Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faust: Der Tragödie erster Teil

Faust: Der Tragödie erster Teil

Titel: Faust: Der Tragödie erster Teil
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden,
  der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt?
      MEPHISTOPHELES:
  Endigst du?
      FAUST:
  Rette sie! oder weh dir! Den gräßlichsten Fluch über dich auf Jahrtausende!
      MEPHISTOPHELES:
  Ich kann die Bande des Rächers nicht lösen, seine Riegel nicht öffnen.-
  "Rette sie!"- Wer war's, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder du?
  (Faust blickt wild umher.)
  Greifst du nach dem Donner? Wohl, daß er euch elenden Sterblichen nicht
  gegeben ward! Den unschuldig Entgegnenden zu zerschmettern, das ist so
  Tyrannenart, sich in Verlegenheiten Luft zu machen.
      FAUST:
  Bringe mich hin! Sie soll frei sein!
      MEPHISTOPHELES:
  Und die Gefahr, der du dich aussetzest? Wisse, noch liegt auf der Stadt
  Blutschuld von deiner Hand. Über des Erschlagenen Stätte schweben rächende
  Geister und lauern auf den wiederkehrenden Mörder.
      FAUST:
  Noch das von dir? Mord und Tod einer Welt über dich Ungeheuer! Führe mich
  hin, sag ich, und befrei sie.
      MEPHISTOPHELES:
  Ich führe dich, und was ich tun kann, höre! Habe ich alle Macht im Himmel
  und auf Erden? Des Türners Sinne will ich umnebeln, bemächtige dich der
  Schlüssel und führe sie heraus mit Menschenhand! Ich wache, die
  Zauberpferde sind bereit, ich entführe euch. Das vermag ich.
      FAUST:
  Auf und davon!
    Nacht, offen Feld
    Faust, Mephistopheles, auf schwarzen Pferden daherbrausend.
      FAUST:
  Was weben die dort um den Rabenstein?
      MEPHISTOPHELES:
  Weiß nicht, was sie kochen und schaffen.
      FAUST:
  Schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.
      MEPHISTOPHELES:
  Eine Hexenzunft.
      FAUST:
  Sie streuen und weihen.
      MEPHISTOPHELES:
  Vorbei! Vorbei!
    Kerker
    Faust mit einem Bund Schlüssel und einer Lampe, vor einem eisernen Türchen.
      Mich faßt ein längst entwohnter Schauer,
  Der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an
  Hier wohnt sie hinter dieser feuchten Mauer
  Und ihr Verbrechen war ein guter Wahn
  Du zauderst, zu ihr zu gehen!
  Du fürchtest, sie wiederzusehen!
  Fort! dein Zagen zögert den Tod heran.
  (Er ergreift das Schloß. Es singt inwendig.)
  Meine Mutter, die Hur
  Die mich umgebracht hat!
  Mein Vater, der Schelm
  Der mich gessen hat!
  Mein Schwesterlein klein
  Hub auf die Bein
  An einem kühlen Ort;
  Da ward ich ein schönes Waldvögelein;
  Fliege fort, fliege fort!
  FAUST (aufschließend):
  Sie ahnet nicht, daß der Geliebte lauscht,
  Die Ketten klirren hört, das Stroh, das rauscht.
  (Er tritt ein.)
      MARGARETE (sich auf dem Lager verbergend):
  Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod!
      FAUST (leise):
  Still! Still! ich komme, dich zu befreien.
      MARGARETE (sich vor ihn hinwälzend):
  Bist du ein Mensch, so fühle meine Not.
      FAUST:
  Du wirst die Wächter aus dem Schlafe schreien!
  (Er faßt die Ketten, sie aufzuschließen.)
      MARGARETE (auf den Knien):
  Wer hat dir Henker diese Macht
  Über mich gegeben!
  Du holst mich schon um Mitternacht.
  Erbarme dich und laß mich leben!
  Ist's morgen früh nicht zeitig genung?
  (Sie steht auf.)
  Bin ich doch noch so jung, so jung!
  Und soll schon sterben!
  Schön war ich auch, und das war mein Verderben.
  Nah war der Freund, nun ist er weit;
  Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut.
  Fasse mich nicht so gewaltsam an!
  Schone mich! Was hab ich dir getan?
  Laß mich nicht vergebens flehen,
  Hab ich dich doch mein Tage nicht gesehen!
      FAUST:
  Werd ich den Jammer überstehen!
      MARGARETE:
  Ich bin nun ganz in deiner Macht.
  Laß mich nur erst das Kind noch tränken.
  Ich herzt es diese ganze Nacht;
  Sie nahmen mir's, um mich zu kränken,
  Und sagen nun, ich hätt es umgebracht.
  Und niemals werd ich wieder froh..
  Sie singen Lieder auf mich! Es ist bös von den Leuten!
  Ein altes Märchen endigt so,
  Wer heißt sie's deuten?
      FAUST (wirft sich nieder):
  Ein Liebender liegt dir zu Füßen,
  Die Jammerknechtschaft aufzuschließen.
      MARGARETE (wirft sich zu ihm):
  O laß uns knien, die Heil'gen anzurufen!
  Sieh! unter diesen Stufen,
  Unter der Schwelle
  Siedet die Hölle!
  Der Böse,
  Mit furchtbarem Grimme,
  Macht ein Getöse!
      FAUST (laut):
  Gretchen! Gretchen!
      MARGARETE (aufmerksam):
  Das war des Freundes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher