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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman
Autoren: Insel Verlag
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Anne herum, und ihre Augen funkelten.
    Â»Aber als sie dich vor einer Weile besucht hat, war sie doch noch ganz okay. Ich fand sogar, sie sah viel besser aus als sonst. Wie das blühende Leben. Wenn ich mit siebzig noch so fit bin, werde ich froh sein. Ich jedenfalls hätte gern das Geheimrezept deiner Mutter gegen das Altern.«
    Â»Bestimmt nicht«, sagte Luise barsch und zog ihre Augen zu Schlitzen. »Du nicht!«
    Â»Wieso nicht?«, fragte Anne irritiert. »Und könntest du bitte das Messer hinlegen, wenn du nichts Wichtiges zu sezieren hast?«
    Luise schaute auf ihre Finger, die das Tomatenmesser umklammerten und stöhnte auf.
    Â»Paul«, sagte sie schließlich, als sie das Messer zur Seite legte und sich die Hände am Küchentuch abtrocknete.
    Â»Versteh ich nicht. Was für ein Paul?« Anne schaute sie fragend an.
    Â»Das Anti-Aging-Rezept meiner Mutter heißt Paul«, zischte Luise. »Als ich sie vorhin angerufen habe, klingelte es an ihrer Haustür. Sie hat den Hörer hingelegt und aufgemacht. Da habe ich alles mitgekriegt. Das hat gereicht.«
Mit Schwung schob sie die geschnittenen Tomaten in die Salatschüssel.
    Â»Verdammt, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!«, sagte Anne ungeduldig.
    Â» Oh, Paul, für mich? Die sind aber schön «, säuselte Luise mit süßlicher Stimme. » Das war aber nicht nötig. Doch natürlich liebe ich Rosen. Und die Farbe – ganz wunderbar! Ach, hör auf, mir zu schmeicheln! « Sie verdrehte die Augen, schnappte sich die Salatschleuder und ließ ihre Wut an dem gewaschenen Ruccola aus.
    Â»Du hättest sie mal hören sollen. Dieses Gurren. Dieses Kichern. Wie Sybille, wenn sie mal wieder einen potenziellen Erzeuger im Visier hat. Aber meine Mutter wird siebzig! So hat sie früher nicht mal mit meinem Vater geredet.«
    Wassertropfen verteilten sich auf dem Küchenboden.
    Â»Und dann hat sie den Hörer wieder aufgenommen und gemeint, sie habe keine Zeit mehr, sie müsse jetzt zu ihrem Kurs. Was für ein Kurs, habe ich gefragt. Tango, hat sie gesagt, und noch ehe ich irgendetwas erwidern konnte, hatte sie aufgelegt.«
    Luise nahm ihr Weinglas und trank einen großen Schluck.
    Â»Tango, oh!« Anne pfiff durch die Zähne. »Das ist ja wirklich –«
    Doch weiter kam sie nicht, denn sie wurde von der Türklingel unterbrochen.
    Manche Dinge ändern sich nie, dachte Luise. Acht Uhr war ausgemacht, nun war es zehn nach acht. Das musste Sybille sein.
    Â 
    Â»Aber es stimmt schon«, sagte Anne, als Luise die Geschichte zum dritten Mal erzählt hatte, nachdem um halb neun
endlich auch Thorben aufgetaucht war. Zu einem Zeitpunkt, wo er sicher sein konnte, dass es nichts mehr zu schnippeln gab und die Hühnerschenkel gar waren. »Paul würde mein Geheimrezept für ewige Jugend garantiert nicht heißen. Eher Pauline. Jedenfalls dann, wenn mein bestes Rezept nicht schon Natascha hieße.« Anne grinste und lieferte sich mit Thorben ein Gabel-Duell um die letzten Backkartoffeln in der Schüssel.
    Lang und breit hatten sie beim Essen Luises aktuellen Back-Auslöser erörtert: den verheimlichten Tango-Kurs, den noch mehr verheimlichten Tango-Partner und den nicht mehr zu verheimlichenden dritten Frühling ihrer Mutter.
    Â»Es wäre doch nicht schlecht, wenn sich deine Mutter noch mal verlieben würde. Das mit Paul klingt nett. Eigentlich wäre es eine Entlastung, oder?«, brachte Anne mit vollem Mund die Debatte auf den Punkt.
    Â»Ich finde, dass sie besser auf sich aufpassen sollte. Wer weiß, was er von ihr will. Sie kennt ihn doch gar nicht«, stellte Luise fest und bekam gar nicht mit, dass Annes Frage rhetorisch gemeint war.
    Â»Aber wieso? Sie verprasst nicht dein Erbe, sie nimmt keine Drogen. Sie tanzt und ist glücklich. Und Tanzen hält fit. Du siehst doch selbst, wie gut es ihr tut. Außerdem stärkt Bewegung zur Musik die körperliche und geistige Koordination im Alter. Habe ich neulich erst gelesen. Und das soll besser sein als Gehirnjogging«, fachsimpelte Sybille.
    Â»Aber ausgerechnet Tango«, stöhnte Luise. »Nicht nur, dass meine Mutter Bandscheibenprobleme hat. Keine Ahnung, wann sie das letzte Mal zur Knochendichtemessung war. Sie trinkt kaum Milch und vergisst dauernd ihre Calciumtabletten. In ihrem Alter ist mit Brüchen nicht zu spa
ßen. Du kennst doch den Spruch:
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