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Ewiges Verlangen

Ewiges Verlangen

Titel: Ewiges Verlangen
Autoren: Laura Wright
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um die Patienten ging – bei allen, bis auf einen.
    Sie zuckte die Achseln und bemühte sich, beiläufig zu klingen. »Es besteht kein Grund zur Sorge. Es geht ihm gut. Es hat sich nichts drastisch verschlechtert.«
    Das kaufte Pete ihr nicht ab. »Nur weil eine Krankenschwester ihn erwischt hat, bevor er handeln konnte.«
    »Das ist meine Schuld. Die Sitzungen in dieser Woche waren besonders hart. Er musste die Erinnerung an das Feuer mehrfach durchleben …«
    »Nimm es ernst. Diese Menge Klonopin muss er über eine Woche gehortet haben.«
    Sara setzte sich auf und griff nach einem der erst halb geleerten Becher Kaffee auf ihrem Schreibtisch. »Wir sind so nahe dran, Pete. Ich kann es spüren. Hast du mich nicht deshalb ins Spiel gebracht? Um sozusagen den Schalter zu finden? Um die dramatischen Erinnerungen zu entschärfen?«
    »Ja, darum habe ich dich mit einbezogen, und damit die Geldgeber die Abteilung Neuropsychologie weiterhin unterstützen – und darum habe ich auch erlaubt, dass du Gray hierherbringen konntest.« Sein Gesicht wirkte angespannt. »Aber wenn irgendjemand herausfindet …«
    »Niemand wird es herausfinden«, versicherte Sara ihm und trank einen Schluck Kaffee. Iiiih. Kalt. Sie trank ihn dennoch.
    »Wenn Gray seine Sprachfähigkeit zurückerlangt …«
    »Er würde es niemandem erzählen. Er würde nicht wollen, dass ich meinen Job verliere.«
    Pete wölbte die Augenbrauen. »Auch wenn du es wärst, die ihn daran hindert, sich zu töten?«
    Seine Worte trafen sie hart, denn das war in Wahrheit sehr gut möglich.
    Pete schwieg, senkte den Blick von ihren Augen zu ihrem Mund und ließ ihn eine Sekunde zu lange dort verweilen, bevor er sanft sagte: »Hör zu, Sara. Ich muss mich und dieses Krankenhaus schützen.«
    »Das verstehe ich.«
    »Gut, denn ich habe beschlossen, Grays gegenwärtige Situation zu ändern.«
    »Was heißt das?« Leichte Angst regte sich in ihr.
    »Ich werde ihn isolieren.«
    »Zum Teufel, nein!« Sie setzte ihren Becher hart ab. »Nein, Pete. Ich will ihn nicht in einer Zelle sehen, ans Bett gefesselt, ohne Gruppentherapie. Er ist bereits ein Gefangener.«
    »Du kannst nicht klar denken. Du triffst Bauchentscheidungen und nicht die, die für Gray richtig sind. Ich denke, du solltest dir überlegen, ihn einem anderen Arzt zu übergeben …«
    Sara blieb unerbittlich. »Auf keinen Fall.«
    »Sara …«
    »Wenn du diese Änderung ohne meine Zustimmung durchführst, dann kündige ich.« Sara beugte sich zu ihm vor, die Stimme todernst. »Und meine gesamte Forschungsarbeit – jede Studie über PTSD , jedes unveröffentlichte Ergebnis, das ich über das Schmerzgedächtnis von Militärveteranen habe, jede Frage, jede Idee werde ich mit mir nehmen.«
    Sorge zeichnete sich auf Petes Gesicht ab sowie etwas, das über den beruflichen Verlust hinausging. Sie wusste, dass er sie mochte, mehr als ein Vorgesetzter es tun sollte. Und wäre sie eine andere, ein Mensch mit einer Vergangenheit ohne tragische Geschehnisse und einer Zukunft mit klaren Möglichkeiten, dann hätte sie ihm vielleicht eine Chance gegeben. Er war immerhin ein anständiger, gut aussehender Kerl. Aber sie hatte niemandem etwas zu bieten, nicht jetzt – noch nicht.
    Sara erhob sich und nahm den Stapel Akten von ihrem Schreibtisch. »Ich muss gehen. Ich habe Patienten.«
    Pete erhob sich ebenfalls. »Wenn die Wahrheit herauskommt, werde ich leugnen müssen, etwas davon gewusst zu haben. Deine Karriere wird beendet sein.«
    Sara nickte. »Verstanden.« Armer Pete, sann sie. Er war ein guter Mann, aber einfach nicht mutig genug.
    Sara verließ das Büro und hielt erst inne, als eine der Schwestern sie aus dem Schwesternzimmer rief. »Dr. Donohue?«
    »Ja?«
    »Wieder ein Anruf von Tom Trainer für Sie. Es ist das vierte Mal heute Nacht. Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass Sie nicht zur Verfügung stehen, aber er bestand darauf.«
    Sara seufzte. »Er ist nicht mehr unser Patient. Sagen Sie ihm, dass Sie ihm gerne einen Arzt außerhalb des Krankenhauses empfehlen, aber ich werde weder jetzt noch jemals sonst mit ihm sprechen.«
    Die junge Frau nickte. »Okay.«
    Sara verließ das Schwesternzimmer. Sie musste Gray sehen, musste nachsehen, ob es ihm gut ging und ob er noch in dem Zimmer war, in dem sie ihn zurückgelassen hatte. Auf dem Flur war alles ruhig, da die meisten Patienten schliefen. Sie nahm Grays Karte von der Wand und betrat sein Zimmer. Als sie ihn auf seinem einfachen Bett schlafen sah, ein schlichtes
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