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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)
Autoren: Sunil Mann
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erzittern, Simmentaler Fleckvieh lag wiederkäuend im Schatten unter den Tannen. Es war später Nachmittag geworden, doch die Sonne brannte noch immer kräftig vom wolkenlosen Himmel, es roch nach Heu und Mist, ein blau-weiß bemalter Zug fuhr in weiten Kurven den Hügel hinunter zur Bahnstation.
    Ein lottriger Holzzaun markierte das Grundstück um die Hütte, die vom Eingangstor aus nicht zu sehen war. Sie musste auf der Vorderseite des Hangs stehen, von wo aus man einen imposanten Ausblick auf das Dorf und das Saanenland hatte, wie die ländliche Gegend ringsherum genannt wurde.
    Ich pfiff laut vor mich hin und nur einen Augenblick später kam der Berner Sennenhund um die Ecke geschossen. Ich trat ein paar Schritte vom Zaun zurück und fragte mich bange, ob er darüberspringen oder mich gar verfolgen würde. Doch er blieb knapp vor dem Tor stehen und bellte mich von dort wütend an.
    Man hatte mich gewarnt, als ich mich hierher durchgefragt hatte, der Hund sei ein besonders scharfer, der niemanden auch nur in die Nähe des Grundstücks lasse. Worauf ich erst einen Abstecher ins Dorf gemacht hatte, bevor ich zum Schafwald hochgefahren war.
    Vorsichtig und jede hektische Bewegung vermeidend, trat ich ein paar Schritte vor und warf die Kugeln über den Zaun, die ich aus dem eilig beim Buure Metzg gekauften Hackfleisch gerollt hatte. Ich beobachtete erfreut, wie gierig das Tier diese verschlang. Danach setzte ich mich an den Wegrand, guckte auf das Dorf hinunter und wartete ab, bis das eingearbeitete Schlafmittel wirkte. Die Dosierung war heikel gewesen, schließlich wollte ich den Köter nicht einschläfern. Andererseits sollte er tief genug dösen, damit ich ungehindert zur Hütte gelangte.
    Mit halb geschlossenen Augen rauchte ich eine Zigarette. Nachdem ich sie ausgedrückt hatte, klaubte ich die kleine, mit dunkelblauem Samt bezogene Schachtel hervor, die ich im Dorf nebst dem Hackfleisch erstanden und deren Inhalt meine Kreditkarte empfindlich belastet hatte. Der Ring war mir sofort ins Auge gefallen, als ich am Schaufenster des Juweliergeschäfts vorbeigegangen war, und ich hatte nicht lange nachgedacht. Ich klappte das Kästchen auf. Ein fein geschmiedetes Schmuckstück aus Silber mit einem leuchtenden Saphir in einem Nest aus winzigen Diamanten. Gut, dass sich Manju morgen den ganzen Tag freigenommen hatte.
    Als ich mich zum zweiten Mal dem Tor näherte, stürmte kein Wachhund mehr heran. Ich betrat das Grundstück und setzte behutsam einen Schritt vor den anderen, alle Sinne geschärft und die Muskeln gespannt, damit ich jederzeit fluchtbereit war. Doch der Hund lag reglos auf den Steinplatten vor der winzigen Hütte, die wohl einst als Stall gedient hatte, bevor sie rudimentär umgebaut worden war. Sie war auf einer schmalen Plattform unterhalb des Waldrands errichtet, davor fiel das Gelände steil ab. Vor der Frontseite des verwitterten Gebäudes stand ein Tisch, der mit einem Plastiktuch bedeckt war, zwei schmale Holzbänke waren dazugeschoben.
    »Was haben Sie ihm gegeben?« Langsam wandte sich die alte Frau, die vor der Hütte saß, nach mir um. Ihr Blick war unbeteiligt, die Haare standen wirr vom Kopf ab. Die eine Hand hatte sie um eine halb volle Teetasse gelegt, in der anderen hielt sie einen Feldstecher.
    »Ein schwaches Schlafmittel«, antwortete ich und wartete vergebens darauf, dass sie mir ein Zeichen gab, mich zu setzen.
    »Ich habe gewusst, dass Sie kommen werden.« Sie legte das Fernsichtgerät hin und deutete mit einer leichten Kinnbewegung ins Tal hinunter. »Ein hellblauer VW -Käfer fällt auf.«
    Ich folgte ihrem Blick und stellte fest, dass man von hier aus eine geradezu ideale Aussicht auf das Tschanz’sche Chalet hatte, ein Bauwerk von epischer Breite mit einer Vielzahl an Balkonen und filigran geschnitzten Verzierungen im Holz. Das Gebäude hätte wohl noch viel eindrücklicher gewirkt, wäre es frei gestanden und hätten nicht alle Häuser ringsum genau gleich ausgesehen.
    »Was tun Sie bloß hier?«, wandte ich mich wieder der Alten zu. »Sie quälen sich doch nur selbst. Grüninger lebt nicht mehr, das müssen Sie doch wissen, denn Sie haben ihm diese Hütte nur einen Tag vor seinem Tod abgekauft.«
    »Sie verstehen rein gar nichts.«
    »Sie trösten sich, indem sie seine Witwe und den Jungen beobachten? Familienleben aus zweiter Hand, ist es das, was Sie suchen?«
    Sie sah mich nachdenklich an und erhob sich dann ächzend. Mit mühsamen Schritten folgte sie dem Weg, der an der
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