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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair
Autoren: N Werlin
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hervor. » Was meinst du?« Aber Pierre winselte nur erbärmlich und kroch noch weiter unters Bett.
    Mit einem Achselzucken nahm Lucy einfach in jede Hand einen Schuh und rannte leichtfüßig die Treppe zur Küche hinunter. » Leute, ich brauch euren Rat.« Dann blieb sie abrupt stehen und blinzelte verwirrt zu dem bestaussehenden Mann hin, dem sie je begegnet war.
    Groß, dunkelhaarig, blaue Augen, schlank und breitschultrig. Aber nicht nur das Äußere dieses Mannes war bemerkenswert; etwas an ihm ließ auch auf Intelligenz und Humor schließen– die verführerischste Eigenschaft von allen.
    Und trotzdem stieß Lucy irgendetwas an ihm ab. War es das arrogante Funkeln in seinen Augen? Er weiß, dass er gut aussieht und clever ist, dachte Lucy. Er weiß es und nutzt es für seine Zwecke. Und ich wette, die meisten Leute kapitulieren einfach und geben ihm alles, was er will, noch ehe er darum gebeten hat.
    Da erhob sich der Mann und streckte ihr die Hand entgegen. Sein Lächeln war umwerfend. » Hallo, Lucinda. Ich bin Padraig Seeley. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
    Jetzt konnte Lucy ihn noch weniger leiden, da er ihren vollständigen Namen benutzte. » Nur Lucy«, sagte sie.
    » Lucinda«, wiederholte Padraig Seeley beharrlich. » Das ist ein schöner Name, der auch benutzt werden sollte. Und er passt zu Ihnen, oder er wird passen, wenn Sie erst einmal alt genug sind. › Lucy ‹ klingt irgendwie banal.«
    Lucy sah Zach an. Er verdrehte die Augen, und sie unterdrückte ein Grinsen.
    Padraig Seeley hielt die Hand immer noch ausgestreckt.
    Soledad und Leo lächelten. Sie hatten ihn eingeladen, oder besser gesagt, Soledad. Lucy fiel wieder ein, dass er mit Soledad zusammenarbeitete. Eigentlich wollte sie ihm nicht die Hand geben, aber es war wichtig, höflich zu sein. Und im Grunde spielte es keine Rolle.
    Lucy streckte Padraig Seeley die Hand hin.

Kapitel 8
    » Oh!« Lucy streckte Padraig Seeley den roten Sneaker entgegen. » Ups! Entschuldigung. Ich vergaß, dass ich noch den Schuh in der Hand habe. Schön, Sie kennenzulernen.« Sie wirbelte herum, ohne die Hand des Mannes berührt zu haben. Ein roter Sneaker hatte sie davor bewahrt. Ha!
    Lucy hörte Zach prusten, und ihr war klar, dass er das kleine Zwischenspiel verstanden hatte. Aber sie ignorierte ihn. Sie konnten später unter vier Augen über diesen Padraig Seeley lästern. Wie konnte er es wagen, ihren Namen als banal zu bezeichnen? Sie wandte sich an Soledad. » Mom, welchen Schuh soll ich nehmen?«
    Soledad betrachtete Lucy, die barfuß in ihrem weißen Seidenkleid vor ihr stand. Die Zöpfe hingen ihr über die Schultern, und die Bonbonhalskette reichte ihr fast bis zu den Knien. Die eine Hand steckte in einem Sneaker, die andere in einem eleganten Schuh mit hohem Absatz, als hätte sie Handpuppen übergestreift. Es wirkte grotesk, aber trotzdem sah sie strahlend und wundervoll aus. » Die Sneakers«, sagte Soledad. » Wegen des ironischen Touchs, den du erwähnt hast.«
    » Die Hochhackigen«, meldete sich Zach fast gleichzeitig zu Wort.
    » Du bist einfach zu konventionell«, meinte Lucy.
    » Nein, falsch. Ich bin nur scharfsinnig. Die Bonbonhalskette ist schon Ironie genug, mit den Sneakers würdest du es nur übertreiben.«
    Lucy schnaubte und zog, zu Leo gewandt, eine Augenbraue hoch.
    Leo schüttelte scheinbar betroffen den Kopf. » Kannst du nicht einen von jeder Sorte tragen?«
    Lucy überlegte. » Würde ich ja gern, wenn die Absätze gleich hoch wären«, sagte sie lächelnd. » Weißt du, Dad, ich glaube, du hast in dieser Familie, was Mode betrifft, den besten Geschmack.«
    » Nein, er hat nur Angst zu sagen, was er denkt«, warf Zach ein. » Oder aber–«
    » Lassen Sie mich entscheiden«, unterbrach ihn Padraig Seeley.
    Er sprach mit leiser, aber eindrucksvoller Stimme, und wie auf Kommando hörten die anderen auf zu reden und richteten ihren Blick erwartungsvoll auf ihn. Nachdem es für einen Moment merkwürdig still geworden war, meinte er locker: » Die Hochhackigen natürlich.« Und zu Zach gewandt bemerkte er: » Sie haben recht, aber aus dem falschen Grund. Es ist keine Frage des Scharfsinns. Es geht darum, Lucindas Figur optisch zu strecken.« Dabei deutete er auf Lucys Beine. » Ironie ist gut und schön, Lucinda, aber Schönheit muss immer an erster Stelle stehen.«
    Lucy zuckte verlegen mit den Schultern und verschwand wieder aus der Küche. Dort herrschte anschließend noch eine ganze Weile Schweigen. Das Knistern des
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