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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen
Autoren: Friedrich Glauser
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Wort gehört hättest, er wird nie lachen, wenn er sagen wird: Meine Gemahlin, siehst du, es kommt doch nur auf den Standpunkt an ...), wenn ich am Arme meines Gemahls die Gratulationen entgegennehmen werde.
    Brüderlein, er hat kein Grammophon, der Herr Direktor, er hat nur ein Radio. Wenn sie nur keine Hawaiian-Platten übertragen, sonst garantiere ich für nichts ... Ich werde sagen, ich hab' den Schnupfen ... Wenn ich nämlich heulen muss. Und Morgenstern werd' ich nie mehr lesen.
    Du hast's hinter dir, kleiner Junge, mein kleiner Junge. Weisst du, ich hab' dich oft so genannt, wenn du Angst gehabt hast. Du hast so oft Angst gehabt. Musst' ich dich da nicht schützen? Wie eine Mutter ihr Kind? Vielleicht werd' ich jetzt wirkliche kleine Kinder haben, nagelneue Kinder, wie du immer gesagt hast. Und hast immer so Angst gehabt, dass ich von dir ein Kind kriege. Dummer kleiner Junge.
    Jetzt ist die halbe Stunde vorbei. Ich hab' gar nicht geweint. Du liegst so still. Du hast dich gedrückt. Auf eine originelle Manier, muss ich sagen. Indem du mich zur Mörderin gemacht hast. Mörderin? Ich hab' gar kein Schuldgefühl. Was wäre aus dir geworden ohne mich? Denn das hast du ja wohl begriffen, dass ich dir nicht mehr ausgeholfen hätte, als Frau Direktor. Und du hättest mich nicht erpresst. Dazu warst du doch zu anständig. Was wäre aus dir geworden? Sie hätten dich irgendwo versorgt. Jetzt hast du's besser.
    Hör, Brüderlein, du musst wirklich nicht mehr böse sein. Du hast nur zweimal vor mir geweint, das erstemal, weisst du noch? weil du glücklich warst. Und dann vor einerWoche, als ich dir sagte, ich würde heiraten. Du hast nicht schön ausgesehen, wie du geweint hast. Wie ein kleiner Junge. Aber ich hab' dich nicht trösten können. Begreif doch, dass ich hab' hart bleiben müssen. Ich musste heraus aus dem Schmutz, du hättest mich immer tiefer gezogen, in deine Faulheit, deine Bequemlichkeit, deine Gleichgültigkeit. Ich will leben, verstehst du?
    Nein, du bist nicht böse, du lächelst ja. Du verstehst eben alles. Bist ein guter Kerl. Verzeih, dass ich dich Schmarotzer genannt habe. Das bist du ja eigentlich nicht. Und Seelenkrüppel hab' ich dich auch einmal genannt. Verzeih auch das böse Wort. Du warst es doch gar nicht. Du warst ein guter Kerl, ich hab' viel von dir gelernt. Bist du zufrieden? Was ich gelernt hab'? Vielleicht, mich selbst nicht mehr so wichtig zu nehmen. Meine Geige ... Nun ja, die Frau Direktor wird manchmal, wenn sie Gäste hat, eins aufspielen. Und man wird diskret klatschen, flüstern: »Schad um das blendende Talent ...« Brüderlein, gelt, du verzeihst mir?
    Ich hör' dich sagen: »Wolkenreh, es war ein Dienst auf Gegenseitigkeit. Du hast mir die Mühe genommen, mich umzubringen, ich hab' dir einen Ballast abgenommen. Wir sehen uns wieder, Wolkenreh. Glaub mir's.«
    Du warst nie gläubig. Aber du hast doch manchmal von einer andern Welt gesprochen. Es wird anders dort sein, Brüderlein, als hier, hoffen wir es, weniger gemein ... Nun werd' ich dir niemals mehr in die Ohren blasen, und du wurdest immer so böse, wenn ich's tat. Lebwohl, das Wolkenreh geht.
    Lebwohl, Brüderlein, mein kleiner Junge, mein Kind ...
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