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Fallera

Fallera

Titel: Fallera
Autoren: Jörg Juretzka
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Leise!«
    Aus irgendeinem Grund entglitt mir die Klinke beim Schließen noch mal, doch zum Ausgleich dafür setzte ich mich dann, so leise es ging. Der Stuhl ächzte gefährlich unter meinem Gewicht, und seine vier Stahlrohrbeine stanzten münzgroße Stücke aus dem Linoleum.
    Ich hatte die Kapseln in Verdacht. Die mit den roten Kügelchen drin. Nur ein paar zu viel davon, und schon ... Nichts schien mehr zu passen. Selbst der Kragen meines T-Shirts schnürte sich eng und enger. Ich zerrte dran, bis der Stoff knirschend nachgab. Anschließend ging es mir kurz ein bisschen besser.
    Menden entließ eine Menge Atem in vielen kleinen Stößen, dann löste er den Blick vom Hof und schenkte ihn, wie man so sagt, mir. Immer ein Moment, das, bei Menden. Immer ein bisschen so, wie dem Sensenmann an einem Montagmorgen zu begegnen. Da ist dieses lange Gesicht, so hager dabei, gefroren zu einem Ausdruck, für den es wohl keine vollendetere Umschreibung gibt als >Bis zum Erbrechen genervt<. Und dann erst seine Augen. Sie sind von der gleichen Farbe wie der Inhalt einer Urne, nur ungleich lebendiger, irgendwie. Sie weiteten sich bei meinem Anblick. Sie weiteten sich, bis sie die Höhlen bis an den Rand ausfüllten, doch damit war noch nicht Schluss. Sie dehnten sich, wuchsen, schwollen an wie Ballons, bis zum Platzen geblähte, weiße Ballons in Netzen von schwarzvioletten, pulsierenden Adern, begannen, mit einem feucht und gedämpft knackenden Geräusch den Schädel des Hauptkommissars auseinander zu drücken, wuchsen und wuchsen .
    »Was ist mit Ihnen, Kryszinski?«, fragte der winzige Mund unter den beiden fußballgroßen, starrenden Augäpfeln. »Sie sehen krank aus.«
    Das sagt der Richtige, dachte ich.
    Der verdammte Schlüssel . er passt nicht mehr. Das kann nur eins bedeuten: Dieser heimtückische Hausmeister hat schon wieder mein Schloss ausgewechselt . Ich werde ihn suchen müssen, jetzt gleich, und ihm ein für alle Mal klarmachen, dass er die Finger von meinem Schloss zu lassen hat . Ein für alle Mal . Hab ich das nicht schon? . Ein für alle Mal? .
    »Kryszinski? Sind Sie das?« Eine Frauenstimme. Hinter der Türe. Hoch. Hysterisch.
    Da haben diese Arschlöcher meine Bude schon weitervermietet . Dafür werden sie mir büßen, alle . Einfach meine Bude weiterzuvermieten . Man braucht ihnen nur kurz den Rücken zuzudrehen . Wie lange bin ich eigentlich nicht mehr zu Hause gewesen? .
    »Gehen Sie weg! Ich kann Sie durch meinen Spion sehen, Kryszinski! Gehen Sie weg! Sie haben sich schon wieder in der Wohnung geirrt! Ihre ist eine Etage höher, verdammt noch mal!«
    Hysterisch, die Alte.
    »Wenn Sie noch einmal an meiner Wohnungstüre kratzen, hole ich die Polizei!«
    Komplett hysterisch.
    Gottverdammte Scheiße, hier sieht aber auch eine Etage aus wie die andere . Eine verkommener als die andere . Voller Dreck, Ungeziefer, Abschaum . So wie diese Kaugummi kauende Daunenjacke mit der Schmiere im Haar .
    Zu doof, sich die Schuhe zuzubinden . Hose mit dem Schritt in den Kniekehlen . Auf fast zwei Meter aufgedunsen durch einseitige Überfütterung mit Cola, Chips und Schokoriegeln ...
    Aufgesetzte Coolness, wiegender Gang . Macht auf gar keinen Fall Platz ... Gut ... »Ey, Mann, was 's los? Hassu kein' Respek'?«
    Kein Respek'? Kein Respek'? Wie soll ich Respekt haben vor jemandem, der sogar zum Artikulieren zu faul ist, du aufgeschwemmter Hosenscheißer? Soll ich dir zeigen, was das ist, Respekt? Soll ich es dir zeigen?! . Soll ich? .
    »Ey, Mann, komm weiter!« Zu zweit jetzt. Der andere, der Kleinere, ist hier aus dem Haus. Zieht den mit der Daunenjacke mit sich. Augen groß, voller Schrecken. Der Größere protestiert noch, stammelt weiterhin was von >Respek<.
    »Nun komm schon, weg hier! Bist du verrückt?« Sie sind fast am Treppenabgang, jetzt, doch mein Atem flieht noch immer. Ein Schleier, rot wie Blut, hat sich vor meine Augen gelegt, und ich spucke Blasen. »Weißt du nicht, wer das ist?! Das ist Kryszinski, von Nummer 743. Gemeingefährlich ... Völlig verstrahlt .«
    »Laut meiner Liste stehen Sie auf der Seite der .« Dr. Weifenheim suchte nach einem Wort, ». Begleiter«, entschied er sich, »und nicht etwa der Patienten, und doch wäre es vielleicht ganz gut, wenn wir beide uns heute im Laufe des Tages mal zu einem Gespräch zusammensetzten. Sie haben da ein Problem, ich spüre es, und Ihnen, glaube ich, ist das auch bewusst. Was ich gerne herausfinden möchte, ist, wie weit Ihre ... nennen wir es
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