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Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)

Titel: Everlight: Das Buch der Unsterblichen. Roman (German Edition)
Autoren: Avery Williams
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Einwohner von San Francisco erzählte dem Chronicle anonym, dass es sich bei den Angreifern um drei oder vier junge Männer gehandelt habe, die es auf die Brieftasche des Opfers abgesehen hatten. Nach Aussage des Zeugen zog einer der Angreifer eine Waffe, als das Opfer die Brieftasche hervorholte, und erschoss es. »Es war furchtbar, er ist vor meinen Augen gestorben.« Eine weitere Zeugin, eine zweiundzwanzigjährige Frau aus San Francisco, hat das Geschehen bestätigt. »Er hatte keine Chance«, erklärte sie. Bisher wurden keine Verhaftungen vorgenommen.

    Ich schalte das Handy aus und lehne mich zurück. Kann das sein? Wenn er wirklich gestorben wäre, dann würden sie seine Leiche nie finden – sie hätte sich in dem Moment in Staub aufgelöst, in dem sie ins Wasser gefallen wäre. Wie damals, als Cyrus Nathaniel umgebracht hat. Aber ich kann nicht glauben, dass Cyrus Opfer eines so banalen Gewaltaktes geworden sein soll. Er hat seit sechshundert Jahren gelebt, er war ein Kämpfer. Er muss sich einen neuen Körper beschafft haben. Trotzdem … ein leiser Zweifel, den ich nicht wage zu bestärken, wächst in meinem Herzen.
    Verschiedene Augenzeugen. Möglicherweise ist er wirklich ausgeraubt worden. Das passiert schließlich dauernd. Ich hole das Telefon wieder hervor und lese den Artikel ein zweites Mal. Verschiedene Augenzeugen. Die Worte hallen in meinem Kopf wider. Zeugen, die gesehen haben, wie er erschossen wurde, wie er starb. Je länger ich mich damit beschäftige, desto plausibler klingt es. Es ist morbide, so darüber zu denken, aber kann ich wirklich so viel Glück haben?
    »Miss, ich will ja nicht neugierig sein«, schaltet sich der Taxifahrer ein und wirft mir im Rückspiegel einen Blick zu. »Aber es scheint Sie etwas zu belasten. Wollen Sie wirklich zum Busbahnhof?« Sein zerfurchtes Gesicht strahlt Freundlichkeit aus.
    »Nein«, gebe ich zu. »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Überlegen Sie es sich lieber noch mal in Ruhe«, erwidert er.
    Ich grüble darüber nach. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Wenn ich gehe und die Abschieds-SMS abschicke, kann ich nie mehr zurückkehren. Wenn Cyrus jedoch tatsächlich tot ist, muss ich gar nicht gehen. Ein drittes Mal lese ich den Artikel. Ich denke zurück, als ich wild entschlossen war, mich umzubringen, und wie alles, was ich dafür getan habe, durchkreuzt wurde. Jetzt spüre ich diese unsichtbare Hand erneut, die mich auf den richtigen Weg führt.
    Was, wenn er nicht tot ist? Wenn das eine Falle ist, könnte er jetzt bei den Morgans sein.
    »Wissen Sie was?«, sage ich. Der Taxifahrer blickt auf. »Ich habe mich umentschieden. Könnten Sie mich bitte nach Berkeley fahren?«
    »Natürlich.« Mit quietschenden Reifen macht er eine Kehrtwende.
    In Berkeley verlassen wir den Freeway, von wo ich den Fahrer zum Haus der Morgans lotse und dabei ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden tippe. Wenn Kaileys Familie etwas zustößt, werde ich mir das nie verzeihen. Als wir in die Einfahrt einbiegen, bezahle ich und renne ins Haus.
    Erleichterung überflutet mich, als ich sehe, dass die ganze Familie schlafend auf der Couch sitzt. Ein Film läuft unbeachtet im Fernsehen. Mrs. Morgan schnarcht vernehmlich.
    »Ich bin wieder da«, sage ich leise.
    Bryan murmelt etwas Unverständliches und zieht sich eine Decke übers Gesicht. Ich schalte den Fernseher aus und gehe leise in Kaileys Zimmer.
    Dort lasse ich mich aufs Bett fallen und ziehe mir den Überwurf über. Meine Gedanken rasen. Bedeutet die Tatsache, dass Cyrus nicht hier ist, dass er wirklich und wahrhaftig tot ist? Ist er so arrogant geworden, dass er vergessen hat, wie gefährlich die Welt ist? Als ich zu den Sternen an Kaileys Zimmerdecke hinaufstarre, wage ich es endlich zu glauben.
    Rasch hole ich Kaileys iPhone hervor und lösche die Nachricht, die ich vorhin auf der Brücke geschrieben habe. Das scheint so lange her zu sein, wie in einem anderen Leben. Auch wenn ich immer noch Sand in den Sneakers habe, auch wenn mir immer noch kalt ist und meine Haare feucht vom Nebel sind.
    Dann schreibe ich an Noah:

wohlbehalten und sicher daheim. wir sehen uns morgen.

    Könnte es sein, wage ich zu denken, als ich wegdämmere, dass dies das Leben ist, das für mich bestimmt war?

Kapitel 36
    E s ist derselbe Alptraum, den ich immer gehabt habe, als ich noch bei den anderen lebte. Endlose Stufen zum Galgen hinauf, ein rauhe Schlinge um meinen Hals. Aber ich habe doch Flügel?, frage ich mich panisch. Irgendwer hat mir
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