wenn er nicht auffiel.
    Mit ein paar schnellen Bewegungen schlüpfte er aus seinen Freizeitkleidern und in die steife Uniform. Er entfernte das Schild Privat von seiner Tür. So verwandelte er sich von Joe Quellen, dem Besitzer eines verbotenen Grundstücks im Herzen eines unbekannten Gebietes Afrikas, in Joseph Quellen, Kriminalsekretär, Verteidiger von Gesetz und Ordnung. Er verließ das Haus. Der Aufzug brachte ihn über endlose Stockwerke zu der Schnellbootrampe. In der Stadt war das Reisen mit statischen Feldern technisch nicht möglich. Leider, seufzte Quellen vor sich hin.
    Ein Schnellboot kam heran. Quellen schloß sich der Menge an, die hineindrückte. Mit einem schmerzhaften Angstgefühl fuhr er in die Stadt. Zu Koll.
    Man hatte Quellen gesagt, daß das Polizeigebäude als architektonische Glanzleistung angesehen werden konnte. Achtzig Stockwerke, von spitzen Türmen überragt. Die roten Vorhangwände waren aus einem groben, rupfenartigen Gewebe und schimmerten wie ein Leuchtturm, wenn die Lichter eingeschaltet waren. Das Bauwerk hatte Wurzeln. Quellen hatte nie genau erfahren, wie viele unterirdische Stockwerke es besaß, und er hegte den Verdacht, daß niemand es wußte – außer ein paar Mitgliedern der Hohen Regierung. Bestimmt gab es zwanzig Komputerstockwerke und eine Ablage für ausgedientes Material. Dazu wahrscheinlich weitere acht Stockwerke mit Verhörräumen. Einige sagten, daß sich unterhalb der Verhörräume ein Komputer befand, der ganze vierzig Stockwerke umfaßte, und daß dies der richtige Komputer sei, während die anderen nur zur Tarnung dienten. Möglich, Quellen wollte seine Nase nicht zu tief in diese Dinge stecken. Wer neugierig war, mußte damit rechnen, daß die anderen ihn mit ihrer Neugier belästigten.
    Büroangestellte nickten Quellen respektvoll zu, als er an ihren dichtgedrängten Schreibplätzen vorbeiging. Er lächelte. Er konnte es sich leisten, freundlich zu sein. Hier besaß er einen Status. Er war Klasse Sieben. Sie waren Vierzehner, Fünfzehner, und der Junge, der die Papierkörbe ausleerte, konnte höchstens ein Zwanziger sein. Für sie war er eine hohe Persönlichkeit, praktisch ein Vertrauter der Hohen Regierung, ein persönlicher Bekannter von Danton und Kloofman. Alles eine Sache der Perspektive, dachte Quellen. In Wirklichkeit hatte er Danton nur ein einzigesmal gesehen. Und auch da wußte er nicht, ob er es tatsächlich war. Er hatte keine Ahnung, ob es Kloofman gab. Wahrscheinlich.
    Quellen krampfte die Hand um den Türgriff und wartete, bis ihn die Suchstrahlen identifiziert hatten. Die Tür zum inneren Büro ging auf. Er trat ein und warf einen Blick auf die unfreundlichen Gestalten, die hinter ihren Schreibtischen saßen. Da war der kleine, spitznasige Martin Koll, der einfach an ein großes Nagetier
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