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finde-mich-sofort.de (German Edition)

finde-mich-sofort.de (German Edition)

Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition)
Autoren: Tatjana Meissner
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Saftbären und steckt ihn in den Mund. »Ist ja ’n Ding! Du hast recht, genauso komisch wie unsere Bananenmilch! Warst du auch mal Milchkassierer?«
    »Jeder war mal dran. Viertelliter-Milchflaschen, einfache Milch zehn Pfennig, Fruchtmilch fünfzehn Pfennig und Schoko fünfunddreißig. Gab’s bei uns immer in der zweiten kleinen Pause!«
    Ich stopfe mir noch drei weiße Bären in den Mund und ziehe mich mit meinen Tüten ins Bad zurück. Gleich ist Geburtstag. Ich finde Geburtstage toll. Als Kind konnte ich die Nacht vorher kaum schlafen. Ganz früh holte uns dann unsere Mama aus dem Bett. Im Wohnzimmer war der Geburtstagstisch mit vielen Geschenken und der Torte mit der altersentsprechenden Anzahl Kerzen aufgebaut.
    Heutzutage wären die Kerzen schwerer als die Torte.
    Im Badezimmer sortiere ich den für Carsten gekauften Glasleuchter mit Kerze, entzünde letztere und registriere, dass mein Geschenk gut aussieht. Dann ziehe ich die lange Hose aus, zupfe die Reizwäsche zurecht und höre im Hinterkopf Mamas entrüstete Stimme: »Kind, du kannst dich doch nicht so obszön bekleidet einem Mann an den Hals werfen! Was macht das denn für einen Eindruck?« Ich ignoriere sie einfach.
    Mutig und verwegen betrete ich Punkt zwölf mit halterlosen Strümpfen, elegantem Body und Pumps bekleidet, die angezündete Kerze in der Hand, das Wohnzimmer. Carsten s zwischen Verwirrung und lüsterner Freude schwankenden Blick übersehe ich einfach, werfe mich ihm erst recht an den Hals und gratuliere mit einem langen Kuss zum Geburtstag. Ich wünsche ihm alles mit G: Gesundheit, Glück und Geld. Kein Wort von Liebe oder Verliebtsein kommt mir über die Lippen, noch nicht.
    »Danke«, flüstert er mir ins Ohr. Er drückt mich fest an sich: »Das schönste Geschenk sind die halterlosen Strümpfe, ich freue mich sehr!«
    Siehste, Mama!
    Unsere dritte gemeinsame Nacht ist schön wie die vorangegangenen. Wir erforschen uns, mal zart, mal hart, sehr aufgeschlossen und neugierig.
    * *
    Ganz früh, am Tag des neuen Lebensjahres meines neuen Geliebten, am Tag achtzehn unseres Kennenlernens, nehme ich Carsten im Auto mit. Er will vom Potsdamer Bahnhof aus mit seinem Freund in den Winterurlaub reisen. Bevor ich mich von ihm für mindestens drei Tage wehmütig verabschiede, sitzen wir noch in einem Café. Ich nippe übermüdet und glücklich am Latte Macchiato und genieße die Zweisamkeit. Carsten freut sich auf die Urlaubstage, auf die Berge, den Schnee und lustige Stunden bei Jagertee und Baudenzauber.
    Die Freude am Skiurlaub kann ich schlecht nachvollziehen. Zusammen mit meiner Schwester war ich im Alter von elf Jahren im Skilager im Thüringer Wald. Wir wohnten in einem kalten Zwölfbettbungalow, mussten uns mit kaltem Wasser waschen, die Waschbecken waren aus Stein und sahen aus wie Tiertränken, die Klamotten waren immer klamm. Unsere Skilehrer waren Sportlehrer der Schule, an der auch meine Mutter unterrichtete. Sie zensierten uns im Lang- und Abfahrtslauf. Ich bekam für Skiwachsen, Schneepflugabfahrt und Berg-im-Seitschritt-erklimmen Vieren und Fünfen. Zensuren in den Ferien! Boah!
    Carsten dagegen schildert seine Ski-Urlaube in schillernden Farben und schwärmt von schwarzen Pisten. Ich vermute, dass gemeinsame Skiurlaube ein Problem werden könnten!
    Ein wenig Eifersucht glimmt in meinem Herzen. Drei Tage werden wir Abstand voneinander haben. Aber jeder von uns könnte seine Gefühle und Absichten noch mal sortieren. Ich beschließe reinen Tisch zu machen, damit Carsten , ohne »Unbekannte« in der Liebesformel rechnen und zum »richtigen Ergebnis« kommen kann.
    »Du Carsten , ich war bei meiner Altersangabe im Netz nicht ganz präzise. Willst du wissen …« Noch bevor ich den Satz beenden kann, verschließt er meinen Mund mit seinen Lippen.
    Später auf dem zugigen Bahnsteig sagt er zum Abschied: »Mach dir mal keine Sorgen wegen deines Alters. Was ich sehe, ist entscheidend!«
    Was meint er damit? Was sieht er in mir? Eine potenzielle Lebensgefährtin oder eine reife Geliebte? *grübel*
    Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, er beugt sich mir entgegen, und ich öffne seine dicke Winterjacke ein wenig, um mein Gesicht zum Abschied an seinen Hals drücken zu können. *schnüffel* Ich glaube, sein Pheromonduft ist bis ins letzte Detail auf meinen Geschmack abgestimmt. Sanft küsse ich ihn auf seine warme, weiche Haut.
    »Mach’s gut und benimm dich!« Wehmütig winke ich dem ausfahrenden Zug hinterher.
    Oje! Ich bin verliebt!
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