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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
Autoren: Robin Hobb
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jetzt war ich gesund und im Begriff, nach Hause zurückzukehren. Als ich die kleinen Geschenke einpackte, die ich für meine Freunde daheim ausgesucht hatte, wurde mein Zittern stärker.
    Zum letzten Mal setzten Burrich, Flink und ich uns nieder, um mit Jonqui das Frühstück einzunehmen. Erneut dankte ich ihr für all ihre Mühe, die sie für meine Heilung aufgewendet hatte. Doch während ich den Löffel aufhob, verkrampfte sich meine Hand, so dass er mir aus den Fingern glitt. Mein besinnungsloser Blick folgte dem Fall des silbrigen Etwas und zog mich mit hinab. Ich sank vom Stuhl zu Boden.
    Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist das abgedunkelte Schlafzimmer. Geraume Zeit lag ich still, ohne mich zu rühren und ohne zu sprechen. Anfangs war ich nicht ein mal fähig zu denken, dann wurde mir langsam bewusst, dass ich erneut einen Anfall gehabt hatte. Er war jedoch vorüber, denn sowohl mein Geist als auch mein Körper gehorchten mir wieder. Doch was hatte das noch für einen Wert? - Mit fünfzehn Jahren, ein Alter, in dem die meisten ihre volle Kraft erreichten, ließ mein Körper mich bei den einfachsten Dingen im Stich. Er war minderwertig und erschien mir nur noch als Last. Ich empfand einen wütenden Groll gegen das schwache Fleisch und die Knochen, die mich gefangenhielten, und ich wünschte mir, auf irgendeine Weise meiner bitteren Enttäuschung Luft machen zu können. Warum hatte ich die Krankheit nicht besiegt? Warum war ich nicht gesund geworden?
    »Es braucht Zeit, weiter nichts. Warte ab, ein halbes Jahr, und dann erst richte über dich selbst.« Es war Jonqui, die Heilerin. Sie saß im tiefen Schatten neben dem brennenden Kaminfeuer. Jetzt erhob sie sich schwerfällig, als steckte ihr der Winter in den Knochen, und trat an mein Bett.
    »Ich will nicht sein wie ein alter Mann.«
    Sie schürzte die Lippen. »Früher oder später wirst du es sein müssen. Zumindest wünsche ich dir, dass du erst hochbetagt aus dieser Welt abberufen wirst. Ich bin alt und mein Bruder, König Eyod, ebenfalls. Wir empfinden es als keine so unerträgliche Bürde.«
    »Es würde mir nichts ausmachen, den Körper eines alten Mannes zu haben, hätte ich auch die Jahre dazu. Aber ich kann so nicht weiterleben.«
    Sie schüttelte verwundert den Kopf. »Selbstverständlich kannst du. Die Zeit der Genesung erfordert manchmal viel Geduld, aber zu sagen, dass du nicht mehr weiterleben kannst … Ich verstehe das nicht. Liegt es vielleicht an der Verschiedenheit unserer Sprachen?«
    Ich setzte zu einer Erwiderung an, doch in diesem Moment kam Burrich herein. »Aufgewacht? Wieder munter?«
    »Aufgewacht, aber ganz und gar nicht munter«, antwortete ich verdrossen. Sogar in meinen eigenen Ohren hörte ich mich an wie ein bockiges Kind. Burrich und Jonqui tauschten verständnisvolle Blicke miteinander. Dann legte mir die Heilerin schweigend die Hand auf die Schulter und verließ das Zimmer. Die offensichtliche Nachsicht der beiden schürte meinen ohnmächtigen Zorn. »Warum kannst du mich nicht gesund machen?«, verlangte ich von Burrich zu wissen.
    Er war bestürzt über den anklagenden Ton meiner Frage. »Es ist nicht so einfach«, begann er.
    »Warum nicht?« Ich setzte mich auf. »Ich habe erlebt, wie du bei Tieren alle möglichen Leiden kuriert hast. Krankheiten, Knochenbrüche, Würmer, die Räude … warum kannst du mich nicht heilen?«
    »Du bist kein Hund, Fitz«, antwortete Burrich ruhig. »Bei einem Tier, dem es sehr schlechtgeht, ist es leichter. Ich habe manchmal zu drastischen Mitteln gegriffen und mir gesagt, nun, wenn es stirbt, muss es wenigstens nicht mehr leiden, und vielleicht hilft es ja. Bei dir kann ich das nicht tun. Du bist kein Tier.«
    »Das ist keine Antwort! Wie oft suchen die Männer bei dir um Hilfe nach, statt bei ihren Heilern. Du hast Den eine Pfeilspitze herausoperiert und ihm dafür den ganzen Arm aufgeschnitten! Als der Heiler sagte, die Entzündung in Greydins Fuß sei zu weit fortgeschritten, man werde ihn abnehmen müssen, ist sie zu dir gekommen, und du hast ihr den Fuß gerettet. Und die ganze Zeit hat der Heiler prophezeit, die Entzündung würde sich ausbreiten, und sie würde sterben, und dann wärst du schuld an ihrem Tod.«
    Burrich presste die Lippen zusammen, er beherrschte seinen Jähzorn. Unter anderen Umständen wäre ich davor auf der Hut gewesen, aber seine Geduld und sein Langmut während meiner Genesung hatten mich wagemutig gemacht. Als er sprach, war seine Stimme ruhig und
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