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Fight Club: Roman (German Edition)

Fight Club: Roman (German Edition)

Titel: Fight Club: Roman (German Edition)
Autoren: Chuck Palahniuk
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postoperativer Hormontherapie.
    Viele Bodybuilder, die sich zu viel Testosteron schießen, würden das kriegen, was sie Weibertitten nannten.
    Scheidung, Scheidung, Scheidung, sagte Bob und zeigte mir ein Foto von sich, das er in der Brieftasche hatte. Er war riesig und auf den ersten Blick nackt, bei irgendeinem Wettbewerb. Es ist eine idiotische Lebensweise, sagte Bob, aber wenn du aufgepumpt und rasiert auf der Bühne stehst, kein Gramm Fett am Leib, und von den harntreibenden Mitteln fühlst du dich kalt und hart wie Beton an, bist du blind von den Scheinwerfern und taub von den Rückkoppelungen aus der Musikanlage, bis zum Kommando des Preisrichters: »Rechten Quadriceps ausstrecken, anspannen und halten.«
    »Linken Arm ausstrecken, anspannen und halten.« Das ist besser als das richtige Leben.
    Es ging schnell, sagte Bob, mit dem Krebs. Dann war er pleite. Er hatte zwei erwachsene Söhne, die seine Anrufe nicht erwiderten.
    Die Behandlung bei Weibertitten war, dass der Arzt unten den Brustmuskel aufschnitt und die Flüssigkeit abzog.
    Das ist alles, woran ich mich erinnere, denn danach schloss Bob seine Arme um mich, und sein Kopf klappte herunter, um mich zuzudecken, und ich verlor mich in dunkler, stiller und vollkommener Vergessenheit. Und als ich endlich seine weiche Brust verließ, blieb auf seinem Hemd der nasse Abdruck davon zurück, wie ich aussehe, wenn ich weine.
    Das war vor zwei Jahren, an meinem ersten Abend bei »Wir bleiben Männer«.
    Bei fast jedem Treffen seit damals hat mich Big Bob zum Weinen gebracht.
    Ich ging nicht wieder zum Arzt. Ich kaute keine Baldrianwurzel.
    Das war die Freiheit. Jede Hoffnung zu verlieren war Freiheit. Wenn ich in einer Gruppe nichts sagte, nahmen die Leute das Schlimmste an. Sie weinten noch heftiger. Ich weinte heftiger. Schau hinauf zu den Sternen, und du bist weg.
    Wenn ich nach einer Selbsthilfegruppe nach Hause ging, fühlte ich mich lebendiger als je zuvor. In mir hauste kein Krebs oder Blutparasit; ich war die kleine warme Mitte, um die sich die Welt drängte.
    Und ich schlief. Nicht einmal Babys schlafen so gut.
    Jeden Abend starb ich, und jeden Morgen wurde ich neu geboren.
    Wieder auferweckt.
    Bis heute Abend, zwei erfolgreiche Jahre bis heute Abend, weil ich nicht weinen kann, wenn diese Frau mir zuschaut. Weil ich meinen Tiefpunkt nicht erreiche, kann ich nicht erlöst werden. Meine Zunge gleitet wie über zerrupfte Tapeten, so sehr beiße ich auf der Haut in meinem Mund herum. Ich habe seit vier Tagen nicht geschlafen.
    Wenn sie zuschaut, bin ich ein Lügner. Sie ist eine Simulantin. Sie ist die Lügnerin. Bei der Vorstellungsrunde heute Abend stellten wir uns vor: Ich bin Bob, ich bin Paul, ich bin Terry, ich bin David.
    Ich sage nie meinen richtigen Namen.
    »Das ist Krebs hier, richtig?«, sagte sie.
    Dann sagte sie: »Hallo, ich bin Marla Singer.«
    Niemand klärte Marla darüber auf, welche Art von Krebs. Dann waren wir alle damit beschäftigt, das Kind in uns zu hegen.
    Der Mann weint immer noch an ihrem Hals, und Marla zieht wieder an ihrer Zigarette.
    Ich beobachte sie zwischen Bobs bebenden Titten hervor.
    Für Marla bin ich ein Simulant. Seit dem zweiten Abend, an dem ich sie gesehen habe, kann ich nicht mehr schlafen. Aber ich war immerhin der erste Simulant, es sei denn, alle Leute hier schwindeln mit ihren Organschäden, ihrem Husten und ihren Tumoren, sogar Big Bob, der große Elch. Das große Käsebrot.
    Schauen Sie sich nur sein skulpturiertes Haar an. Marla raucht und verdreht jetzt die Augen.
    In diesem einen Augenblick spiegelt Marlas Lüge meine Lüge wider, und ich sehe nichts als Lügen. Inmitten all der Wahrheit hier. Alle klammern sich aneinander und trauen sich, ihre schlimmsten Ängste mitzuteilen, dass der Tod frontal auf sie zukommt und der Lauf einer Pistole tief in ihrem Schlund steckt. Und Marla raucht und verdreht die Augen, und ich, ich bin unter einem schluchzenden Teppich begraben, und plötzlich sind selbst Tod und Sterben so uninteressant wie Plastikblumen auf Video.
    »Bob«, sage ich, »du zerdrückst mich.« Ich versuche zu flüstern, dann flüstere ich nicht mehr. »Bob.« Ich versuche meine Stimme zu mäßigen, dann brülle ich: »Bob, ich muss auf den Pott.«
    Ein Spiegel hängt über dem Becken im Waschraum. Wenn das Muster so bleibt, sehe ich Marla bei »Nach oben und weiter«, der Gruppe für parasitäre Gehirnschäden. Marla wird da sein. Natürlich wird Marla da sein, und was ich tun werde, ich werde
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