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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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sah ihm fest in die Augen.
    Meister Giftnatters zottige weiße Augenbrauen fuhren in die Höhe.
    »Gibt es da einen Unterschied?«
    »Ich denke schon. Als ich mich zu Anfang in Meister Thengors Magik verwickelte, hat mir das alles nur einen riesigen Schrecken eingejagt. Ich konnte nur noch daran denken, wie ich sie so schnell wie möglich wieder loswürde. Als ich dann feststellte, daß ich sie erst weitergeben könnte, nachdem ich gelernt hätte, sie zu beherrschen, jagte mir das noch mehr Angst ein.«
    Die blauen Augen des alten Zauberers glitzerten. »Soll ich daraus schließen, daß du dich jetzt nicht mehr fürchtest?«
    »O doch, ich fürchte mich noch vor Magik. Und das werde ich auch immer tun. Das täte jeder, der klug genug ist. Magik ist ein mächtiges Zeug. Sie hat unsere Welt zu dem gemacht, was sie ist, hat sie in Stücke gerissen und so wieder zusammengefügt, wie es ihr gerade paßte. Manche Zauberer denken nur darüber nach, was sie mit Magik tun können; sie machen sich nie Sorgen darüber, was die Magik umgekehrt mit ihnen tun kann. Ja, ich habe immer noch Angst davor, aber ich werde sie nicht mehr loslassen.«
    »Sehr aufschlußreich.« Meister Giftnatter schlug die Kuppen seiner zweigdürren braunen Finger gegeneinander.

    »Darf ich mal fragen, warum ein vernünftiger junger Mann an etwas festhalten will, das ihm so viel Angst einflößt?«
    »Ich habe davon gehört, daß Feuer ganze Städte niederbrennen kann, aber ich bin noch niemandem begegnet, der deshalb auf gekochtes Fleisch verzichten würde.«
    »Was hörst du dir dieses dumme Gerede überhaupt an, Meister Giftnatter? Der Welpe hat einen Vorgeschmack auf Macht bekommen, und das gefällt ihm, das ist alles!« fauchte Meister Walpole. »Er ist nicht so dumm, wie er aussieht. Dieses ganze Gerede über seine Furcht vor Magik ist der reinste Blödsinn. Schau ihn dir doch an! Er liebt sie; das kann man doch an seinem Gesicht ablesen.«
    Die leuchtenden Augen des Oberzauberers ließen die meinen nicht los. »Was ich in seinem Gesicht sehe, ist Wahrheit.«
    Meister Walpole ließ ein angewidertes Stöhnen hören.
    »Du wirst langsam weich, Giftnatter. Ich sage dir doch, der ist ebenso gierig auf die Macht der Magik wie jeder von uns.
    Wir säßen heute doch nicht hier, wenn wir nicht gekämpft und Listen geschmiedet und Verschwörungen angezettelt und Verrat geübt hätten, um soviel Magik zu verschlingen, wie wir nur fassen konnten.
    Meister Thengor war der schlimmste von allen, und ich schätze, als dieser Junge Thengors Magik aufgesaugt hat, hat er damit auch Thengors Habgier aufgenommen.«
    »Weißt du was?« fragte ich. »Du hast recht.«
    Das traf Meister Walpole unvorbereitet. »Ich habe recht?«
    »Wenn Meister Thengor die Magik dafür liebte, wozu sie ihn bemächtigte, dann liebe ich Magik auf dieselbe Weise.
    Wenn er mehr und mehr und mehr davon haben wollte, um auch immer mehr tun zu können, dann bin ich genau wie er.«
    »Ahhhh!« Meister Walpoles Mund wurde immer breiter.
    »Siehst du, Giftnatter? Ich habe es dir doch gesagt.«
    Meister Giftnatters Lippen verzogen sich zu einem undeutbaren Ausdruck. »Komm mal her, Junge«, sagte er zu mir. Ich trat vor den Rat. Meine Knie zitterten ein wenig, weil ich sie so lang versteift hatte. Als ich schon fast auf Meister Giftnatters Schoß hockte, sagte er: »Das ist dicht genug.
    Nun beantworte einem alten Mann mal eine Frage: Wozu hast du deine Magik denn benutzt?«

    Ich sagte es ihm. Ich erzählte ihm, wie ich mit Magik Grym geholfen hatte, gegen Zoltans Dämonen zu kämpfen, und wie ich damit Mystis Leben gerettet und uns alle nach Gladderadatsch geflogen hatte, um für Mutter Krötenhauch die Begnadigung einzuholen. Der ganze Rat hörte mir zu.
    Als ich fertig war, sagte Meister Giftnatter: »Danke, junger Mann.
    Wir werden uns nun beraten und zu einem Urteil finden.« Die elf Zauberer schlossen die Augen für die Dauer eines einzigen Atemzugs, dann öffneten sie sie wieder. »Wir haben entschieden.«
    »Ach ja?« schrie Scandal vom Schoß des Königs aus. »Na, wir gehen jedenfalls in Berufung! Das ist doch das reinste Buschgericht! Ein einziger Schauprozeß!« Er sprang auf den Boden und kam zu mir gerannt. »Das bekommt Perry Mason zu hören! Und Rumpole! Wir gehen bis vor das Oberste Bundesgericht, wenn wir …«
    Meister Giftnatter musterte den Kater. »Wunderbar«, sagte er. »Du bist ja wirklich ein zum Leben erwachtes Fabeltier.«
    »Und außerdem habe ich ein hübsches kleines
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