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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen
Autoren: Jules Verne
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Sporen gab. Ich fürchte dieses Verschwinden Pablo’s und Jacopo’s. Sollten sie allein bei dem Handel profitiren und unseren Antheil stehlen wollen?
    – Beim heiligen Jacobi Das fehlte noch, versetzte cynisch der Mastwart, – an solchen Dieben, wie wir sind, zu Dieben zu werden!
    – Wie viele, Tagereisen werden wir bis Mexico brauchen?
    – Vier bis fünf, Lieutenant. Das Ganze ist eine reiner Spaziergang. Aber nur Schritt reiten. Sie sehen doch, daß der Weg sehr bergan führt.«
    In der That machten sich eben die ersten Wellenlinien der Berge bemerkbar.
    »Unsere Pferde sind nicht beschlagen, fuhr der Mastwart fort, indem er anhielt, und ihre Hufe nutzen sich auf diesem Granitboden schnell ab. Sagen Sie aber ja nichts Schlechtes über diesen Boden. Da drunter liegt Gold, und wenn wir jetzt auch darüber weggehen, Lieutenant, so bedeutet das nicht etwa, daß wir es verachten!«
    Die beiden Reiter hatten eine kleine, reich von Fächerpalmen, Nopals und mexicanischen Sagopalmen beschattete Anhöhe erreicht. Zu ihren Füßen dehnte sich eine große, cultivirte Ebene aus und entfaltete die ganze üppige Vegetation der Tropen vor ihren Augen. Zur Linken begrenzte ein Wald von Mahagonibäumen die reizende Landschaft. Schlanke Pfefferstauden wiegten ihre elastischen Zweige in dem brennenden Athem des Stillen Oceans; dort starrten dichte Felder mit Zuckerrohr empor.’ Mächtige Baumwollpflanzungen bewegten geräuschlos ihre grauseidenen Blüthendolden. Da und dort erhob sich wohl ein Convolvulus (
Jalappe off.
) oder der farbenreiche Piment vermischt mit Indigo, Cacao-, Campeche-und Guajacbäumen. Alle die verschiedenen Erzeugnisse der Tropenflora, die Dahlias, Mentzelias, Helicanthus u.s.w., schmückten mit ihrer Farbenpracht dieses reizende Stückchen Erde, übrigens auch den fruchtbarsten Theil des mexicanischen Gebietes.
    Ja, diese ganze schöne Natur schien sich unter den Gluthstrahlen welche die Sonne herabschoß, zu beleben. Aber unter derselben verzehrenden Sonne winden sich auch die unglücklichen Einwohner im Frostschauer des Gelben Fiebers! Deshalb bleiben diese kaum bewohnten und verlassenen Gegenden immer ohne Leben und Geräusch.
    »Was ist das für ein Kegel, der sich dort am Horizonte vor uns erhebt? fragte Martinez seinen Begleiter.
    – Der Gipfel von Brea, der sich übrigens kaum über die umgebende Ebene erhebt«, antwortete hingeworfen der Mastwart.
    Dieser Kegel bildet die erste bemerkbarere Erhebung der gewaltigen Cordillerenkette.
    »Beeilen wir uns, mahnte Martinez, indem er selbst mit gutem Beispiele voranging. Unsere Pferde entstammen den Haciendas des westlichen Mexico und sind von den Reisen durch die Savannen an diese Unebenheiten des Terrains gewöhnt. Wir wollen den Weg, wo er bergab führt, benutzen und aus diesen grenzenlosen, einsamen Gegenden entfliehen, welche nicht dazu angethan sind, uns zu erheitern.
    – Sollte der Lieutenant Martinez Gewissensbisse haben? fragte José achselzuckend.
    – Gewissensbisse!… Nein, das nicht!…«
    Martinez verfiel wieder in tiefes Schweigen, und so ritten Beide stumm und in schnellem Tempo dahin.
    Sie erreichten den Kegel der Brea, den sie auf steilen Saumpfaden erstiegen, längs tiefer Abgründe, welche aber den unergründlichen Schluchten der Sierra Madre noch keineswegs gleich kommen. Nach Ueberschreitung des entgegengesetzten Abhanges hielten die beiden Reiter an, um ihre Pferde ausruhen zu lassen.
    Die Sonne verschwand bald unter dem Horizonte, als Martinez und sein Befährte in dem Dorfe Cignatan ankamen. Dasselbe zählt nur wenige bewohnte Hütten, die dürftigen Heimstätten armer Indianer, welche »Mansos«, d.h. Ackerbauer, genannt werden. Die seßhaften Eingeborenen sind im Allgemeinen sehr träge, da sie nur die Reichthümer einzusammeln brauchen, welche der freigebige Erdboden spendet. Ihre große Faulheit unterscheidet sie wesentlich sowohl von den Indianern des Hochplateaus, welche wohl die Noth zum Fleiße zwang, als auch von den Nomaden des Nordens, welche, da sie nur von Raub und Plünderung leben, niemals feste Wohnsitze haben.
    Die Spanier begegneten in diesem Dörfchen nur einer sehr mittelmäßigen Gastfreundschaft. Die Indianer sahen in ihnen nur ihre alten Bedrücker und beeilten sich gar nicht, ihnen irgendwie beizustehen.
    Dazu waren vor ihnen zwei andere Reisende durch den Ort gekommen und hatten unter den vorräthigen Nahrungsmitteln ziemlich aufgeräumt.
    Der Lieutenant und der Mastwart legten auf diesen Zufall, der
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