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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho
Autoren: Craig Taylor
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platziert. Denn Blue sind Musik. Kev ist ebenfalls Musik, auf seine Art und Weise. Mein Manager Shishakli hat ein paar VIP Tickets für die Show organisiert. Da meine Frau natürlich nicht mitkommen wollte, habe ich Ash gefragt. Er tritt jetzt vor mir aus dem Tunnel hinein in die Esprit Arena. Das Stadion des Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, das für diesen Abend in das Zentrum der Weltmusik verwandelt wird. Welt musik nicht im Sinne von Peter Gabriel mit Marimbas, Falafel und Lauten, logisch, sondern weil es sich um die wichtigste Musikveranstaltung der Welt handelt.
    Und sie fängt gleich an. Der Regisseur lässt jetzt die VIP s herein, damit sie ihre Ehrenplätze einnehmen.
    Wir schreiten aus dem Tunnel in den Aufenthaltsbereich hinüber, zu den sogenannten Green Rooms, die weder grün sind noch richtige Räume, sondern einfach nur seltsam. Große, offene Kabinen, in denen die Bands der einzelnen Länder Platz nehmen. Am hinteren Ende einer solchen Box hocken Blue. »Hallo, Jungs«, sage ich, während ich mich setze.
    Blue drehen sich synchron um, als wären sie ein einziger Mann, nicken mir zu und lassen dem Kapitän der englischen Nationalmannschaft einen kurzen Gruß zukommen. Sie erheben sich, um herüberzukommen, doch ich sage bestimmt: »Gentlemen, hebt euch die Energie für den Auftritt auf. Konzentriert euch. Wir sehen uns später. Ihr müsst das Ding hier gewinnen.«
    Sie nicken, erfreut über meine Worte. Denn heute Abend geht es nicht allein um mich, und ich weiß, wie man sich vor einem Spiel fühlt. Ich respektiere diese Männer – als Künstler und feste Größen in der Boulevardpresse –, sie sind mental auf den bevorstehenden Auftritt fokussiert. Heute Abend werden die Jungs die fette Beute abschießen, den Vogel machen. Darum lassen wir sie in Ruhe und spähen von unserer Seite der Box aus unauffällig zu ihnen hinüber.
    »Simon Webble«, erkläre ich Ash und deute mit dem Kopf auf eines der Mitglieder von Blue. »2004 im Company Magazine auf Platz zweiundsechzig der Sexiest Man.«
    »Ah«, sagt Ash anerkennend.
    »Und das da ist Lee Ryan. Tierisch erfolgreich in Italien … Und Duncan James. Unglaublich erfolgreich mit seinen Musicals … Titanen. Männer wie ein Gebirgsmassiv.«
    »Hm«, sagt Ash begeistert.
    »Und der da. Anthony irgendwas. Er wurde fotografiert, wie er in einen Geldautomaten pisst … Schwein.«
    Wir machen es uns im Green Room gemütlich, richten uns in der neuen Umgebung ein. Diese komischen offenen Gästeboxen befinden sich im hinteren Bereich der Bühne, der ebenfalls offen ist, so dass man einen erstklassigen Blick auf die bevorstehenden Performances hat. Hinter der Bühne, im Parkett und oben auf den Rängen, sind die normalen Zuschauer zu sehen. 36 300 Menschen. Sie alle starren zu den Akteuren hinter der Bühne.
    Ich wende meinen Blick von dem grauenvollen, wenn auch begeisterten Publikum ab und sehe, dass bei Blue jetzt eine Frau ist, sie steht am Rand der Box, trägt ein ungemein wichtiges Headset und hält ein irgendwie geartetes Klemmbrett umklammert, während sie, ganz der Profi, den Jungs von Blue etwas zuflüstert, worauf diese nicken, sich erheben und den Green Room, diesen boxenartigen Bereich, verlassen.
    Sie wurden auf die Bühne gerufen. Und als ich meinen Blick schweifen lasse, bemerke ich, dass sämtliche Künstler aufgerufen werden – die Liechtensteiner, die San Marinesen –, sie machen sich auf ihren Weg von den Boxen zu einer Treppe, die sich am Rand des Künstlerbereichs befindet. Die Elite der europäischen Musikszene trottet in den Backstage-Bereich hinunter, wo alle offensichtlich warten, bis sie an der Reihe sind. Ich balle meine Faust Richtung Blue. Doch keiner der Jungs erwidert meinen Blick.
    Volle Konzentration. Viel Glück, Jungs.
    Der Aufruf der Musiker kann nur eins bedeuten.
    »Gleich ist Anstoß«, sage ich zu Ash, der stumm zu meiner Rechten hockt. Bestimmt ist er voll in diesen ganzen Eurovisions-Zirkus eingetaucht. Doch als ich rüberschaue, merke ich, dass er eingenickt ist. Unfassbar! Inmitten all des Trubels. Verschnarchter Vollidiot. Schade um das Ticket.
    Egal, ich werde mir den Abend durch nichts versauen lassen.
    Ich habe Bock auf die Show. Besonders wenn ich bedenke, dass Shishakli womöglich – nein, garantiert – den Bildregisseur der Veranstaltung bestochen hat, damit einer seiner Kamera-Fuzzis an einer vorher festgelegten Stelle eine sinnliche Großaufnahme von mir macht, und die Zuschauer – all die Gustavs,
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