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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen
Autoren: Georg Seeßlen
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als Ursprung der eigenen Kultur deutete,wie sie die Wiege der eigenen Religion war.
    Cecil B. DeMille gestaltete mit The Sign of the Cross ( Im Zeichen des Kreuzes ; 1932) seinen ersten Antikfilm mit Ton. Der Film erzählt von der Christin Mercia (Elissa Landi) und dem römischen Präfekten Marcus Superbus (Fredric March), der sie mit allen Mitteln für sich zu gewinnen trachtet. Kaiserin Poppaea (Claudette Colbert) versucht unterdessen, Marcus zu verführen, doch auch sie bleibt ohne Erfolg. Ihr Mann, Kaiser Nero (Charles Laughton), setzt Rom in Brand und beschuldigt die ihm lästigen Christen der Tat, die verhaftet und in der Arena den Löwen vorgeworfen werden. Marcus sagt sich von dem «dekadenten» Römertum los, stellt sich an die Seite der tapferen Mercia und stirbt mit den Christen im Kolosseum.
    DeMilles Film zeigt, neben dem «Panorama» wie in Ben Hur , eine zweite Möglichkeit, sich der historischen Motive zu bedienen: das «Sittenbild». Und er tut dies mit Stil und so viel Geschmack, dass nur sehr, sehr wenige seiner Zeitgenossen die doch nicht selten recht gewagten Szenen als anstößig empfanden, zumal alle Filme DeMilles ihre Inventionen um einen sehr puritanischen moralischen Kern herum gruppierten. Höhepunkt dieses Films sind zum einen die Massenszenen, von denen The Sign of the Cross eine Reihe aufzubieten hat, und die erotischen Bilder, die ganz in der Tradition des viktorianischen Stummfilms das Erotisch-Offensive im Schatten des Bösen mit der allseits bedrohten jungfräulichen Unschuld konfrontierten. Der Sieg des Christentums (zumindest der «moralische Sieg ») steht hier am Ende eines Weges durch alle möglichen und gelegentlich sehr abgründigen Versuchungen des Fleisches. Hatte Ben Hur den Sieg des Christentums als Sieg einer Haltung beschrieben, so The Sign of the Cross als Sieg einer Moral.
    DeMilles Cleopatra (1934) ist, wenn zwar in einer noch unchristlichen Zeit angesiedelt, nicht weniger als moralisches Ausstattungsstück zu verstehen: Julius Caesar (Warren William) kehrt nach einer Zeit in Ägypten zusammen mit Cleopatra (Claudette Colbert) nach Rom zurück, wo er sich zum Diktator aufschwingen, seine Frau verstoßen und mit Cleopatra an seiner Seite das römische Weltreich regieren will. Doch Caesar wird ermordet, und Mark Anton (Henry Wilcoxon) führt die geflohene ägyptische Königin in Fesseln nach Rom zurück. Aber auch er unterliegt ihrem Charme und verliebt sich in sie. Schließlich kämpft er auf der Seite der Ägypter gegen Rom und wird in einer Seeschlacht entscheidend geschlagen. Er begeht Selbstmord, und auch Cleopatra stirbt, nachdem sie sich von einer giftigen Schlange hat beißen lassen.
    Im Gegensatz zu Theda Bara im Stummfilm ( Cleopatra ; 1917, Regie: Gordon Edwards), und ein wenig auch Elizabeth Taylor in Joseph Mankiewicz’ Film 29 Jahre später, war Claudette Colbert als Cleopatra nicht eigentlich ein Vamp; es blieb bei allen Verfehlungen doch etwas Unschuldiges um sie, und die schrecklichen Intrigen nehmen gewissermaßen gegen ihren Willen ihren Lauf. Cleopatra wie ihre Liebhaber, die durch sie Macht und Leben verlieren, versuchen vergeblich dem statischen Aufbau der Machtverhältnisse zu entkommen und zu wirklichen historischen Subjekten zu werden. Sie scheitern an der unerlaubten Liebe so sehr wie an dem Versuch, sich über die Mechanik der Geschichte hinwegzusetzen.
    Steckt in DeMilles Film soviel von George Bernard Shaw wie von Shakespeare, soviel von einer «tragischen» Geschichtsparabel wie von einem exotischen moralischen Melodram, so ist der englische Film Caesar and Cleopatra (1945, Regie: Gabriel Pascal) «reiner Shaw» (das Drehbuch ist mit dem Stück nahezu identisch). Diese Filme zeigen, dass im Genre des Antikfilms auch Platz für das Melodram ist.
    Ein wenig andere Aspekte betonte The Last Days of Pompeji (1935, Regie: Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack). Ähnlich den «Katastrophenfilmen» späterer Zeit verwob der Film eine Reihe von persönlichen Schicksalen vor dem Erdbeben und zeigte dann in einer grandiosen filmischen Zerstörungsorgie den Untergang des glanzvollen, aber dekadenten Stadtreiches.
    Vom reinen Abenteuer-Spektakel war der Antikfilm zu dieser Zeit noch am weitesten entfernt, auch wenn er seine Helden ins Abenteuer stieß, um sie von ihrer historischen Bindung zu befreien. Niblo und DeMille hatten neue Maßstäbe in der Massenregie gesetzt, und doch waren bei allem Gespür fürs «Ornament der Masse» die Filme oft
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