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Evies Garten (German Edition)

Evies Garten (German Edition)

Titel: Evies Garten (German Edition)
Autoren: K.L. Going
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einzuschalten, als sie draußen Geräusche hörte.
    Laute Geräusche passten so gar nicht zu Vater. Sie bekam Gänsehaut, als wäre eine ganze Gespensterhorde aus dem Nichts aufgetaucht, die nun draußen vor der Haustür herumtrampelte. Dann merkte sie, dass es die Stimmen und Schritte von zwei Personen waren. Das übrige Gerumpel klang wie Tüten oder Schachteln, die auf den Boden polterten oder abgestellt wurden.
    Evie stürzte zur Tür und riss sie auf. Draußen standen Vater und Maggie, vollbepackt mit Einkaufstüten. Vater hielt in einer Hand den Hausschlüssel und umklammerte mit dem Ringfinger den Hals einer Milchflasche. Der Wind pfiff laut, und die Zipfel der Papiertüten wehten und raschelten.
    »Evie«, sagte er. »Maggie ist zum Essen gekommen. Entschuldige, dass ich so lange weg war. Ich habe einen Tipp für ein paar Nebenjobs in DuPont bekommen … Nimmst du mir das bitte ab?«
    Erstaunt riss Evie den Mund auf, doch sie schaffte es gerade noch, nach der Milchflasche zu greifen, bevor sie ihm aus der Hand glitt.
    »Hier, nimm das auch gleich.« Vater reichte ihr eine Tüte; dann eilte er mit Maggie ins Haus. Evie musste beides auf der Hüfte abstützen, um bei dem stürmischen Wind die Haustür zuzuziehen. Das laute Heulen hörte abrupt auf, als das Türschloss zuschnappte, doch ein Teil der Kälte blieb im Flur hängen.
    Vater knipste alle Lichtschalter an, an denen er vorbeikam. Sofort erwachte das Haus zu neuem Leben; es fühlte sich sicher und warm an. Ein Teil der Wärme ging von Maggie aus. Sie blieb vor dem Porträt stehen, tippte Rodney aufs Kinn und lächelte sehnsüchtig. Dann ging sie rasch in die Küche. Sie steuerte schnurstracks auf den Kühlschrank zu und räumte Eier, Käse und Butter ein. Dann öffnete sie die beiden Hängeschränke und verstaute Schachteln mit Kräckern und Reis und ein paar Suppendosen.
    »Bevor Rodney starb, war ich jeden Tag hier«, erzählte Maggie und nickte, als Evie sie fragend ansah, »und ich selbst habe in diesem Haus meine ganze Kindheit verbracht. Mein Vater hat es nur deshalb nicht verkauft, weil Rodney es unbedingt behalten wollte.« Sie hielt inne und sah sich um. »Mir hat es auch immer ganz gut gefallen. Mein Bruder hat sich zwar nicht sonderlich um den Haushalt gekümmert, aber ich finde, dass das alte Haus Charme hat. Und jetzt hat mir dein Vater von seinen großen Plänen erzählt – als Erstes hat er vor, eine warme Mahlzeit für eine alte Frau zu kochen.« Maggie zwinkerte.
    »Vater hat dich eingeladen?«, fragte Evie und versuchte, nicht allzu überrascht zu klingen.
    Maggies Lachen füllte die ganze Küche aus. »Naja, eigentlich habe ich mich selbst eingeladen, aber es war auch nicht allzu schwer, ihn zu überreden. Ich hätte euch schon längst besucht, aber ich wollte euch Zeit lassen, euch einzuleben.«
    Vater gluckste, während er Evie die Milch und die Lebensmitteltüte abnahm und beides auf der Theke abstellte. »Ich mach ein Feuer«, schlug er vor. »Dann können wir im Wohnzimmer essen.«
    Er verschwand im Flur und ließ Evie im Türrahmen der Küche allein zurück. Sie verschränkte erst die Arme. Dann nahm sie sie wieder herunter und stupste mit dem Fuß gegen die Türschwelle, doch die Küche wirkte durch Maggie, die beschäftigt war, so hell und gemütlich, dass sie schließlich eintrat.
    »Wie alt bist du eigentlich?«, fragte Maggie gut gelaunt und musterte Evie von Kopf bis Fuß. »Elf, schätze ich.«
    Evie verzog das Gesicht. »In zwei Tagen werde ich elf«, erklärte sie. Ihren Geburtstag hätte sie fast vergessen. »Die meisten Leute schätzen mich auf zwölf, weil ich so groß bin. Aber Vater sagt, ich werde schon noch hineinwachsen und so elegant und anmutig werden wie meine Mutter. Aber ich weiß nicht …« Evie stockte. Sie konnte sich nur schwerlich vorstellen, jemals anmutig zu sein, während nichts an ihr zu passen schien.
    »Dein Vater hat mir auf der Fahrt von deiner Mutter erzählt«, sagte Maggie. »Es tut mir schrecklich leid, dass sie gestorben ist.«
    Evie zuckte mit den Schultern, und Maggie zog eine Augenbraue hoch. Evie fragte sich, ob Maggie noch etwas hinzufügen würde, doch sie tat es nicht.
    »Elf ist ein gutes Alter«, sagte sie stattdessen und lenkte das Thema wieder auf Evies Geburtstag. »Ich weiß noch, wie ich elf wurde, auch wenn das schon soooo lange her ist.«
    »Und wie alt sind Sie jetzt?«, fragte Evie und bedauerte es sofort. Man fragte Erwachsene nicht nach ihrem Alter. Doch Maggie
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