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Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)

Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)

Titel: Fleisch und Blut 2: Thriller (German Edition)
Autoren: Daniel Dersch
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denen sich scheinbar die Weisheit eines ganzen Lebens widerspiegelte. Augen , dachte Claire, die mühelos hinter die Fassade aller Dinge blickten, die die gesamte Welt zusammenhielten.
    Sie wusste, dass das Blödsinn war. Dennoch gab ihr diese Vorstellung eine gewisse Art von Trost. Und genau das war es auch, was sie selbst nach all den Geschehnissen der letzten Zeit brauchte.
    Trost...
    So stand Claire eine Weile lang da und betrachtete das Kind, dessen Geburt sie beinahe mit dem Leben bezahlt hatte. Der viele Blutverlust und die Anstrengungen waren einfach zu viel gewesen und sie wusste, dass sie kurz davor gewesen war, sich für immer der Gleichgültigkeit zu ergeben.
    Gleichgültigkeit, dachte Claire, die mit Sicherheit ihren Tod bedeutet hätte.
    Doch in diesen magischen nächtlichen Momenten, da sie in die wunderschönen Augen ihres eigenen Kindes hinabblickte, waren all diese Mühen schlagartig wie weggeblasen. Ihr Mutterinstinkt, der sich all die Monate hindurch nur unterschwellig geregt hatte, war inzwischen vollends zum Leben erwacht. Es war ein warmes Gefühl, das ihren gesamten Verstand vereinnahmte und ihr unentwegt Glücksmomente bescherte.
    Eine Sturmflut der Endorphine, die sämt liche Sorgen allmählich hinfortspülte...
    Gleichzeitig, dachte Claire, war es aber auch ein bisschen beängstigend. Denn tief in ihrem Unterbewusstsein keimte immer mehr die Erkenntnis, dass sie sich dieses Glück nicht mehr nehmen lassen würde.
    Von nichts und niemandem...
    Mag sein, dachte sie, dass inzwischen bereits alle Kämpfe geschlagen waren. Doch sollte es nicht so sein, würde sie keine Sekunde lang zögern, um alles und jeden auf der Stelle zu vernichten, der an ihrer neu gewonnenen Glückseligkeit zu rütteln versuchte. Sie würde ihr Kind beschützen und auch Andy, für den sie inzwischen gleichermaßen zur Mutter geworden war.
    Mit dieser Gewissheit lebte sie nun seit dem Augenblick ihrer Niederkunft. In Blut gebadet und auf dem Rücksitz von Rogers Wagen hatte sie ihre Tochter zur Welt gebracht.
    Pass gut auf SIE auf...
    Diese Worte – dieser letzte Funke der Menschlichkeit, der in jener Nacht aus George gesprochen hatte – hatten ihr letztendlich die Kraft gegeben, alles durchzustehen.
    Pass gut auf SIE auf...
    SIE...
    Doch auch jetzt, dachte Claire, musste sie vorsichtig bleiben. Denn sie wusste, dass die Organisation nicht ruhen würde. Vielleicht würden sie sich eine kleine Verschnaufpause gönnen und warten, bis wieder Gras über die Sache gewachsen war. Doch gleich darauf würden sie wieder Nachforschungen anstellen und ihre Späher in aller Herren Länder entsenden und nach ihr suchen. Früher oder später würde sich einer dieser Agenten wahrscheinlich auch an die Pazifikküste Mexicos verirren und sie in Quesada finden – dem kleinen Fischerdorf, in dem sie sich versteckte.
    Und genau für diesen Fall, dachte Claire, musste sie vorsorgen. Sie musste sicherstellen, dass es nicht so weit kam. Die einzige Waffe, die ihr in diesem aussichtslosen Kampf zur Verfügung stand, war die Wahrheit.
    Die Wahrheit, dachte Claire, die hinter all den schrecklichen Dingen stand, die in den letzten Monaten vorgefallen waren. Und der einzige Weg, diese Wahrheit ein für allemal festzuhalten, war es, sie aufzuschreiben.
    Das war auch der wahre Grund, warum Claire mitten in der Nacht erwachte und auf Zehenspitzen durchs Haus schlich. Denn gleich nachdem sie ihren Tee getrunken und ihre Tochter gestillt hatte, setzte sie sich auf die Veranda des Hauses und begann zu schreiben.
    Stundenlang saß sie in der alten Hollywoodschaukel und schrieb alles auf, was in New York City, Rockwell und auch Plain Rock vorgefallen war. Nacht für Nacht bannte sie all die Geschehnisse auf Papier und nahm ihnen somit zugleich ein bisschen von ihrer Bedrohlichkeit.
    Sie hörte erst auf zu schreiben, wenn im Osten bereits der Morgen graute und der Pazifik allmählich einen graublauen Farbton annahm, der dem von Georges Augen sehr ähnlich war.
    Und den Augen ihrer Tochter...
    Die Abschriften ihrer nächtlichen Arbeit schickte sie wöchentlich zu einem Notar in Toronto, der sie sicher in einem Bankschließfach verwahrte.
    Woche für Woche übergab sie die dicken Umschläge an einen kanadischen Fernfahrer, den sie in einem Kaffee in der Nähe von Quesada kennengelernt hatte. Der gute Mann, der auf den wohlklingenden Namen Jacques hörte, lieferte Tropenhölzer von Panama in den hohen Norden und kam daher einmal die Woche bei ihr vorbei, um
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