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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 9 Der Pfad des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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wimmelte darin von Grafiken, die das Mädchen erschrecken würden, und er musste die Seiten, die er ihr zeigte, sorgfältig auswählen, aber ...
    Annas Verunsicherung reichte tiefer, als er angenommen hatte. Als er sich der Kommode zuwandte und in seiner Jackettasche nach dem Schlüssel kramte, sah sie ihre Chance. Sie stürzte hinter seinem Rücken an ihm vorbei und rannte geradewegs durch die geschlossene Tür hindurch nach draußen!

6
    Er wusste nicht, ob er es Glück oder Pech nennen sollte.
    Wo immer sich die Bewohner von Schloss Falkengrund auch aufhalten mochten, keine der vierzehn Personen, die zurzeit außer ihm noch hier wohnten, lief Anna oder ihm auf ihrer Verfolgungsjagd über den Weg. Das Mädchen hatte sofort die Treppe entdeckt und stürmte die breiten Stufen nach unten. Das Tor nach draußen stand offen, und sie schlüpfte einfach hindurch. Vermutlich hatte sie nicht einmal mitbekommen, wie sie durch die geschlossene Tür gelaufen war. Geister hatten eine Tendenz, solche Dinge zu verdrängen. So wie die Lebenden jene Dinge übersahen, die auf die Jenseitswelt hinwiesen.
    Sir Darren jagte hinter ihr her, so gut es ihm möglich war. Auf dem Vorplatz blieb Anna stehen, verwirrt, wie es schien, und betrachtete die Autos, die dort geparkt waren.
    Es war tief beeindruckend, ein Gespenst im hellen Sonnenlicht zu sehen. Die Vorstellung, es müsse sich im nächsten Augenblick auflösen, wich die ganze Zeit über nicht von Sir Darren. Sein Gefühl wollte sich nicht darauf einstellen, dass er es mit einem Spuk zu tun hatte. Anna war unvorstellbar stark.
    Und so stark machte einen Geist nur unbeschreiblicher Schmerz.
    Es war ein Fehler gewesen, sie zu rufen. Ein unverzeihlicher Fehler. Er hatte darauf gehofft, ihre Stimme zu hören, ein paar Worte mit ihr wechseln zu können, einen Hinweis auf den Aufenthaltsort ihres Onkels zu bekommen. Und nun stand sie vor ihm.
    Anna wandte sich zu ihm um. Sir Darren ging nun langsamer. Er atmete schwer. Anna schien zu spüren, dass er ihr nichts tun wollte.
    „Das ist komisch“, sagte sie, als er bis auf ein paar Schritte an sie heran gekommen war. „Ich war hier noch nie. Und trotzdem kommt mir das alles vor, als wäre ich ... von einem fernen Ort zurückgekehrt.“
    In Sir Darrens Brust krampfte sich etwas zusammen. „Du warst krank“, meinte er, sich an eine spontane Idee klammernd. „Du hast noch ein bisschen Fieber. Es ist ganz normal, dass du durcheinander bist. Dieses Schloss – es ist eine Art Krankenhaus, weißt du?“
    „Fahren Sie mich nach Hause?“
    Sie stand vor dem schneeweißen Porsche, der Margarete gehörte.
    Sir Darren staunte. Er hatte sich eben den Kopf darüber zerbrochen, wie er sie in der Nacht unbemerkt aus dem Haus schmuggeln sollte, damit sie ihre Suche nach Ulrich Schenks beginnen konnten, und nun standen sie auf dem Parkplatz, die Autoschlüssel klapperten in seiner Tasche, und sie mussten nur noch einsteigen ...
    „Wenn es der beige Honda auch tut, kann ich dich fahren“, sagte der Dozent.
    „Schade“, maulte Anna. „Ich wollte einmal in meinem Leben in einem Porsche fahren.“
    Sir Darren schloss die Augen. All diese nebensächlichen Bemerkungen, die er bei einem normalen, bei einem lebenden Kind nicht einmal wahrgenommen hätte, setzten ihm zu. „Der Wagen gehört nicht mir“, meinte er mit belegter Stimme. Sein Herz pochte laut in seiner Brust. Er würde niemals die Schlüssel bekommen. Nicht von Margarete. Nicht einmal, wenn er ihr haarklein erklärte, wofür er ihn brauchte.
    Ich will nur mal eben einem toten Mädchen eine Freude machen. Dagegen werden Sie doch wohl nichts einzuwenden haben, werte Kollegin ...
    Bei dem Gedanken an ein solches Gespräch wurde ihm schwindelig.
    „Onkel Ulrich hat einen New Beetle“, sagte Anna unvermittelt. „Das ist auch ein schönes Auto.“
    Für Sir Darren war es, als hätte er im Theaterstück sein Stichwort bekommen. „Wollen wir deinen Onkel Ulrich besuchen? Bevor ich dich nach Hause fahre, meine ich.“
    „Ja!“, rief Anna. „Ja, das ist eine gute Idee. Kennen Sie denn meinen Onkel?“
    „Ja, ich kenne ihn. Ich weiß nur nicht genau, wo er sich gerade aufhält.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Ich habe gehört, es ist nicht zu Hause. Er ist ... weggefahren.“
    „Weggefahren?“ Anna sah ihn an, während er ihr die Beifahrertür des Honda öffnete.
    „Denkst du, du kannst mir helfen, ihn zu suchen?“ Er hielt den Atem an. Jetzt war es ausgesprochen – der Zweck, zu dem er

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