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Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)

Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jan Beinßen
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Erinnerungen an die Minuten unmittelbar nach Wollschlägers Amoklauf ins Gedächtnis: Bartels hatte an jenem Tag die Erstversorgung der mit Messerstichen verletzten Schwester übernommen. Hatte ihm dies bloß als Vorwand dafür gedient, der armen Frau unentdeckt den Garaus zu machen?
    »Ich wollte nicht ein zweites Mal auffliegen«, erklärte sich Bartels und kam damit Kellers Aufforderung nach. »Die sollten mir meine Existenz nicht noch einmal kaputtmachen.«
    »Ihre Existenz?«, fragte Keller. »Wer hat Sie denn in Ihrer Existenz bedroht?«
    »Sie wurden immer misstrauischer«, sagte Bartels nach wie vor teilnahmslos, beinahe apathisch.
    »Wer? Von wem sprechen Sie?«, fragte Keller und blickte besorgt auf die Waffe. Er könnte sie dem anderen mit einer schnellen Bewegung aus der Hand schlagen. Aber was, wenn es schiefging? Würde Bartels dann ernst machen und auf ihn schießen?
    »Meine werten Kollegen. Es sind Gerüchte herumgegangen. Beierlein, der linke Hund, war die treibende Kraft. Er hat mir nie meinen Erfolg gegönnt.«
    »Was für Gerüchte? Was konnte man Ihnen anhaben? Sie sind ein anerkannter Mediziner.«
    Bartels lächelte schief. »Ja, bin ein glänzender Operateur. Besser als viele andere. Ich habe keine Fehler gemacht. Bis auf diesen einen.«
    »Sie sprechen vom Tod von Wollschlägers Tochter Isabelle?«
    Bartels nickte verhalten. »Ja. Ein Kunstfehler. Hätte jedem anderen genauso passieren können.« Er nagte an seiner Lippe. »Von diesem Tag an stand ich unter Beobachtung. Beierlein ließ mich nicht mehr aus den Augen. Was für ihn als Anästhesist nicht schwierig war: Er konnte mir bei den OPs ja immer auf die Finger schauen. Da muss es ihm dann eines Tages aufgefallen sein.«
    »Was ist ihm aufgefallen?« Keller bemerkte, dass Bartels dermaßen von dem Thema ergriffen war, dass seine Konzentration nachließ und er der Pistole auf seiner Handfläche kaum noch Beachtung schenkte. Keller machte sich bereit.
    »Dass ich nicht stur nach der Schulmedizin gearbeitet habe. Nicht so, wie man es auf der Uni lernt.«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass mit Ihrer Ausbildung etwas nicht stimmt?«, fragte Keller, aufs Äußerste angespannt.
    »Ins Schwarze getroffen, mein lieber Kommissar. Ich bin Autodidakt, wie man so schön sagt. Ich habe mir meine Fachkenntnisse …«
    Weiter kam er nicht, denn in diesem Augenblick preschte Keller mit einem Schrei auf ihn zu, schlug ihm mit der Faust gegen das Armgelenk. Die Pistole flog im hohen Bogen in den Schnee.
    Sofort änderte Keller seine Haltung, um das Überraschungsmoment auszunutzen. Mit wenigen schnellen Schritten hatte er die Stelle erreicht, wo die Waffe ein Loch in den Schnee gerissen hatte. Er bückte sich danach – und spürte einen stechenden Schmerz in seinem Rücken. Oh nein, dachte er panisch, jetzt bitte keinen Hexenschuss!
    Doch sein Kreuz sandte unmissverständliche Signale in sein Gehirn, er war kaum mehr imstande, sich aufzurichten. Im Nu stand Bartels an seiner Seite, griff nach der Pistole, richtete die Mündung auf Kellers Brustkorb.
    Sein Blick war eiskalt, als er spöttisch fragte: »Benötigen Sie ärztliche Hilfe?«

30

    »Das will ich genauer wissen«, bellte Hauptkommissar Winfried Schnelleisen durch den Hörer. Er war übelster Laune, da er gerade eine peinliche Schlappe bei der Befragung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Hancke in dessen Privatvilla hatte einstecken müssen. »Dieser Chirurg Bartels soll ein falscher Doktor sein? Einer mit getürkten Dokumenten? Ist das nicht wieder bloß ein Griff ins Klo, um es mal salopp auszudrücken? Noch einmal lass ich mich heute nämlich nicht zum Affen machen!«
    »Ja, ich bin ganz sicher«, redete Jasmin Stahl in ihr Handy. Sie saß bereits wieder in einem Polizeiwagen, jetzt auf dem direkten Weg ins Südklinikum.
    »Aber wenn ich das in den Akten richtig gelesen habe, ist Bartels doch ein alter Hase und schon seit fast sechs Jahren am Klinikum beschäftigt. Da hätte doch jemandem was auffallen müssen. Wenn er nicht studiert hat, wie kann er dann operieren?«
    Jasmin wühlte in den Computerausdrucken, die sie sich aus dem Büro mitgenommen hatte. »Fernsehen, Bücher, Internet, wir können bislang nur mutmaßen. Fest steht lediglich, dass er eine Weile als Sani gearbeitet hat und Krankentransporte begleitete. Dabei hat er wohl einiges aufgeschnappt.« Sie suchte die Stellungnahme eines seinerzeit befragten Chirurgen heraus und zitierte: »Das nötige Handwerkszeug kann man sich auch
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