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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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Angriffsopfer sich einmal heftig wehrte und ihn mit dem Mut der Verzweiflung ins Jenseits verabschiedete. Ja, vermutlich wurde er umgebracht. Aber Mord war es mit Sicherheit nicht, sondern eher so etwas ähnliches wie ein provozierter Unfall.«
    »Na gut. Aber was ist mit ...«
    Plötzlich vernahmen wir ein vertrautes Geräusch. Das heißt Blaubart vernahm es als erster, weil seine von Raupen befallenen Blättern gleichenden Lauscher für dieses spezielle Geräusch mehr Sensibilität aufwiesen.
    Es hörte sich verdammt danach an, als wollte Gustav wieder einmal seine Existenzberechtigung unter Beweis stellen: ein gemächliches Schlurfen über die Dielenbretter zur Küche, ein umständliches Kramen im Schrank, dann das stumpfe Aufschlitzen von Metall und schließlich das Aufklatschen von etwas Undefinierbarem in ein Gefäß. Kein Zweifel, mein getreuer Dosenöffner hatte für mich die morgendliche Dose geöffnet!
    Für mich? Blaubart, ja, genau der Blaubart, der sich noch eine Nanosekunde zuvor um den Genozid des Felidae-Geschlechts gesorgt hatte, humpelte so heißblütig los, als wäre ihm jemand auf seinen nicht vorhandenen Schwanz getreten. Wie leicht der Weltuntergang doch in Vergessenheit geriet, wenn weltliche Freuden lockten. Ich folgte ihm, selbstverständlich nicht in der ordinär gierigen Art und Weise wie er, aber recht hurtigen Ganges, bis wir schließlich unsere beiden Mäuler vergraben im »Fleischtöpfchen mit zartem Geflügel« vorfanden. Eine geschlagene Viertelstunde lang vertieften wir uns in die Freßandacht aus der Konserve, eine in der Tat sakrale Angelegenheit. Während der ganzen Zeit blinzelte Gustav uns mit seinem dümmlichen Papa-Lächeln an, während er sich nebenbei ein Frühstück zubereitete, das vom Umfang und Kaloriengehalt her problemlos einen kompletten Heeresverband versorgt hätte.
    Blaubart beendete sein morgendliches Mahl mit einem markerschütternden Rülpser, und ich - nun ja, ich mußte es zwangsläufig ebenfalls beenden, denn dank meines ambitionierten Mitessers war der Napf restlos leer.
    »Weißt du, was ich glaube, Francis ?« brummte Blaubart bedeutungsvoll, leckte sich genüßlich die letzten Spuren des Leckerbissens von den Lippen und aus der Nase, hinkte ins Badezimmer und sprang dann erstaunlich behende auf das Fensterbrett. Wieder folgte ich ihm wie ein reumütiger Sünder, den die Buße lockt. Offen gesagt fühlte ich mich auch so. Zerknirscht schaute ich vom Fuße des Klosetts zu ihm auf.
    »Ich glaube, daß ich dir dein desinteressiertes Getue nicht glaube.«
    »Und ich glaube, wir sollten bei Gelegenheit an deiner Rhetorik arbeiten«, entgegnete ich widerborstig.
    »Treib du nur weiter deine blöden Scherze. Aber für jemanden, der angeblich nichts von der Hölle außerhalb des heimischen Paradieses wissen will, scheinst du dir über die Temperaturgrade da draußen verdammt lang den Schädel zerbrochen zu haben. Scheiße ja! Ich komme nur nicht dahinter, weshalb du dich gegen eine Aufklärung dieser Mordserie so sträubst.«
    Wahrlich, es war leichter, die Nationalhymne von Anfang bis Ende zu furzen, als vor einem ungetrübten Geist wie Blaubart etwas zu verbergen.
    »Ich frage mich nur, warum«, wiederholte er fast philosophisch.
    »Ich kann kein Blut sehen«, gestand ich schließlich.
    »Wie bitte?«
    »Ja, ich kann kein Blut sehen. Nicht mehr.«
    »Aber früher ...«
    »Früher war Blut eine Art Doping für meine Detektivarbeit, Blaubart. Gewiß, es war ein verabscheuungswürdiges Mittel, destilliert aus Leid und Tod. Aber mein Hirn funktionierte um so schneller und präziser, je reichlicher dieses Mittel floß. Je grausamer der Fall sich entwickelte, je höher sich die Leichen stapelten und je renitenter des Rätsels Lösung sich mir verweigerte, desto besser arbeiteten meine grauen Zellen, bis sie zuletzt feuerrot pulsierten.«
    »Ich verstehe«, tröstete Blaubart.
    »Nein, du verstehst gar nichts, mein lieber guter Freund! Es war eine kranke Mischung aus besinnungsloser Neugier und Eitelkeit, die mich damals antrieb, das Rätsel zu lösen, und nur in zweiter Linie das ehrliche Mitgefühl für die Opfer oder ein hehres Gerechtigkeitsempfinden.«
    »Bist du dir da so sicher, Bürschchen?«
    »Ich weiß es nicht, Blaubart. Doch heute habe ich Angst vor Blut. Vor denen, die es vergießen, und vor denen, die es zum Fließen bringen. Ich habe Alpträume, jede Nacht. Ich sehe sie mit ihren klaffenden Wunden, ihren aufgerissenen starren Augen und ihren verrenkten,
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