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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f
Autoren: Maria Beaumont
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entgegnet: »Grieche? Was Sie reden? Ich bin eine waschechte englische Mann.«
    Oder er könnte entgegnen: »Naturlich ich bin Grieche, Hammel. Oder Sie sehen jemals englische Mann so hart arbeiten wie ich?«
    Oder vielleicht auch: »Ich nicht gehöre su keine Land. Ich bin Bürger von die Welt.«
    Bei meinem Vater muss man mit allem rechnen. Er ist der rechthaberischste Mensch oder besser gesagt größte Sturkopf, der mir je begegnet ist. Das Dumme ist nur, dass seine Ansichten stündlich wechseln. Manchmal sogar im Sekundentakt.
    Soweit ich meinen Vater einschätzen kann, ist es ihm ein Bedürfnis, gegen den Strom zu schwimmen. Führt man ihn in eine Kirche, ist er plötzlich Atheist. Führt man ihn zum Chinesen, bestellt er Kebab. Führt man ihn nach Zypern, wird er plötzlich Appetit auf Chow Mein haben. Mein Vater liebt Kontroversen. Ich erinnere mich, ich war elf, dass er einmal bei einer griechischen Hochzeit aufstand und verkündete: »Ich erzähle jetzt meine Lieblingswitz. Warum alle griechische Männer haben eine Bart?« Er machte eine Pause, während zweihundert griechische Männer nachdenklich an ihren Bärten zupften. Dann sagte er: »Damit sie sehen ähnlich eigene Mutter!« Dad wieherte vor Lachen, was wettmachte, dass von den anderen vierhundert Gästen keiner lachte. Zur Taufe wurden wir dann nicht eingeladen.
    Offenbar erregte mein Vater Aufsehen, als er meine Mutter heiratete. Meine Mutter ist nämlich keine Griechin. Vielmehr ist sie Londonerin irischer Abstammung. Ihr Mädchenname lautet Maeve Connell, mittlerweile praktisch umbenannt in Maevou - griechische Regel Nummer eins: nach Möglichkeit ein »ou« an das Wortende hängen. Und während mein Vater ein fleißiger Geschäftsmann ist und zu allem eine (ständig wechselnde) Meinung hat, ist meine Mutter die Ruhe in Person und scheint nicht wirklich eine Meinung zu vertreten.
    Früher dachte ich, meine Mutter ließe meinem Vater immer seinen Willen, weil sie zu faul sei, sich zu widersetzen. Meine Mutter ist definitiv der faulste Mensch auf der ganzen Welt. Ich weiß, das klingt schrecklich. Dabei erwarte ich nicht einmal, dass sie im Haushalt herumwirbelt wie die Mütter im Fernsehen, ehrlich nicht. Dennoch ist es so, dass ich sechzig Stunden in der Woche arbeite, mein Vater achtzig, und dass Emily, diese verwöhnte Göre, keinen Finger krümmt, außer um ihre Nägel zu maniküren, und dass die einzige Tätigkeit meiner Mutter darin besteht, das Fernsehprogramm tagsüber vom Sofa aus zu verfolgen und nebenbei unbezahlt Doritos, Pringles und Golden Wonder zu testen. Eigentlich müsste meine Mutter den Umfang einer Elefantenkuh haben, so fleißig, wie sie diese Aufgabe verrichtet, aber meine Mutter kann essen, was sie will, sie bleibt gertenschlank.
    Worauf wollte ich hinaus? Ach ja: Meine Mutter ist zwar nicht die Aktivste, aber wenn sie Dad machen lässt, dann nicht aus Bequemlichkeit. Dahinter steckt eine Taktik. So lässt sie ihn zetem, bis er blau im Gesicht anläuft, da sie weiß, wenn sie ihm das letzte Wort lässt, glaubt er, er habe gewonnen. Dabei ignoriert sie hinterher völlig, was er gesagt hat. Das Leben geht weiter wie vorher, aber mein Vater ist wieder glücklich, weil er das letzte Wort hatte (genau wie das erste und die anderen dazwischen).
    Mit Tee für meine Eltern und Cola light für mich kehre ich ins Wohnzimmer zurück. Mum ist vertieft in eine Folge von Sex and the City , in der eine der Darstellerinnen gerade Sex in der City hat. Emily schläft nach wie vor. Mein Vater mokiert sich über das Fernsehprogramm. »Die nicht können zeigen mehr Anstand?«, sagt er.
    Starke Worte. Als ich mir das letzte Mal eine Folge der Lieblingssoap meines Vaters auf CYBC ansah, verließ ein schwitzender Kerl mit einem gezwirbelten Schnurrbart Frau und Kinder wegen eines Maultiers. Gut, mein Griechisch ist ziemlich schlecht, aber so kam es jedenfalls rüber.
    »Sie nicht sich schämt? Man kann sehen alles«, nörgelt er weiter.
    »Pscht, Jimmy«, sagt Mum. »Das ist Liebe.«
    (Offenbar assoziiert meine Mutter eine heiße Nummer in dem dreckigen Hinterhof einer New Yorker Kneipe mit wahrer Liebe. Das gibt mir zu denken.)
    »Wie kann so Liebe sein? Eine normale Mann wartet mit solche Avance bis in Hochzeitsnacht«, kontert mein Vater.
    Das letzte Wort, zumal Mum stumm bleibt.
    Zufrieden wendet er sich mir zu und sagt: »Soso, du leitest jetzt die Geschäft ... Du bekommst mehr Geld?«
    Shit. Die Frage ist berechtigt. Jamie hat nichts von
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