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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers
Autoren: Andrew Harman
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Handschuhen die Revers seiner Lederrüstung und schritt vor den fünf Folterbänken auf und ab.
    »Ich gehe davon aus, daß jeder weiß, warum wir hier versammelt sind!« schrie er. Der scharfe Klang seiner Stimme verhallte im kalten Schweigen. Keiner sagte etwas.
    »Wir sind hier, um Gericht zu halten! Um euch widerlichen Kreaturen den Prozeß zu machen! Ihr steht, Entschuldigung, liegt hier vor uns, weil ihr des Verbrechens der Spionage für Cranachan angeklagt seid. Überlegt jetzt sehr sorgfältig, bevor ihr auf die Frage antwortet, die ich euch stellen werde: Bekennt ihr euch schuldig, ihr wehleidigen Kriecher?«
    »Nicht schuldig!« schrien alle einstimmig.
    »Ah! Ihr wollt es mir also schwermachen? Nun, dann werde ich eure Schuld eben anders nachweisen müssen. Jeder von euch weiß doch, welche Strafe auf Spionage steht, nicht wahr?« Und ob sie das wußten, Swinehunt hatte es ihnen schließlich oft genug erzählt. Schaudernd erinnerten sie sich daran, wie er nachts an die Zellentür getreten war und es ihnen leise, mit heiserer Stimme zugeflüstert hatte. Sie nickten. Courgette liefen Tränen über die Wangen.
    Swinehunt trat ganz nahe an sie heran und flüsterte: »Der Galgen wartet schon!«
    Alle hatten es gehört. Courgette schrie. Swinehunt lachte gackernd und rieb die gepanzerten Lederhandschuhe laut quietschend aneinander.
    »Man hat euch gestern nachmittag festgenommen, nachdem ihr ohne Erlaubnis ins Schloß eingedrungen wart. Warum?«
    »Wir wollten …«, fing Firkin an.
    »Spionieren!« schrie Swinehunt. »Schuldig. Ha, ha, ha.«
    Der König rutschte unruhig auf seinem Thron hin und her.
    »Nein!« Firkin schrie auf – Swinehunt hatte die Winden um eine Kerbe weitergedreht. »Wir sind keine Sp-Spione! Eure Geheimnisse kümmern uns nicht!«
    »Aha! Ihr wißt also um unsere Geheimnisse!« schrie Swinehunt hocherfreut. »Ihr seid Spione! Nur Spione wissen um unsere Geheimnisse!«
    Der Erzkanzler drehte sich um und zeigte ihnen das Bild auf dem Rücken seines Gerichtstalars. Mit roter Farbe war auf den Lederumhang das Bild einer Frau gemalt, die – neben einem dünnen Kleidchen – eine Krone trug. Sie hatte die Arme ausgestreckt, hielt in der rechten Hand ein Schwert und in der linken eine Henkerschlinge. Ein Prozeß im Morgengrauen war ein hochanständiger, ordentlicher Prozeß – jedem war die freie Wahl der Todesart garantiert.
    »Wir sind keine Spione. Wir sind treue Diener seiner Majestät, des Königs; und wollten nur einmal sehen, wie er lebt!« schrie Firkin.
    »Wie rührend«, spöttelte Swinehunt. »Dann könnt ihr ja, da ihr nun schon einmal hier seid, eine umfassende und anschaulich-praktische Demonstration unserer Gerichtsbarkeit miterleben!« Mit einem Satz war er an der Folterbank, kurbelte an der Streckvorrichtung und drehte die Winden eine Kerbe weiter. Firkins Körper knackte gräßlich. Mattsches krümmte sich und biß sich auf die Lippen.
    »Aber wieso … Aber wieso habt ihr euch dann nicht um eine Audienz bemüht? Um eine Führung mit Schloßbesichtigung?« fragte Klayth, dem die ganze Sache unsäglich zuwider war.
    Firkin überlegte rasch. »Aber wir wurden doch herumgeführt …«
    »Von eurer Komplizin«, mischte sich Swinehunt schnellstens ein. »Von ihr!« Mit theatralischer Geste zeigte er auf Courgette.
    »Nein!« schrie Hogshead. »Laßt sie in Ruhe!«
    »Ich hab sie noch nie vorher gesehen«, schluchzte Courgette. »Es war ihre Eule. Sie war so hübsch.«
    »Eule? Hier gibt’s keine Eule!« schrie Swinehunt.
    »… mein lieber Arbutus … Er gehört Merlot … und …«
    »Eule? Merlot? Geschwafel!« brüllte Swinehunt. »Das Geschwafel einer Verrückten! Wir dürfen ihr kein Wort glauben!«
    »Laßt sie in Ruhe!« schrie Hogshead in ohnmächtiger Wut.
    »Ich wollte ihn dir zeigen«, flüsterte Courgette ihrem Vater zu. »Er war so lieb. Es tut mir leid …« Sie konnte nicht mehr und schluchzte leise vor sich hin.
    Ganz gegen seine Absicht war Swinehunt jetzt fast so weit, daß er ihr glaubte. Mit schluchzenden Frauen hatte er noch nie umgehen können. Er wurde unsicher, fing an zu zweifeln: Wenn sie wirklich unschuldig sein sollte – was wollen die drei anderen dann hier? Warum sind sie im Schloß? Er mußte sie sich vom Halse schaffen. Sie waren hinter ihm her. Die drei da. Es konnte gar nicht anders sein. Vielleicht hatte der König – sein König – die Beleidigung, die er ihm geschickt hatte, doch entziffert? Vielleicht war er tatsächlich fast daran erstickt
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