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Exodus

Titel: Exodus
Autoren: Leon Uris
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Kitty weinend. »Ari! Was habe ich dir angetan! Wie war es nur möglich, daß ich so gar nicht begriff! Ari, Liebster — was mußt du gelitten haben. Kannst du mir jemals verzeihen, daß ich dir
    so weh getan habe.«
    »Ich bin nicht richtig bei mir«, sagte Ari mit schwacher Stimme. »Bitte sag den andern nichts von dem, was du hier gesehen hast.« »Nein«, sagte Kitty. »Aber wir müssen jetzt ins Haus. Sie warten auf uns.«
    »Kitty!«
    Sehr langsam kam er auf sie zu, bis er vor ihr stand und in ihre Augen sah. Langsam sank er auf seine Knie, schlang die Arme um sie und drückte seinen Kopf an ihren Schoß.
    Ari ben Kanaan weinte.
    Es hörte sich seltsam und erschreckend an. Er schüttete seine ganze Seele aus, er weinte für all die vielen Male in seinem Leben, da er es sich nicht gestattet hatte, zu weinen.
    Kitty drückte seinen Kopf an sich, strich ihm durch das Haar und flüsterte ihm tröstend zu.
    »Geh nicht fort von mir«, sagte Ari weinend.
    Wie hatte sie sich danach gesehnt, solche Worte von ihm zu hören! Ja, dachte sie, ich werde bei dir bleiben, heute nacht und ein paar Tage lang, denn jetzt brauchst du mich, Ari. Doch selbst in diesem Augenblick, wo du zum erstenmal in deinem Leben zu weinen wagst, schämst du dich deiner Tränen. Du brauchst mich jetzt, in diesem Augenblick; doch morgen — morgen wirst du wieder Ari ben Kanaan sein. Du wirst wieder ganz der starke, trotzige Ari ben Kanaan sein, der sein Herz gegen die Tragik verhärtet. Und dann — dann wirst du mich nicht mehr nötig haben.
    Sie half ihm aufstehen und trocknete seine Tränen. Er konnte sich kaum auf den Füßen halten. Kitty legte seinen Arm über ihre Schultern und stützte ihn. So gingen sie langsam aus der Scheune hinaus. Durch das Fenster konnten sie sehen, wie Sara die Kerzen der Menora ansteckte. Ari blieb stehen, ließ sie los, richtete sich auf und stand aufrecht, groß und stark. Schon jetzt war er wieder Ari ben Kanaan.
    »Ehe wir hineingehen, Kitty, muß ich dir etwas sagen. Ich muß dir sagen, daß ich Dafna nie so geliebt habe, wie ich dich liebe. Du weißt, was für ein Leben du an meiner Seite zu erwarten hast?«
    »Ja, Ari, ich weiß es.«
    »Ich bin nicht wie andere Männer. Vielleicht dauert es Jahre — oder auch noch länger — bis es mir einmal möglich ist, zu sagen, daß mein Verlangen nach dir zuerst kommt, vor allem anderen — vor den Bedürfnissen dieses Landes. Wird es dir möglich sein, das zu verstehen?«
    »Ja, Ari, ich werde es verstehen, immer.«
    Alle betraten das Speisezimmer. Die Männer setzten kleine Kappen auf.
    Dov und Jordana, und Ari und Kitty, Sutherland und Sara. Ihre Herzen waren schwer vor Kummer. Als Ari an das Kopfende der Tafel ging, um den Platz von Barak einzunehmen, berührte Sutherland seinen Arm.
    »Falls Sie nichts dagegen haben«, sagte Sutherland. »Ich bin hier der Älteste — erlauben Sie, daß ich den Seder lese?«
    »Es ist uns eine Ehre«, sagte Ari.
    Sutherland ging an das Kopfende der Tafel, an den Platz des Oberhauptes der Familie. Alle setzten sich, und jeder öffnete sein Exemplar der Haggada. Er begann mit den vorgeschriebenen Segenssprüchen. Dann nickte Sutherland Dov Landau als dem Jüngsten der bei Tisch Versammelten zu, und Dov räusperte sich und las: »Warum ist dieser Abend anders als alle anderen Abende des Jahres?«
    »Der heutige Abend ist anders als alle anderen, weil wir heute den wichtigsten Augenblick in der Geschichte unseres Volkes feiern. An diesem heutigen Abend feiern wir den Auszug der Kinder Israels aus Ägypten, ihren Aufbruch aus der Sklaverei in die Freiheit.«
    ENDE
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