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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
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an. Säuerlich sagte er: „Du redest zu viel.“
    „Greif ist gut im Reden“, erklärte Luna den anderen Jungtieren. „Er ist lustig.“ Skye, Rowan und Falstaff blickten allesamt Greif an, und verwirrt dachten sie eine Sekunde lang darüber nach. Dann wandten sie sich wieder an Luna und begannen davon zu reden, was sie als Nächstes tun sollten. Greif schenkte Luna ein dankbares Lächeln.
    Plötzlich zuckten seine Nasenlöcher. „Riecht ihr das?“, fragte er.
    Nur Luna hatte ihn gehört. „Was?“
    „Ich habe es schon vorhin gerochen ...“ Schnüffelnd flog Greif von dem Ast los und versuchte, der Duftspur zu folgen. Das war nicht schwer. Der Geruch war jetzt stärker, eindeutig nicht von einem Stinktier. Er schraubte sich hoch über das Dach der Baumwipfel. Er freute sich, als er sah, dass Luna ihm folgte. Er flog noch höher, dann drehte er die Nase in den Wind, atmete noch einmal ein, dann sah er es.
    Weit im Westen schwebte ein Strich dunklen Nebels über den Bäumen. Er löste sich auf, als der Wind ihn zu ihm hertrug. Mit den Augen verfolgte ihn Greif zurück zu den Baumwipfeln, dann in den Wald hinein. Durch den Nebelschleier sah er hinter einer Gruppe von Kiefern ein helles Flackern.
    „Feuer“, flüsterte er Luna zu. Er hatte noch nie welches gesehen, aber er hatte viel darüber gehört. Feuer kam nicht aus dem Nichts. Es wurde gemacht. Von Menschen. Von Blitzen. Aber es hatte seit Wochen keinen Blitz gegeben.
    Inzwischen kamen die drei anderen Jungen zu ihnen herangeflogen. Falstaff taumelte und beklagte sich, wie hungrig er sei. Dann sahen alle das Licht, das tief im Wald tanzte.
    „Vielleicht ist es einer dieser geheimen Orte, wo die Eulen ihr Feuer aufbewahren“, meinte Skye zu Luna. Vor langer Zeit hatten die Eulen, wie sie alle wussten, den Menschen Feuer gestohlen und hielten es in versteckten Nestern überall in den nördlichen Wäldern am Brennen.
    „Nicht sehr geheim, wenn wir alle es sehen können“, bemerkte Luna.
    „Das müssen Menschen sein“, sagte Greif und fühlte einen Schauder, schon als er das Wort aussprach.
    „Lasst uns nachschauen“, schlug Luna vor.
    „Jawohl“, stimmte Skye zu. „Kommt mit.“
    „Sollten wir nicht erst unseren Müttern Bescheid sagen?“, fragte Greif besorgt. Menschen waren gefährlich. Jeder wusste von den Dingen, die sie Fledermäusen angetan hatten.
    „Wir werden ihnen berichten, wenn wir zurückkommen“, sagte Luna. „Es ist nur ein paar hundert Flügelschläge.“ Diesmal war sie ungeduldig, als sie zu Greif sagte: „Komm schon, Greif!“
    „Ach, lass ihn doch, wenn er hier bleiben will“, sagte Rowan, und seine Worte klangen eher geringschätzig als verständnisvoll. Wie üblich verdarb Greif ihnen den Spaß.
    Er drehte sich nach Osten, um die Krone des Baumhorts auszumachen. Er schien schon jetzt ziemlich weit entfernt, und sie würden sich jetzt noch weiter entfernen.
    Er wünschte, er wäre mehr wie Luna. Furchtlos. Manchmal versuchte er, mutig zu sein, aber es klappte nie. Er fing einfach an, nachzudenken und sich dann Sorgen zu machen, und das Einzige, was ihm jemals einfiel, war, wie alles furchtbar schief laufen könnte, sollte, würde. Seine Mutter hätte ihn nicht Greif nennen sollen. Als er sie gefragt hatte, was das bedeutete, hatte sie gesagt, das sei ein Geschöpf, halb Adler, halb Löwe – beides mutige, mächtige Tiere. Jetzt kam es ihm wie ein grausamer Scherz vor, dachte er finster. Man hätte ihn Unkraut nennen sollen oder Zweiglein oder sonst was.
    Er blickte zu Luna. Sie wirkte ehrlich enttäuscht. Er biss die Zähne zusammen. Er hatte diese Nacht schon einmal Nein gesagt. Er konnte nicht zwei Demütigungen hintereinander verkraften.
    „In Ordnung“, sagte er. „Aber nur für einen kurzen Blick, okay?“
    Unten auf der Lichtung brannte ein kleines Feuer in einem Ring aus Steinen. Daneben saßen zwei riesige Gestalten. Greif wusste, dass mussten Menschen sein. Seine Mutter hatte sie ihm beschrieben, aber er hatte vorher noch nie selber welche gesehen. Luna flog zu einem hohen Ast, von dem aus man die Lichtung überblicken konnte, und Greif folgte ihr und ließ sich bei den anderen nieder.
    „So sehen sie also aus“, meinte Luna.
    Greif war sich bewusst, dass sie eigentlich nicht hier sein sollten. Seine Mutter hatte ihm immer gesagt, wenn er jemals Menschen im Wald sähe, sollte er sofort jemandem Bescheid sagen. Er kämpfte gegen das Zittern in seinen Knien an, als er beobachtete, wie die Menschen
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