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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse
Autoren: Heinz Strunk
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Nordseeküste, am plattdeutschen Strand,
    Sind die Fische im Wasser und selten an Land.»
    Leadgesang Gurki. Trotz der einfachen Melodie ein Festival der schiefen Töne. Egal, die Schützen waren aus dem Häuschen und schnappten vor Begeisterung stumm nach Luft. Ansage Gurki, die gute Stimmung nutzend:
    «Jaaaaaaaaaaaaa, liebe Freunde, und jetzt dem neuen Schützenkönig ein dreifaches Gut   –»
    «Schuss!», dröhnte es lautstark zurück.
    «Gut   –»
    «Schuss!»
    «Gut   –»
    «Schuss!»
    Ich murmelte natürlich «Sieg Heil» vor mich hin.
    Gurki euphorisch: «Jaaaaaa, liebe Freunde, und jetzt
Hello Dolly
aus dem Musical
Hello Dolly

    Hello Dolly
aus dem Musical
Hello Dolly
. Wichtige Sachinformationen. Die Schützen hatten sich leider schon wieder hingesetzt. Sie waren nach dieser ersten Eruption kollektiv in sich zusammengesackt.
    «It seems it never rains in Southern California, I often heard this kind of talk before.»
    Gegen Ende des Stückes schlurfte ein verwitterter, steinalter Schützenbruder zusammen mit seiner Madame auf die Tanzfläche. Er war offensichtlich eine Art Alphatier, denn die Tanzfläche füllte sich auf einen Schlag. Endlich! Wir schoben
Rosamunde
nach. Ich griff mir ein Tamburin, was den Nachteil hatte, dass ich nun kein Mundstück mehr zwischen den Lippen hatte und mich folglich für einen Gesichtsausdruck entscheiden musste.
    «Rosamunde, schenk mir dein Herz und sag ja, Rosamunde, frag doch nicht erst die Mama.»
    Ich bewegte die Lippen und tat so, als ob. Bloß keinen schlecht gelaunten Eindruck machen. Den Schützen entgeht nichts.
    «Jaaaaaaaaaa, liebe Freunde! Swingtime is good time, good time is better time.»
    Hä? Was war das denn für eine Ansage? Tacktacktack. Paulchen-Panther-Pausenmelodie. Die Leute tapsten lustig wie Paulchen Panther von der Tanzfläche. Einige blickten feixend zu uns herüber und hoben den Daumen. Aufgeregt kam schon der nächste Würdenträger angedackelt.
    «Gleich ist der Einmarsch des neuen Königs. Ihr wisst Bescheid!? Zeichen kriegt ihr von da drüben.» Er deutete auf den Zelteingang.
    «Sie können sich auf uns verlassen.»
    Habachtstellung. Es war erst halb neun, noch sechseinhalb Stunden bis zum Feierabend! Ich brauchte dringend etwas zu trinken. Zu den Klängen von
Auf der Lüneburger Heide
schritt der Schützenkönig nebst Gattin und den beiden Adjutanten, ebenfalls mit Frauen, in die Mitte der Tanzfläche. Die anderen Schützen bildeten einen Kreis um sie und klatschten rhythmisch in die Hände. Ansage Gurki:
    «Und jetzt den Ehrentanz für unseren neuen Schützenkönig. Dazu haben wir einen besonders schönen Wiener Walzer für sie ausgesucht, aus der
Csárdásfürstin, Tanzen möcht ich

    Was für eine Fürstin? Kennt doch kein Mensch. Egal. Walzer. Mir schien das Sopransaxophon angemessen, das im Gegensatz zu den übrigen einen geraden Korpus hat. Den Leuten war nie begreiflich zu machen, dass ein Saxophon nicht krumm sein muss, und deshalb hatte Gurki das Instrument irgendwann der Einfachheit halber umbenannt:
    «Unser Heinz spielt heute die goldene Klarinette.»
    Nicht schlecht. Die goldene Klarinette. War bestimmt teuer. Obwohl der Pickel im rechten Mundwinkel immer noch nicht aufgeplatzt war und höllisch wehtat, spielte ich die goldene Klarinette mit besonders viel Herz. Für den neuen Schützenkönig! Er hatte am Hals ein Feuermal und erinnerte so automatisch an den neuen russischen Generalsekretär Gorbatschow. Das Zentralkomitee ließ jetzt die ganz Jungen ran. Michail Gorbatschow war deutlich unter achtzig; unter dem seligen Breschnew hätte er allenfalls Botengänge erledigen dürfen.
    Nach dem ersten Refrain durften auch die Adjutanten tanzen und nach dem zweiten alle übrigen Gäste. Ganz Moorwerder bewegte sich zu den Klängen der
Csárdásfürstin,
und überallem schwebte der Klang der goldenen Klarinette. Nach dem Ehrentanz hielt der König eine holprige Rede, in der er auch uns erwähnte:
    «…   und die Musik kommt heute Abend von den
Tiffanys

    Wir verbeugten uns artig, aber die Kollegen kuckten säuerlich. «Mein Gott, das heißt nicht
Die Tiffanys
, sondern einfach nur
Tiffanys

    «Schützenliesel, dreimal hat’s gekracht, bumbumbum
    Schützenliesel, du hast mir das Glück gebracht,
    ja, Schützenliesel, dafür dank ich dir!
    Jetzt bin ich der Schützenkönig,
    Und du bleibst bei mir!»
    Begeistert wirbelten die grünen Männer ihre Frauen durchs Zelt.
    «Ich habe eine gute Nachricht: Unsere
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