Flitterwochen auf Dream Island

Telefonrechnung ganz egal.”
    Isabel wurde klar, dass ihre Mutter aus Traurigkeit und Enttäuschung so heftig reagiert hatte. Sie hatte sich immer sehnlichst gewünscht, ihre jüngste Tochter würde heiraten. Doch nun schien es, als würde dieser Traum nicht in Erfüllung gehen. Und eigentlich hatte sie Recht. Sie, Isabel, hatte ihre Zukunft mit Luke wirklich sehr berechnend geplant. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal begehen. Aber was soll ich sonst machen? fragte sie sich verzweifelt. Auf keinen Fall wollte sie sich noch einmal in den Falschen verlieben.
    “Sei nicht traurig, Mum.” Sie ging zu ihrer Mutter und schloss sie in die Arme. “Es wird sicher alles gut werden.”
    Ihre Mutter brach in Tränen aus. Isabel musste all ihre Kraft sammeln, um nicht ebenfalls zu weinen. Hilfe suchend blickte sie ihren Vater an. Er nickte. “Ruf Rachel an”, sagte er leise. “Ich kümmere mich um sie.”
    Rachel war Isabels beste Freundin. Sie hätte bei der Hochzeit die Brautjungfer sein und ein weinrotes Kleid tragen sollen.
    “Hast du ein paar Minuten Zeit?”, fragte Isabel, als Rachel den Hörer abnahm. “Oder ist es gerade ungünstig?”
    Rachel kümmerte sich seit vier Jahren Tag und Nacht um ihre an Alzheimer erkrankte Pflegemutter. Sie hing sehr an Lettie, doch die Arbeit war aufreibend und deprimierend. Rachel war oft am Rande der Erschöpfung und hatte kaum Freizeit. Um für ihre Pflegemutter zu sorgen, hatte sie eine erstklassige Stelle als Chefsekretärin beim australischen Fernsehen aufgegeben – und war außerdem von ihrem Ehemann verlassen worden. Auch Rachel hatte die Erfahrung gemacht, dass Männer nicht gut darin waren, Opfer zu bringen.
    Jetzt verdiente Rachel ihren Lebensunterhalt damit, zu Hause Kleider zu ändern. Das Einzige, was sie in ihrer kärglichen Freizeit tat, war fernsehen und lesen. Einmal im Monat ging Isabel mit ihr aus. Gerade am Vorabend hatte sie Rachel zum Abendessen ins “Star City Casino” und dann ins Theater eingeladen und wie immer alles bezahlt. Der Gedanke, Rachel jetzt öfter etwas Spaß gönnen zu können, freute Isabel.
    “Nein, wir können uns ein bisschen unterhalten”, sagte Rachel. “Lettie schläft jetzt zum Glück. Heute war es wirklich besonders anstrengend mit ihr. Sie hat mich nicht einmal erkannt – zumindest hat sie so getan. Das ist oft so, wenn wir beide am Vorabend ausgegangen sind. Es gefällt ihr nicht, wenn sich jemand anders um sie kümmert.”
    “Du Arme! Und jetzt habe ich auch noch mehr schlechte Nachrichten für dich.”
    “Was ist denn passiert?”
    “Die Hochzeit ist geplatzt.”
    “Dieser Schuft”, sagte Rachel sofort zu Isabels Überraschung.
    “Woher weißt du, dass
Luke
sie abgesagt hat?”
    “Weil ich dich kenne, Isabel. Du hättest die Ehe mit Luke niemals aufgegeben. Also, was ist der Grund? Eine andere Frau?”
    “Ja. Wie kommst du darauf?”
    “Das war ja nicht schwer zu erraten. Männer sind doch sowieso alle gleich.”
    “Mum gibt mir die Schuld daran. Sie sagt, dass Luke sich eine andere gesucht habe, weil ich ihn nicht geliebt hätte.”
    “Hast du ihr denn etwa erzählt, dass ihr nicht aus Liebe heiraten wolltet?”
    “Nein, darauf ist sie von selbst gekommen.”
    “Ach so. Andererseits gab es ja auch einige Anzeichen. Luke ist nicht der Typ Mann, in den du dich normalerweise verliebst. Er ist auf zu klassische Art attraktiv und viel zu anständig.”
    “Tja, aber offenbar war er nicht ganz so anständig, wie ich gedacht hatte. Jedenfalls nicht, nachdem er die verführerische Celia kennen gelernt hatte.”
    “Und wer ist diese Celia? Wo und wann hat er sie getroffen?”
    “Er hat sie erst gestern zum ersten Mal gesehen. Sie ist die Tochter der Geliebten seines Vaters.”
    “Wie bitte?”, rief Rachel ungläubig. “Das kann doch nicht wahr sein!”
    Isabel erzählte ihr alle Einzelheiten. Sie musste zugeben, es war eine faszinierende Geschichte: Ein junger Mann fand heraus, dass sein Vater, der für ihn immer ein Held gewesen war, seine Frau zwanzig Jahre lang betrogen hatte. Und schließlich landete der junge Mann, der verlobt war und in wenigen Wochen heiraten sollte, mit der Tochter der Geliebten seines Vaters im Bett – eine Stunde nachdem er sie kennen gelernt hatte.
    Isabel konnte noch immer nicht glauben, dass Luke Celia wirklich liebte. Aber offenbar war er selbst davon überzeugt, nachdem er die Nacht mit ihr verbracht hatte. Nach ihrem Gespräch hatte er sich gleich wieder auf den Weg