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Exodus

Exodus

Titel: Exodus
Autoren: DJ Stalingrad
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Auswärtsspiel
in eine andere Stadt, amüsiert sich mit fröhlichen Mädchen,
interessiert sich für irgendwas, spielt Gitarre in einer Band.
Das machen die Klugen, es ist billig und schön. Wir versuchen
doch nur, mit unseren begrenzten Mitteln zu leben wie die Könige,
wie man so sagt. Doch in dieser Stadt, in Moskau, ist alles immer
voller Scheißer, ständig muss man seinen Platz an der
Sonne von Dreck säubern. Massen von Idioten stören die
Moskauer dabei, schön zu leben und ihren Feierabend zu
genießen.«
    »Das
nennst du ›schön leben‹? Schau mal, ich bin
zwanzig und arbeite bei der Miliz. Du dagegen bist vierundzwanzig und
arbeitslos, obwohl du einen Uni-Abschluss hast. Diese Schuhe hab ich
am Ochotny Rjad gekauft, die sind teurer als deine gesamte Kleidung.
Das heißt doch, dass ich besser lebe als du und dass ich klüger
bin, oder?«
    »Klar.
Du arbeitest ja auch bei der Polizei.«
    »Schlagt
sie alle tot!«, schreit Kolja im Alkoholwahn, und ein paar
Muskelpakete fangen an, systematisch alle rauszutragen, die sich auf
der Tanzfläche befinden. Eine Stunde vorher haben wir schon alle
Wichser eingepudert, die vor dem Klub auf unsere Ankunft warteten,
dann alle ihre Freunde, die Gäste aus Moskau, alle Penner, die
uns unter die Augen kamen. Totale Säuberung, viele Opfer. Und
nun giert die ganze Stadt nach unserem Blut, alle warten auf das Ende
des Konzerts. Mir haben sie den Kopf eingeschlagen, Haare und Jacke
sind voll Blut, ich bin fasziniert. Es ist mal wieder großartig.
»Ich liebe diese Auftritte in Rjasan!«, sagt Fedja.
    Die
Show neigt sich dem Ende, der Klub macht dicht, hunderte hiesige
Jugendliche versuchen, sich so schnell wie möglich nach Hause zu
verziehen, an den Türen Gedränge. Wir sammeln hinter ihnen
die leeren Flaschen ein, greifen uns ganze Hakenreihen, treten als
Gruppe auf den Platz vor den Klub. Nacht, Winter­anfang.
    Aus
dem Park gegenüber treten hintereinander im Rechteck angeordnete
Kolonnen von Menschen hervor und bewegen sich organisiert auf uns zu.
Es sind rund fünfzig. Wir sind dreiundzwanzig. Wir stehen leicht
erhöht auf den Stufen zum Kino. Zwei Bullenwannen, die zwischen
denen und uns parken, fahren respektvoll zur Seite, damit das Drama
seinen Lauf nehmen kann.
    Die
Menge kommt bis zur Treppe und hält fünf Meter vor uns an.
»Kommt doch, ihr Wichser!«, brüllen wir sie an.
»Sieg Chail!«, brüllen sie zurück. Roma greift
sich eine Müllurne voller Abfall und schleudert sie von oben
mitten in die erste Reihe, wir rennen hinterher. Ich brülle
»Halleluja!« und bekomme mehrfach eine Flasche
übergezogen. Fedja wird wieder ins Höllenfeuer gezerrt, wir
holen ihn raus. In der Ferne schalten die Bullen ihre Sirenen ein,
der Gegner tritt langsam den Rückzug an. Wir hinterher,
beschmeißen sie mit Müll und Steinen, sie verschwinden in
die Höfe.
    Wir
gehen zurück zu unseren Verletzten, einem haben sie mit dem
Messer böse den Schädel aufgeschlitzt, dazu hat er eine
Gehirnerschütterung, er liegt in einer Blutlache, Schaum vorm
Mund. Die Bullen stehen gelangweilt neben ihm. Ich schreie sie an,
dass sie den Notarzt rufen sollen, stattdessen rufen sie vier weitere
Bullenwannen und einen OMON-Bus. Wir brüllen
los, sie wehren sich mit Gummiknüppeln, versuchen, die Anstifter
festzunehmen, dafür kriegt der Sergeant von uns Tritte in die
Fresse. Wir umzingeln die Autos, die Situation gerät außer
Kontrolle, ein hysterischer Scheißer schießt Salven mit
einer Kalaschnikow und jault: »Ich knall euch alle ab, Pack,
auf die Knie!« Es beginnt ein Gemenge mit den Bullen, das von
den eintreffenden OMON-Beamten beendet wird, wir
werden auf den Asphalt gelegt, Hände über den Kopf, einige
werden verhaftet. Mit dem Rest können sie nichts anfangen, nach
einer halben Stunde bekommen wir den Befehl, uns aus der Stadt
Richtung Wald zu verziehen. Schließlich kommt der Krankenwagen,
wir legen unseren Kumpel rein, ich verabrede mit einem Bullen, dass
er den OMON-Bus mit den Verhafteten erstmal offen
stehen lässt, sodass wir uns alle langsam aus dem Zentrum
verziehen können.
    Danach
sind wir die ganze Nacht durch den Wald gelaufen, die Gleise entlang
bis zu einer Bahnstation jenseits der Stadtgrenze. Roma hatten sie
mit einem Spitzbohrer die Hand durchstochen, mir wieder den Kopf
eingehauen, alle sind gefickt, blutig und dreckig. Wir kommen zur
Bahnstation, ein Bahnsteig aus Beton, rundum Wald, wir machen ein
Feuer aus Stücken von Gleisschwellen, legen uns ringsum
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