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Five Stars 02 - Wildes Verlangen

Five Stars 02 - Wildes Verlangen

Titel: Five Stars 02 - Wildes Verlangen
Autoren: Lesley Ann White
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goldbraunes Lebenswasser. Ich stand fasziniert am Geländer der riesigen Veranda, die um das Holzhaus lief. Der Blick war spektakulär. Vor uns breitete sich eine geschwungene Bucht aus und der sanft bewegte Ozean glitzerte im Abendlicht. Als hätte ein Riese Steine ins Wasser geworfen, lagen rund um uns kleine Inselchen verstreut. Ein Segelboot kreuzte durch die Bucht und das Deck der letzten Fähre, die an diesem Tag Russell mit Pahia verband, glänzte in der untergehenden Abendsonne. Direkt gegenüber ragte auf einer Landzunge ein riesiger Fahnenmast in die Höhe. »Waitangi ist der Geburtsort des modernen Neuseeland, hier gingen die Engländer an Land und gründeten die erste Siedlung. Deshalb ist Russell auch heute noch die älteste Stadt des Landes und das altehrwürdige Duke of Marlborough Hotel hat die Schanklizenz mit der Nummer eins.« Valerius hob sein Glas und ich nippte vorsichtig. Er verstand wirklich etwas von schottischen Whiskys, weich rann die fast ölige Flüssigkeit die Kehle hinunter und hinterließ einen angenehmen, leicht salzigen Geschmack auf der Zunge. »Glenfarclas, fünfzehn Jahre«, kommentierte Valerius die Geschmacksexplosion und leckte sich dabei die Lippen. »Leider nicht so leicht zu bekommen am Ende der Welt.«
    Am Ende der Welt - genauso fühlte ich mich nach der zweistündigen Autofahrt von Auckland in die Bay of Islands, die ich schweigend und in Gedanken versunken zugebracht hatte. Das Treffen mit Daniel hatte mich in einen schwebenden Zustand versetzt, meine Gefühle pendelten zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit. Zwei Monate, hämmerte es ständig in meinem Kopf. Zwei Monate hatte ich Zeit, Daniels Leben zu retten, denn um nichts anderes ging es in unserer Abmachung. Nachdem ich Daniel verlassen hatte, ging ich direkt ins Ärztezimmer, wo Oskar Mattis bereits auf mich wartete. »Und?« Er schaute mich mit aufgerissenen Augen an, die sowohl Besorgnis wie Hoffnung ausdrückten. »Wir haben Zeit gewonnen« sagte ich und erläuterte den Handel, den Daniel und ich abgeschlossen hatten.
    »Besser als nichts«, sagte Oskar und wiegte dabei den Kopf hin und her, als wäge er Möglichkeiten und Risiken des Deals gegeneinander ab. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Violetta. Daniels Chancen, innerhalb dieser zwei Monate ein Spenderorgan zu erhalten, liegen bei unter zehn Prozent. Das bedeutet nicht, dass es nicht klappen könnte, aber wir brauchen Glück oder Beistand von oben oder am besten beides.« Bei den letzten Worten drehte er den Kopf und blickte nach oben, als hoffe er tatsächlich, dass sich im nächsten Augenblick die Zimmerdecke öffnen und ein Wunder geschehen könnte.
    »Kann man die Chanceen irgendwie verbessern?«
    »Sie meinen mit Geld?« Ich hatte überhaupt keine Vorstellung, aber wenn Oskar es ansprach, warum nicht. Konnte man nicht alles kaufen? Er senkte den Kopf und sprach leise, fast flüsternd weiter. »Natürlich gibt es auch einen illegalen Organhandel, aber selbst dort dürfte eine passende Niere nur schwer zu bekommen sein und wenn, dann zu einem horrenden Preis. Außerdem, ich würde da ohnehin nicht mitspielen.« Als er meinen verzweifelten Blick sah, ergänzte er ruhig und sachlich: »Alle Menschen sind in meinen Augen gleich viel wert. Es mag uns schwerfallen, das zu akzeptieren, wenn ein uns nahestehender Mensch betroffen ist, aber es ändert nichts an der Tatsache an sich. Deshalb werde ich niemals einer illegalen Organtransplantation zustimmen.«
    Oskar presste die Lippen aufeinander und es gab keinen Zweifel an seiner Haltung. In mir hingegen stritten sich zwei Stimmen und ihre erbitterte Debatte dauerte die ganze Fahrt nach Norden. Daniel war der wichtigste Mensch in meinem Leben, in gewisser Weise war er mein Leben, das ich mir ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte. »Du musst alles tun, um ihn zu retten, koste es, was es wolle«, sagte die eine Stimme eindringlich.
    »Man darf niemals das Leben eines Menschen gegen das eines anderen aufrechnen«, widersprach die zweite Stimme. »Jeder Mensch hat die gleiche Chance verdient, ob jemand überlebt oder nicht, darf nicht davon abhängen, ob er reich ist oder arm.«
    Ein stechender Kopfschmerz begleitete die erregte Auseinandersetzung und nur der fröhlich über Schafzucht, neuseeländischen Wein und Rugby plaudernde Fahrer bewahrte mich vor einem Heulkrampf. Jetzt, auf der Terrasse von Valerius’ Haus, von der sich einer der schönsten Ausblicke bot, die ich je gesehen hatte, war es mit meiner
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