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Farm der Tiere

Farm der Tiere

Titel: Farm der Tiere
Autoren: George Orwell
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selbst Schneeball und Napoleon.
    Schwatzwutz wurde ausgeschickt, um den übrigen die erforderlichen Erklärungen zu geben.
    »Genossen!«, rief er. »Ihr glaubt doch hoffentlich nicht etwa, wir Schweine täten dies aus Eigennutz oder Privilegdenken?
    Viele von uns mögen eigentlich Milch und Äpfel gar nicht. Ich persönlich verabscheue sie. Wenn wir diese Dinge zu uns nehmen, so tun wir dies mit dem einzigen Ziel, unsere Gesundheit zu erhalten. Milch und Äpfel (das ist wissenschaftlich erwiesen, Genossen) enthalten Substanzen, die für das Wohlbefinden eines Schweins absolut nötig sind. Wir Schweine sind Kopfarbeiter. Die ganze Leitung und Organisation dieser Farm hängt von uns ab. Wir wachen Tag und Nacht über eure Wohlfahrt. Um euretwillen trinken wir diese Milch und essen wir diese Äpfel. Wißt ihr, was geschehen würde, wenn wir Schweine in unserer Pflicht versagten? Jones würde zurückkommen! Ja, das würde er! Bestimmt, Genossen«, rief Schwatzwutz beinahe flehentlich, hopste von einer Seite auf die andere und fegte mit dem Schwanz durch die Luft, »bestimmt ist keiner unter euch, der es erleben möchte, daß Jones zurückkommt?«
    Wenn es nun etwas gab, worüber sich die Tiere völlig sicher waren, dann das, daß sie Jones nicht zurückhaben wollten. Als ihnen die Angelegenheit in diesem Licht präsentiert wurde, hatten sie weiter nichts mehr zu sagen. Die Dringlichkeit, die Schweine bei guter Gesundheit zu erhalten, war allzu offensichtlich. Also kam man ohne weitere Debatten überein, daß die Milch und das Fallobst (und später auch die Haupternte der Äpfel) den Schweinen allein vorbehalten bleiben sollten.

KAPITEL IV
    Bis zum Spätsommer hatte sich die Kunde dessen, was auf der Farm der Tiere geschehen war, durch die halbe Grafschaft verbreitet. Täglich entsandten Schneeball und Napoleon Taubenschwärme, die Anweisung hatten, sich unter die Tiere der Nachbarfarmen zu mischen, ihnen die Geschichte der Rebellion zu erzählen und die Melodie von ›Tiere Englands‹ beizubringen.
    Die meiste Zeit hiervon hatte Mr. Jones damit verbracht, in der Schankstube des ›Roten Löwen‹ zu Willingdon zu sitzen und jedem, der es hören wollte, sein Leid über das ungeheuerliche Unrecht zu klagen, das ihm dadurch widerfahren sei, daß ihn eine Bande nichtsnutziger Tiere von seinem Besitz vertrieben habe. Die anderen Farmer sympathisierten im Grunde mit ihm, halfen ihm aber anfangs kaum. Insgeheim fragte sich jeder einzelne von ihnen, ob er aus Jones' Mißgeschick nicht irgendwie Nutzen schlagen könnte. Es traf sich glücklich, daß die Besitzer der beiden Farmen, die an die Farm der Tiere angrenzten, dauernd auf gespanntem Fuß lebten.
     
    Eine von ihnen, ›Fuchswald‹ genannt, war eine große, verwahrloste, altmodische Farm, arg von Waldland überwachsen, mit ausgelaugten Weiden und mit Hecken, deren Zustand entwürdigend war. Ihr Besitzer, Mr. Pilkington, war ein leichtlebiger Gutsherr, der seine Zeit - saisonbedingt - zumeist mit Fischen oder Jagen verbrachte. Die andere Farm, die ›Knickerfeld‹ hieß, war kleine r und besser in Schuß. Ihr Eigentümer war ein gewisser Mr. Frederick, ein zäher, gerissener Mann, der andauernd in Prozesse verwickelt war und in dem Ruf stand, bei Geschäften rücksichtslos seinen Vorteil zu wahren. Diese zwei waren einander so spinnefeind, daß es ihnen sauer wurde, zu irgendeiner Übereinkunft zu gelangen, auch wenn es sich um die Verteidigung ihrer eigenen Interessen handelte.
    Nichtsdestoweniger hatte die Rebellion auf der Farm der Tiere ihnen beiden einen gehörigen Schrecken eingejagt, und sie waren ängstlich darauf bedacht, zu verhindern, daß ihre eigenen Tiere allzu viel darüber erfuhren. Zuerst taten sie so, als amüsierten sie sich hämisch über die Vorstellung, daß Tiere eine Farm in eigener Leitung betrieben. Die ganze Sache würde binnen vierzehn Tagen vorbei sein, sagten sie. Sie streuten das Gerücht aus, daß die Tiere auf der ›Herren-Farm‹ (sie nannten sie beharrlich die ›Herren-Farm‹; den Namen ›Farm der Tiere‹ duldeten sie nicht) in ständigem Zwist untereinander lebten und auch rasch verhungern würden. Als die Zeit ins Land ging und die Tiere offensichtlich nicht verhungert waren, schlugen Frederick und Pilkington andere Töne an und begannen von der schrecklichen Verruchtheit zu reden, die jetzt auf der Farm der Tiere floriere. Es wurde ausgesprengt, daß die Tiere dort dem Kannibalismus frönten, einander mit rotglühenden
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