Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
erwartet hätten, eine so hervorragende Aufführung in einem kleinen Dorf zu sehen. Lawrence nahm zahllose Komplimente selbstgefällig und gekonnt entgegen, während Sally bald gelangweilt aussah, sich auf die Bühne schlich und begann, die Kostüme und andere Utensilien, die in der Garderobe herumlagen, einzusammeln. Lee wollte ihr gerade nachgehen, als sie sah, daß Donald Harvey sich aus der Gruppe gelöst hatte und die beiden in eine ernste Diskussion verwickelt waren. Von ferne gesehen, schien es friedfertig dabei zuzugehen, und Lee begann wieder Hoffnungen zu hegen.
    Jetzt kam Jack Palmer herein, nun in Uniform, über dem Arm sein faltenreiches Dogengewand aus Mrs. Harveys Eßzimmervorhängen. In der Hand hielt er den falschen Bart, sein Benehmen war schüchtern und entschuldigend. Als Lee ihn sah, schob sie ihn nach vorne, fest entschlossen, daß auch er etwas von den Glückwünschen abbekommen sollte.
    »Das ist der liebenswürdige Mr. Palmer, der uns soviel geholfen hat und als Doge so gut war. So ein Jammer, daß er wegen irgendwelcher Schwierigkeiten so eilig weggerufen wurde.«
    Sie quetschten ihn nach Einzelheiten aus. Bestimmt irgendein gräßliches Verbrechen? Palmer strahlte sie alle beruhigend an. »Nichts Schlimmes, nur ein paar alberne Burschen, die einmal über die Stränge schlagen wollten, weil sie hier nur Gäste und Fremde sind. Mit dem Bart und allem dachten sie erst, ich würde sie zum Narren halten, aber als ich ihre Namen aufschrieb, ist ihnen das vergangen. Hier ist Ihr Vorhang, Mrs. Harvey, ich hoffe unbeschädigt. Ich fürchte nur, daß der Bart etwas gelitten hat, einer der Jungens war albern und hat daran gezogen.«
    Auf den Bart, versicherte ihm Kathleen, komme es überhaupt nicht an. Er sei aus der Flickenkiste, mit der die Kinder gerne spielten. Bei der Erwähnung der Kinder schauten sich alle um, und Mrs. Harvey rief dramatisch: »Die lieben Kinder! Wo sind sie denn, und wer paßt auf sie auf?«
    Die Fremden ergriffen schnell die Flucht, offenbar entschlossen, sich nicht auf ein Drama oder auf eine Suche einzulassen, die die halbe Nacht dauern konnte. Sofort entstand leichte Panikstimmung, die noch dadurch erhöht wurde, daß Mrs. Harvey klagte, sie könne unmöglich überall zu gleicher Zeit sein und sie sei natürlich als Gastgeberin verpflichtet gewesen, sich um ihre hochverehrten Gäste zu kümmern.
    Ausgerechnet in diesem Augenblick bemerkte jemand dummerweise, daß die Flut stark sei und beinahe schon gegen die ersten Stufen zum Saal schlage. Kathleen wurde ziemlich blaß und sagte zerstreut: »Donald. Wo ist Donald?«
    Als er seinen Namen hörte, brach Donald das offensichtlich sehr heftig gewordene Streitgespräch ab und eilte zu seiner Familie. »Die Kinder? Nein, die habe ich seit Ende des Spiels nicht mehr gesehen. Ich dachte, sie wären bei dir, Mutter.«
    Alle sahen schuldbewußt aus und begannen, sich zu entschuldigen, insgeheim tadelte jeder den anderen. Jack Palmer war der erste, der aktiv half und sich im Dorf umsah. Kathleen ging schnell durch den Saal, falls sie auf einem der Sitzplätze eingeschlafen sein sollten, während Lee die Bühne und die Nebenräume absuchte. Sie waren nicht zu finden, und die Suchenden schauten sich schweigend und mit ängstlichen Blicken an.
    »Das Wasser...«, begann Mrs. Harvey hysterisch. »Bei Flut ist es hier ganz in der Nähe schon tief.«
    Kathleen sagte lediglich: »Ich glaube nicht, daß sie bei Dunkelheit ins Meer gehen.«
    »Nicht absichtlich, aber...«
    Lee mußte sich beherrschen, um ihr nicht zu sagen, sie solle den Mund halten. Dann hörten sie in der Stille schnelle Tritte die Stufen hinauflaufen, und Kathleen rief mit ungeheurer Erleichterung: »Hugh! O Hugh, gut, daß du da bist. Die Kinder. Wir haben sie verloren«, und zum ersten Mal bebte ihre Stimme.
    Hugh Knight ging schnell durch den Raum und legte den Arm um sie. »Meine Liebe, es ist ihnen nichts passiert. Ich habe sie zufällig mit den Maori-Kindern auf ihrem Weg zum pa am Strand getroffen. Ich habe sie in mein Auto geholt, sie gut eingepackt und jetzt sind sie fest eingeschlafen. Ich habe Palmer schon Bescheid gesagt, es ist alles in Ordnung.«
    Sie schmiegte sich an ihn und sah ihn mit einem vertrauensvollen Blick an. Hugh, der erst jetzt merkte, daß ihr Geheimnis nun nicht länger ihnen gehörte, drehte sich zu der erstaunten Mrs. Harvey um und sagte ruhig: »Wissen Sie, Kathleen hat mir versprochen, mich zu heiraten, wenn ich — tja, wenn eine andere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher