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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
Autoren: Anna Carey
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gehegt, dass sie für die Nacht vor der Abschlussprüfung etwas im Schilde führte, war aber davon ausgegangen, dass es nur einer ihrer dummen Streiche sein würde. Auf die Wahrheit wäre ich niemals gekommen.
    Wir liefen den schmalen, mit Schlingpflanzen überwucherten Pfad bis zum Ufer hinunter. Die skelettartigen Überreste der Boote türmten sich auf den Steinen, die Fenster waren eingeschlagen, die Farbe blätterte ab. Ein paar Boote lagen kieloben. Auf der anderen Seite der Bay sah das übrige Marin County nur wie ein grüner Hügel aus, die Bäume zwischen den Häusern verdeckten diese mit ihren Blättern.
    Arden zog das Leinenhemd enger um den schmalen Körper, um sich gegen den Wind zu schützen, der vom Wasser herüberblies. »Ich konnte Maeve beim Frühstück kaum anschauen«, sagte sie. Heddy lief neben uns her, ihr schwarzes Fell glänzte im Sonnenschein. »Zu wissen, was sie vorhat …«
    »Wir können hier nicht darüber reden«, sagte ich und warf einen Blick auf die verhängten Schaufenster. Die Frontscheibe eines Cafés war zwar mit Zeitungspapier beklebt, doch ich hörte Frauen kochen – Töpfe klapperten, in den Spülbecken spritzte Wasser. »Warte, bis wir auf dem Boot sind.«
    In der kleinen Stadt, in der über zweihundert Frauen lebten, konnte man einfach nicht ungestört reden. Ein paar der Läden und Restaurants am Ufer waren in betriebsfähigem Zustand, andere hingegen lagen ungenutzt hinter dichtem Gebüsch versteckt. Jede Frau hatte einen Platz für sich gefunden, ein Ziel.
    »Guten Morgen, Eve!«, rief Coral, eine der älteren Gründermütter, als sie den Pfad herunterkam. Sie trug drei Hühner, die geschlachtet werden sollten, ihre Körper waren starr, weil sie kopfüber an den Füßen baumelten. »Schöner Tag, nicht wahr? Erinnert mich an das Leben früher.« Coral sah zum Himmel, dem grünen überwucherten Hang, dem zerfallenen Kai, der ins Wasser hinausragte.
    »Wundervoll«, sagte ich schnell und strengte mich an zu lächeln. Coral hatte ich bei meiner Ankunft sofort ins Herz geschlossen. Sie hatte ihr ganzes Leben mit ihrem Ehemann in Mill Valley verbracht. Bevor er starb, lebten sie drei Jahre als Streuner. Ich liebte die Geschichten, die sie erzählte: Wie sie ihr eigenes Gemüse gezogen und am offenen Feuer in ihrem Garten gekocht hatten. Einmal hatte sie eine Bande durch die Stadt gelockt, damit sie ihre Vorräte im Sturmkeller nicht entdeckten. Doch nun wirkte selbst sie unfreundlich. Ob sie von dem Plan wusste? Ob sie in mir immer ein Mittel gesehen hatte, über Califias Unabhängigkeit zu verhandeln?
    Die alte Frau ging an uns vorbei. Vor uns waren Maeve und Isis auf einem Pferd unterwegs und zogen eine Wagenladung gesammelter Kleider hinterher. Sie machten sich jeden Monat zu einer anderen Stadt jenseits der Muir Woods auf und durchsuchten die Häuser nach Gegenständen, die sie in den Läden Califias verteilen oder tauschen konnten.
    Ich sah zu Arden, dann zu dem Ruderboot, das am Kai festgebunden war. Es war eines der wenigen Boote, die die Frauen repariert hatten, die Innenseiten waren dünn mit Wachs beschichtet. »Wir gehen jetzt lieber«, sagte ich. Ich spürte Maeves Blick auf uns. Sie war abgestiegen und ging aufs Ufer zu, als wir Richtung Kai liefen.
    Ich band das Boot los und sah über die Schulter, um etwas zu ihr zu sagen. »Dachte, ich nehme Arden und Heddy heute mal mit raus in die Bay. Und zeig ihnen, was Califia zu bieten hat.« Ich kletterte hinein und versuchte, meine Bewegungen ruhig und überlegt aussehen zu lassen. Mit jeder Hand ergriff ich ein Ruder und war dankbar über den Widerstand, als ich das Holz ins Wasser tauchte – se zitterten meine Hände nicht mehr. Arden kletterte ins Boot und rief nach Heddy.
    »Was ist mit dem Buchladen? Dort wartet Arbeit«, sagte Maeve. Sie ging über die rutschigen Felsen ins flache Wasser und kümmerte sich nicht darum, dass ihre Wanderstiefel nass wurden. Ich ruderte einfach weiter, mein Körper entspannte sich mit jedem Meter, den ich zwischen uns legte. »Trina weiß, dass ich nicht komme. Sie sagte, es sei in Ordnung.«
    Maeve verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war die muskulöseste der Frauen, ihr Bauch war wie gemeißelt und ihre Beine kräftig vom Laufen. »Nimm dich vor der Strömung in Acht! Und den Haien! Gestern wurde einer in der Bay gesichtet.« Die Erwähnung der Haie ließ mich erst zusammenzucken, doch es kam mir unwahrscheinlich vor, eher wie ein verzweifelter Versuch, uns in der Nähe des
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