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Fesseln des Herzens

Fesseln des Herzens

Titel: Fesseln des Herzens
Autoren: Allison Farrell
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und winkte.
    Sogleich richteten sich die Augen aller Anwesenden auf die Fuhrwerke, die träge den Weg hinaufgerumpelt kamen. Die stattlichen Pferde zogen ihre Last mühelos auf den Kirchvorplatz. Hufschlag donnerte über das Pflaster und hallte von den Kirchmauern wider und übertönte das vielstimmige Gewisper, das zuvor noch auf dem Platz geherrscht hatte.
    »Nun wird es ernst, Mylord«, erlaubte sich Henry Fellows, der neben Ravencroft stand, flüsternd zu bemerken.
    Sein Herr, George of Ravencroft, lächelte still in sich hinein. Vorfreude erfüllte ihn und ließ sein Herz schneller schlagen. Allerdings sah man ihm nicht an, was er fühlte, weshalb leicht der Eindruck entstehen konnte, dass er kühl sei.
    Das war nicht immer so gewesen. Als er im Jahre 1264 an der Seite von König Eduard aufgebrochen war, um das Heilige Land zu befreien, war er ein ungestümer Bursche gewesen, ein Wildfang, den sein Vater kaum bändigen konnte.
    Der Kreuzzug, dessen Bilder ihn zuweilen noch bis in den Schlaf verfolgten, hatte mit der Gefangennahme des Königs geendet. Ravencroft, der mit zahllosen anderen in die Hände der Mamelucken gefallen war, hatten die erlebten Grausamkeiten unter den Gefolgsleuten des Königs verändert. Als er schließlich nach England zurückkehrte, war sein aufbrausendes Temperament abgekühlt. Er übernahm die Grafschaft seines Vaters an der Grenze zu Schottland und regierte sie seither mit sanfter und gerechter Hand.
    »Keine Sorge, Henry, dem Alter, in dem man wie ein unreifer Bursche zittert, bin ich entwachsen«, gab er besonnen zurück. »Warte nur, bis es bei dir so weit ist, dann werde ich derjenige sein, der spottet.«
    Der große blonde Krieger, der seit einigen Jahren in seinen Diensten stand und sich als fähiger Hauptmann erwiesen hatte, lachte auf. »Die Frau, die mich zähmt, muss erst noch geboren werden.«
    »Sag das nicht, Henry, ich bin sicher, dass es sie bereits irgendwo gibt«, hielt Ravencroft dagegen. »Das Schicksal muss dich nur noch zu ihr führen.«
    Fellows schüttelte den Kopf. »Mit Verlaub, Mylord, aber daran will ich nicht so recht glauben. Die Mädchen aus dem Dorf sind nett und bezaubernd für eine schöne Stunde im Heu, aber keine von ihnen hat genug Kraft, um mich zu halten. Und so wird es bleiben.«
    Inzwischen hatten die Kutscher die Pferde zum Stehen gebracht, und mehrere Pagen sprangen ab, um den Insassen die Türen zu öffnen.
    Für einen kurzen Moment tauchte ein verschleiertes Gesicht hinter dem Fenster auf. Die blassen Konturen waren nicht genau zu erkennen, doch George of Ravencroft wusste sofort, dass sie Nicole de Boisy gehörten.
    Er hoffte inständig, dass der Maler seine Braut nicht allzu sehr geschönt hatte, wie es zuweilen passierte. Erst vor kurzem hatte ein benachbarter Baron einem Bildnismaler dreißig Streiche verpassen lassen, weil das Mädchen, das sein Sohn heiraten sollte, auf dem Bild wesentlich schöner war als in Wirklichkeit.
    Doch selbst wenn es ihm ebenso erging wie besagtem Baron, was konnte er jetzt noch ausrichten? Mehr als dreißig Winter hatte er bereits hinter sich. Das Alter schlich sich wie ein Dieb von hinten an ihn heran und stahl ihm die Zeit. Er brauchte einen Erben für seine Baronie! Träume von Liebe waren mittlerweile so tief in seinem Herzen verschlossen, dass er selbst nicht mehr daran glaubte.
    Aber vielleicht belehrte ihn seine junge Braut ja eines Besseren?
    Ravencroft zog seinen dunklen Überwurf zurecht, zupfte die Ärmel seines Hemdes ein wenig hervor und strich über seine Handschuhe. Wenn er schon nicht mit Jugend auftrumpfen konnte, wollte er immerhin mit einem gepflegten Äußeren Eindruck auf seine künftige Gemahlin machen.
     
    Nicole war heilfroh, als die Kutsche hielt und das Schaukeln ein Ende hatte. Keinen Moment länger hätte sie es in dem engen Kutschenschlag ausgehalten!
    Ganze drei Wochen waren sie unterwegs gewesen. Hin und wieder hatten sie ein Lager aufgeschlagen oder an Gasthöfen Rast gemacht, doch die meiste Zeit waren sie dazu verdammt, in der rumpelnden Kutsche auszuharren.
    Nicole war sicher, dass die Schaukelei Spuren auf ihrem Leib hinterlassen hatte. Gewiss war ihr Hinterteil grün und blau! Und nicht nur ihr Hintern und ihr Rücken schmerzten, ihr Nacken fühlte sich ebenfalls taub an, und ihre Schläfen spannten.
    Eigentlich wäre es Brauch gewesen, die Braut erst auf der Burg zu empfangen und ihr einige Tage Zeit bis zur Vermählung zu geben. Doch es war vereinbart, dass die
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