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Fallen Angels 03 - Der Rebell

Titel: Fallen Angels 03 - Der Rebell
Autoren: J.R. Ward
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waren – was zweifellos auch die kluge Kollegin Reilly bemerkt und berücksichtigt hatte.
    Mann, das war das zweite Mal in seinem Leben, dass er sich in dieser Situation befand. Und das erste …
    Kein Grund, über den Mord an seiner Mutter nachzudenken. Nicht an einem Abend wie heute.
    Er stieg in die Dusche, schloss die Augen und ließ den Wasserstrahl über Kopf, Schultern und Gesicht strömen. Seife. Abwaschen. Shampoo. Ausspülen.
    Er stand noch immer in der dampfenden, feuchten Hitze, als er den Luftzug spürte: So deutlich, als hätte jemand das Fenster neben dem Klo geöffnet, schoss der Luftstrom über den Plastikvorhang und strich über seine Haut. Die Gänsehaut kam auf Kommando, zog sich quer über seine Brust, die Beine hinunter und wieder hoch.
    Das Fenster war aber immer noch zu.
    Und genau wegen dieser Momente hatte er die Glaswand der Duschkabine entfernt und den eingebauten Spiegel abgedeckt. Das waren die einzigen Veränderungen, die er an dem Haus vorgenommen hatte, und sie dienten seiner geistigen Gesundheit. Seit Jahren rasierte er sich ohne Spiegel.
    »Hau ab, verflucht«, sagte er mit fest geschlossenen Augen.
    Der Luftzug wirbelte um seine Füße, betastete seinen Körper wie mit Händen, wanderte höher, streichelte sein Geschlecht, ehe er sich dem Bauch, der Brust, dem Hals widmete … seinem Gesicht …
    Kalte Finger fuhren durch seine Haare.
    »Lass mich in Ruhe!« Ruckartig schob er den Duschvorhang zur Seite. Warme Luft wehte herein, er bückte sich, versuchte, den Eindringling wegzutreten, die Verbindung zu zerstören.
    Schwer atmend taumelte er zum Waschbecken, stützte die Arme ab und beugte sich nach vorn. Er hasste sich, hasste diesen Abend, hasste sein Leben.
    Bei jemandem mit multipler Persönlichkeitsstörung war es möglich, das wusste er verdammt gut, dass sich ein Teil des Ichs abspaltete und unabhängig agierte. Betroffene hatten dann keine Ahnung von dem, was ihr Körper getan hatte, selbst wenn Gewalt im Spiel war …
    Als der Kopfschmerz erneut wie ein Bulldozer durch seine Schläfen donnerte, fluchte er und trocknete sich ab; dann zog er das Flanellhemd und die NYPD -Jogginghose an, in denen er die vorangegangene Nacht geschlafen hatte. Gerade wollte er wieder nach unten gehen, als ein flüchtiger Blick aus dem Fenster ihn zurückhielt.
    Etwa zwei Häuser weiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte ein Wagen.
    Er kannte alle Autos aus der Nachbarschaft, alle SUV s, Kombis, Vans und Pick-ups, und dieses schlammfarbene, neuere, nichtssagende amerikanische Modell da stand nicht auf der Liste.
    Allerdings war es genau der Typ, den die Polizei von Caldwell als Zivilfahrzeug benutzte.
    Reilly ließ ihn überwachen. Gute Taktik – genau dasselbe hätte er an ihrer Stelle auch getan.
    Es könnte sogar sie persönlich sein.
    Unten am Treppenabsatz zögerte er kurz; er war versucht, barfuß nach draußen zu gehen, denn vielleicht hatte sie, oder wer auch immer es war, Neuigkeiten vom Tatort …
    Mit einem neuerlichen Kraftausdruck schlug er sich diese schlaue Idee aus dem Kopf und ging in die Küche. In einem der Schränke musste doch etwas Essbares sein.
    Nachdem er alle geöffnet und nichts als leere Regale vorgefunden hatte, fragte er sich, welche Supermarkt-Fee denn wohl seiner Ansicht nach herbeigeflogen sein und Essen gebracht haben sollte.
    Andererseits könnte er auch einfach eine Ladung Ketchup auf einen Pizzakarton spritzen und den knabbern. Wahrscheinlich gut für seinen Ballaststoffhaushalt.
    Lecker.
    Schräg gegenüber von DelVecchios Haus saß Sophia Reilly hinterm Steuer und war halb geblendet.
    »Bei allem, was heilig ist …« Sie rieb sich die Augen. »Von Gardinen hältst du wohl nichts?«
    Während sie betete, das Bild des splitterfasernackten Kollegen würde sich schleunigst von ihrer Netzhaut zurückziehen, überdachte sie noch einmal ernsthaft ihre Entscheidung, die Observierung selbst zu übernehmen. Erstens war sie erschöpft – zumindest war sie das gewesen, bevor sie so ungefähr alles gesehen hatte, was Veck zu bieten hatte.
    Streich das so ungefähr .
    Wenigstens war sie jetzt hellwach, besten Dank – genauso gut hätte sie zwei Finger ablecken und in eine Steckdose halten können: Ein solcher Anblick verpasste einem die Dauerwelle, die sie sich mit dreizehn gewünscht hatte.
    Vor sich hin murmelnd ließ sie die Hände wieder in den Schoß sinken – sah aber, obwohl sie das Armaturenbrett anstarrte, nur … was sie gerade gesehen
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