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Eviana - Ein leiser Zug von Magie

Eviana - Ein leiser Zug von Magie

Titel: Eviana - Ein leiser Zug von Magie
Autoren: Marcus Schneider
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kleinen, trockenen Rest vom Rand. Wie die Räuber machten sich die so wohlerzogenen Kinder über die leckere Mahlzeit her und noch ehe Eva Lotta so recht gesittet begonnen hatte sich ihrem Teller zu widmen, war ihr wohlbeleibter Bruder mit seinem Essen fertig und stibitzte ihr einziges Stückchen Fleisch. Sie konnte es gar nicht glauben, aber so kannte sie ihn. Er hätte ja auch nachnehmen können, es war ja noch Braten da, aber es bereitete ihm eine diebische Freude, seine Stiefschwester zu ärgern. Eva Lotta fühlte sich im Recht, sich eine Ersatzscheibe vom Braten zu nehmen, sah das Unheil aber kommen, als sie ihre Gabel zum Braten streckte. Wie ein Donner fuhr ihre Stiefmutter dazwischen.
    “Eva Lotta, untersteh dich, du hattes t doch schon viel zu viel vomSchwein.”
    “Aber er hat es mir weggenommen, ich hatte noch nichts vom Braten.”
    “Habe ich dich gebeten zu sprechen?”
    “Nein”
    “Eben, also sprich nicht und iss dein Gemüse, statt deinen armen, liebenswerten Bruder zu beschuldigen.” Eva Lotta senkte den Kopf, biss die Zähne zusammen, ärgerte sich nur kurz, sie kannte ja ihre Stiefmutter und widmete sich den Karotten, die sich noch reichlich auf ihrem Teller fanden.
    Die Mutter konzentrierte sich nun ganz darauf die Löffelhaltung der Kinder zu korrigieren. Eva Lotta beobachtete das mit einer gewissen Schadenfreude, denn ihr tollpatschiger Stiefbruder kam so nun gar nicht mehr zum Essen.
    “Nicht mit der linken Hand, du bist doch ein Rechtshänder.”
    “Ja Mama.”
    “Und nicht wie ein Bauer. Das ist ein Löffel und keine Mistgabel.”
“Ja Mama.”
    “Ich hab dir das doch schon tausendmal gesagt. Wirst du es denn nie lernen?”
“Doch, doch, natürlich Mama.”
    Die Tochter des Hauses nutzte die Lehrstunde ihres Bruders.
    “Eva Lotta, hast du auf mein neues Kleid schon das Familienwappen gestickt?” Eva Lotta schluckte. Auch im Sticken war sie besonders geschickt. Da die beiden Kinder des Hauses nur linke Hände hatten, war sie ihnen in solchen Dingen haushoch überlegen. Das hatte allerdings zur Folge, dass solche Arbeiten zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben an ihr hängen blieben. Sie arbeitete gerne und deswegen machte ihr auch das nichts aus. Nur hörte sie von dieser Aufgabe gerade jetzt zum ersten Mal.
    “Tut mir Leid, du hast wohl vergessen, mir das zu sagen. Aber ich mach das gern.”
    “Du hast es noch nicht fertig?”
    “Ich mach es gleich morgen.”
“MAMA, Eva Lotta hat die Stickerei nicht fertig gemacht.” Das Mädchen begann zu weinen. Die Mutter wandte sich nun von ihrem unbelehrbaren Sohn ab, der nun weiter sein Essen wie ein Bauer in sich hineinschlang und dabei zufrieden vor sich hin grinste und Eva Lotta zu.
    “Stimmt das?”
    “Ich mache es morgen.”
    “Unerhört. Du nichtsnutziges Kind. Dafür lassen wir Morgen das Frühstück ausfallen.” Eva Lotta nahm das betrübt zur Kenntnis, aber sie hatten in dieser Familie den Hunger bereits kennengelernt. 
    Die Mutter versuchte zu lächeln. “So meine Lieben, wollt ihr noch Nachschlag? Ich hab noch was auf dem Herd.” Die drei nickten sofort und gleichzeitig mit dem Kopf und hielten der Magd erwartungsfroh ihre Teller hin. Sie rieben sich dabei glücklich die Bäuche und zeigten äußerste Zufriedenheit. Nur Eva Lotta sagte nichts. Viel zu Essen hatte sie zwar nicht bekommen doch die Frage nach Nachschlag galt niemals ihr.
    Der Vater war ein rechtschaffener, fleißiger Mann, der seine beiden dummen Kinder über alles liebte. Sein größter Fehler war sein Jähzorn, den er nicht in den Griff bekam. Immer wenn ihn die Wut packte, ließ er sie an Eva Lotta aus. Neben der harten Arbeit, dem Verzicht auf die Schule und dem wenigen Essen war es vor allem diese Ungerechtigkeit und die vielen Strafen, die Eva Lotta das Leben schwer machten.
    Endlich war es Zeit für den Nachtisch. Und das war etwas ganz besonderes. Es war Blaubeerenzeit und so gab es Dickmilch mit Blaubeeren. Das war sehr lecker und die Magd war eine Meisterin darin, dieses Gericht zuzubereiten. Während sie für jeden eine große Schüssel und nur für Eva Lotta eine sehr kleine auf den Tisch stellte, erzählte die Mutter von ihrem Tag.
    “Ich habe unsere Nachbarin, Frau Forkner getroffen.”
    “Aha”, der Vater wusste, was nun kam.
    “Sie hat mich nicht gegrüßt, obwohl ich ‘Hallo’ gesagt habe.”
    “Aha”, wie er vermutet hatte.
    “Sie mag mich nicht. Sie hält sich wahrscheinlich für etwas Besseres, weil ihr Mann aus dem
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