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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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menschlichen Söldner hatten ihre Vorläufer in speziellen Kriegskläffern, die darauf abgerichtet waren, die vorderste Linie des feindlichen Heeres anzugreifen. Ich darf hier Shakespeare zitieren: »Auf ins Gemetzel; weckt die Hunde des Krieges!« Die Gallier schickten Kläffer mit schwarzen Halsbändern in die Schlacht, an denen rasiermesserscharfe Klingen befestigt waren. Diese furchterregenden Ungetüme stürzten sich auf die römische Kavallerie, zerfetzten die Beine der Pferde und machten den Gegner kampfunfähig. O ja, es gibt nichts, was der Kläffer nicht tut, wenn sein Herrchen es befiehlt!
    Ich war also wider besseres Wissen zu diesem Kongreß der gefletschten Zähne unterwegs, um darin den detektivischen Diplomaten zu mimen. Und leise begann es mir zu dämmern, daß es sich hierbei um einen genialen Schachzug der Auftraggeber handelte. Mit der Aufklärung der Morde, von welcher Seite auch immer ausgeführt, würde endlich hochoffiziell die Grundlage für einen Krieg geschaffen. Oberflächlich ging es darum, die schwarzen Schafe mit den blutigen Hufen aus dem Verkehr zu ziehen. Sobald jedoch enthüllt würde, daß das zum Schlachter mutierte Lamm aus den Reihen der jeweils einen oder anderen Art stammt, würde man keinen Unterschied zwischen dem Einzeltäter und seiner Art mehr machen, sondern gleich die ganze Art verdammen.
    Aber auch ich hatte ein As im Ärmel: die totale Verweigerung! Weder würde ich mich auf diesen Fall einlassen, noch die neu aufgefundene Leiche als ein Mordopfer attestieren noch mich von diesen Polit-Ränkeschmieden in irgendeiner Weise marionettisieren lassen. Nein, ich würde mich hübsch aus allem heraushalten, so wie es jeder gute Bürger tun sollte, wenn Emporkömmlinge das Volk irremachen wollen. Ich würde mich statt dessen an die süßen Seiten des Lebens halten, an den Sonnenschein, an den Sahneklau von Gustavs Obstkuchen, an das weiße Seidenfell von Roxy, ihren betörenden Doppelfarbenblick und an ihren sexy Duft in der flirrenden Mittagsluft. In ein paar Stunden wäre es endlich soweit ...
    Der Frühlingsrausch der Gartenflora hatte Blaubart und mich inzwischen selbst ein wenig besoffen gemacht. Aber auch ärgerlich. Obwohl die Mauern einen erhöhten Weg für uns bildeten, nötigte uns außer Rand und Band geratenes Pflanzenpack überall. Von gelangweilten Mittelstandsgattinnen mit feinster Blumenerde und Kunstdünger gemästet, schnitten uns Holunderbusch- und Rosenarmeen auf Schritt und Tritt den Weg ab. Impuls-, Viereck- und Kreisregner, Gießbrausen, Gießkannen und Schlauchwagen versprengten über Lilienexplosionen, dickbauchige Fuchsbäume und stoppelkurz rasierte Rasen solch überwältigende Wassermassen, als gelte es die Wüste Gobi wieder fruchtbar zu machen. Und all das bis in den kleinsten Nerv durchdrungen von einer grellen Sonne an einem technicolorblauen Himmel, die jeden Gedanken an Blut und Schmerz vereitelte. Dann jedoch sah ich die Leiche.
    Bereits von der Ferne sprang sie einem ins Auge, weil sie in einem durch Vernachlässigung trüb gewordenen Teich dümpelte und wie ein optischer Fehler in diesem perfekten Bild wirkte.
    Ich kannte den kleinen ungepflegten Garten. Er gehörte zu einem leerstehenden Altbau, dessen Besitzer samt Familie vor einem halben Jahr wegen Geschäftskonkurses in den Hades des Sozialwohnungsbaus hinabsteigen mußte. Seitdem geisterten hin und wieder ein paar schräge Immobilienmakler mit ihren geschmäcklerischen Interessenten durch die leeren Räume, doch getan hatte sich offenkundig bislang nichts. Hatte der Garten seine Verwahrlosung im Winter noch mit einem blütenweißen Schneemantel kaschieren können, so wirkte er jetzt wie Albert Einsteins Haarpracht in Grün. Der ungemähte Rasen mit etlichen Maulwurfshügeln glich in seinem unregelmäßigen und üppigen Wuchs einem wogenden Meer. Bäume und Büsche bekriegten einander mit ihrem wuchernden Astwerk, so daß alles wie ein einziges größenwahnsinniges Geschlinge wirkte. Verwehte Blumenblätter hatten sich in einem kunterbunten Schwall über die ganze Pracht verteilt, waren sogar in den Teich gewirbelt und umzingelten die Leiche wie bei einem indischen Begräbnis.
    Blaubart und ich sprangen die Mauer herunter und näherten uns dem Teich mit bedächtigem Gang. Die Leiche im Wasser wirkte wie ein von der Besatzung aus mysteriösen Gründen verlassenes, selbstvergessen vor sich hin treibendes Geisterschiff. Doch schon jetzt, da wir von ihr noch ein gutes Stück entfernt
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