Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
einen mal anderthalb Meter maß. Viel Platz zwischen Wand und Seilzug bestand nicht, doch wenn man so zierlich war wie der Chinese, hatte man keine Schwierigkeiten, sich da vorbeizuzwängen. Auch Jana würde keine Probleme haben.
    »Die Leiter setzt sich auch im Schacht fort. Achte auf die Ausstiegsklappe. Sie muss sich zu deiner Rechten befinden, wenn ich mich nicht ganz täusche. Wenn du im Schacht bist, sind es bis dahin vielleicht noch zwanzig bis maximal fünfundzwanzig Sprossen. Am besten zählst du im Kopf mit«, riet er ihr.
    »Werde ich!«, versprach sie, nahm die stoffumwickelte Muskete in die linke Hand und setzte ihren Fuß auf die Leiter. Mit ernstem Gesicht sah sie ihn an. »Pass gut auf dich auf, Tobias!«
    »Ja, du auch! Wir schaffen es schon. Zeppenfeld wird sein blaues Wunder erleben! Und nun hoch mit dir!«, drängte er.
    Jana erklomm die Leiter so behände, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan, als mit einer Muskete in der Hand in engen Seilzugschächten aufzusteigen.
    Tobias wartete nicht ab, bis sie in der Deckenöffnung verschwand. Er rannte wieder in den vorderen Teil des Gewölbes zurück, wo sich sein Schacht befand. Einen Augenblick war er versucht zu der Maschine zu laufen, mit der einer der Ventilatoren über dem Pavillon angetrieben wurde. Doch da jede Maschine mehrere Funktionen erfüllen konnte und er nicht wusste, über welche der Wellen- und Riemenantriebe der Ventilator lief und in welche Position er das Führungsgestänge mit den verschieden großen Zahnrädern bewegen musste, ließ er es bleiben. Zum Herumhantieren und Ausprobieren fehlte ihm einfach die Zeit. In dieser kritischen Situation konnte es auf jede Minute, ja, jede Sekunde ankommen. Rupert Burlington würde also nicht wissen, ob Sadik seine Warnung verstanden hatte, und das machte sein Verhalten zu einem Risiko. Doch das Risiko, zu spät zur Stelle zu sein, war noch um einiges größer – und wog schwerer.
    So schnell er konnte, kletterte er die Eisenleiter zur Decke hoch und stieg in den schmalen Schacht ein. Für ihn mit seinen kräftigen Schultern wurde es eng. Der Raum zwischen Leiter und Seilen war für die schmale, sehnige Gestalt eines Chang bemessen. Tobias musste einige Kraft aufwenden, um sich daran vorbeizwängen. Das hatte jedoch auch seinen Vorteil. Denn obwohl er nur die rechte
    Hand zum Nachfassen frei hatte, da er ja in der linken die Muskete hielt, brauchte er keine Angst zu haben, den Halt zu verlieren: Die gespannten Seile pressten ihn förmlich gegen die Leiter. Er hätte auch völlig ohne Zuhilfenahme seiner Hände den Schacht hochklettern können. Doch Kraft kostete es schon.
    Das Licht aus dem Gewölbe reichte nicht weit. Dunkelheit umfing ihn bald. Sprosse um Sprosse stieg er höher. Die Seile scheuerten über seinen Rücken und ruinierten den kostbaren Stoff seines Kostüms. Es war stickig in dem engen, hoch aufragenden Schacht. Anstrengung und innere Erregung trieben ihm den Schweiß aus den Poren. Als er den Kopf einmal weit in den Nacken legte und nach oben blickte, war ihm, als könnte er am Ende des langen Seilschachtes einen Punkt erkennen, der nicht ganz so tiefschwarz war wie die lichtlose Enge, die ihn im Augenblick umgab.
    Die ersten zwanzig Sprossen, gerechnet ab Deckeneinstieg, brachte er so schnell wie möglich hinter sich. Von da an setzte er seinen weiteren Aufstieg bedeutend langsamer fort. Denn nun tastete er nach jeder Sprosse, die er höher kam, die Wände nach der Ausstiegsluke ab.
    Vierundzwanzigste Sprosse: nichts.
    Fünfundzwanzigste Sprosse: noch immer keine Luke.
    Sechsundzwanzigste Sprosse: rundum nur glattes Metall!
    Wo blieb bloß der verdammte Ausstieg? Er musste ihn doch längst erreicht haben! Oder war er schon an ihm vorbei, ohne ihn bemerkt zu haben?
    Jede Sekunde, die verstrich, kam ihm jetzt wie eine Minute vor. Unruhe erfasste ihn und der Schweiß floss ihm nun in Strömen über das Gesicht. Es war der Schweiß der Angst, sich verrechnet zu haben und zu spät zu kommen, der ihm ausbrach, als er nach der achtundzwanzigsten Sprosse die Luke noch immer nicht gefunden hatte. Sadik baute fest darauf, dass sie mit schussbereiter Muskete im Gebüsch lagen und für den nötigen Überraschungseffekt sorgten, wenn der Moment gekommen war, um Rupert Burlington aus Zeppenfelds Gewalt zu befreien.
    Die Gedanken jagten sich hinter seiner Stirn, während er einen Augenblick zögerte. Sollte er weiter die Leiter hochklettern und hoffen, dass die Luke wirklich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher