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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman
Autoren: Insel Verlag
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einen nachmachen zu lassen.«
    Â»Wäre fünfeinhalb nicht auch ein bisschen früh für einen eigenen Schlüssel?«, fragte Luise und legte ihren Fund auf die Rückbank. Außer Sichtweite.
    Â»Keine Ahnung. Aber wenn sie nächstes Jahr in die Schule kommt, wird Nele drei. Und dann will Judith wieder arbeiten. Zumindest halbtags. Spätestens da müssen wir uns was überlegen.«
    Luise schwieg. Sie schaute aus dem Fenster, doch ihr Blick hielt nichts fest. Es waren innere Bilder, die an ihrem Auge vorbeiflogen: Ole an seinem ersten Tag bei Text-Berg . Der neue Grafiker, der den Internetauftritt ausbauen sollte. Alle waren hingerissen von ihm, selbst Luise, die gerade frisch getrennt war und innerlich wie aufgeschürft. Die Erkenntnis, dass sie sich in ihn verliebt hatte, überrollte sie an dem Tag, als sie seine Frau kennenlernte, Judith, die sympathisch, schwanger und mit Ole sehr glücklich war. Die perfekte Familie, eine große Kugel aus Glück, die so rund und leuchtend und in sich geschlossen war, dass niemand auch nur auf die Idee käme, in diese Harmonie eindringen zu wollen. Warum also sollte Luise da mit Ole über ihre Gefühle reden? Man musste die Sache nicht schlimmer machen, als sie war, und sie mit Emotionen belasten, die ganz offensichtlich keinen Raum hatten.
    Doch die Freundschaft mit Ole wollte sie nicht missen. Um nichts in der Welt. Beziehung, das war ihr sowieso viel zu kompliziert. Es war wie Crème brûlée. Die bekam sie auch nie hin. Entweder war alles zu matschig und zerfloss, oder der Karamell war so hart, dass jeder Dessertlöffel daran scheiterte. Am schlimmsten war der Versuch gewesen, bei dem ihr der Karamell angebrannt war. Bizarrerweise war das ausgerechnet an Jörgs Geburtstag passiert, dem letzten, den sie gemeinsam gefeiert hatten. Der Geburtstag, an dem sie einfach nur alles richtig machen wollte und nichts gelang. Die Förmchen waren ruiniert und die Liebe eigentlich auch, was allerdings nicht am Nachtisch lag. Anschließend hatte sie beschlossen, die Finger davon zu lassen. Von Crème brûlée und von Beziehungen.
    Â»So, wir sind da«, sagte Ole und bog auf den Parkplatz am See.
    Wenn schon Belohnung nach einem Eisberg-Tag, hatte er vorhin verkündet, dann richtig. Das hieß im Klartext: italienischer Kaffee mit Rieseneisbecher und Blick auf Segelboote und Wellen. Und vielleicht noch ein kleiner Spaziergang hinterher.
    Â»Das Kleid steht dir wirklich unglaublich gut«, sagte er mit anerkennendem Blick beim Aussteigen. Er lächelte.
    Â»Danke«, antwortete Luise leise und legte, ohne dass er es bemerkte, die Cantuccini-Tüte mit dem violetten Seidenband neben Lillys Schlüsselanhänger auf die Rückbank. Dann ließ sie die Autotür ins Schloss fallen.
    â€‚Risotto
    Â»Moment! Davon war nicht die Rede.« Anne blieb mitten auf dem Gehweg stehen und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Â»Es dauert bestimmt nicht lange«, sagte Luise und ertappte sich dabei, dass sie zu der Tonlage griff, die sie normalerweise für Tiere und kleine Kinder reserviert hatte.
    Â»Du hast mir vorhin was von Steinpilzen und altem Käse erzählt, die du noch für dein Risotto brauchst, aber nichts von steinalten Leuten.«
    Â»Anne, bitte, nur fünf Minuten. Ein paar Flyer, zwei Fragen, und dann sind wir wieder draußen.«
    Sie wusste, wenn sie zu sehr drängelte, würde sich Anne tatsächlich verhalten wie ein Hund, den man am Halsband zog.
    Â»Das hast du doch vorher gewusst mit dem Tag der offenen Tür, oder?«
    Â»Nein, aber es wäre eine prima Möglichkeit, sich das Ganze mal schnell anzuschauen und ein paar Informationen zu holen. Wenn du nicht mit reinkommen willst, kannst du auch hier warten. Ich bin gleich wieder zurück.«
    Luise hatte bereits die Hand auf der Türklinke zum ›Haus zum Guten Hirten‹.
    Â»Kommt gar nicht in Frage«, sagte Anne. »Wenn du allein da drin bist, wird es Stunden dauern, und ich langweile mich hier draußen zu Tode. Vielleicht gibt's ja Kuchen. Kann man in einem Seniorenheim zumindest erwarten.« Mit zwei langen Schritten stand sie neben ihr. »Und wenn nicht, bleiben wir wirklich nur fünf Minuten.«
    Â»Versprochen«, sagte Luise.
    Â 
    Â»Dieses Zimmer ist ein Beispiel für unsere Pflegeausstattung. Natürlich bringen die meisten unserer Bewohner ihre eigenen Möbel mit. Pflegebetten
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