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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen
Autoren: Jules Verne
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aber wir kommen da an den schönen Bergen, dem Popocatepelt und dem Icatacihualt vorüber. Diese ist die sicherere, weniger besuchte Straße. Eine schöne Promenade von fünfzehn Lieues über eine sanft geneigte Ebene.
    – Nur nicht den längeren Weg und schnell vorwärts, mahnte Martinez. – Wo werden wir heute übernachten?
    – Nun, wenn wir zwölf Knoten zurücklegen, sind wir in Cuernavaca«, antwortete der Mastwart.
    Die beiden Spanier begaben sich nach dem Stalle, ließen die Pferde satteln und füllten die »Mochillas«, d.s. am Geschirr befestigte Taschen, mit Maiskuchen, Granaten und gedörrtem Fleisch, denn in den Bergen liefen sie Gefahr, keine Nahrungsmittel zu finden. Nach Ausgleichung der Zeche bestiegen sie ihre Pferde, auf denen sie mit übergeschlagenen Beinen und auf die rechte Hand gestützt, dahin ritten.
    Zum ersten Male kam ihnen hier eine Eiche zu Gesicht, ein Baum von guter Vorbedeutung, an dessen Fuße die ungesunden Ausdünstungen der niederen Gegenden aufhören. In diesen 1500 Meter über dem Meere gelegenen Landstrichen vermischen sich die seit der Eroberung durch Spanien eingeführten Nutzpflanzen mit den einheimischen Gewächsen. Kornfelder lachen in dieser fruchtbaren Oase, in der alle Culturpflanzen Europas gedeihen. Hier säuselt das Laub der Bäume Asiens und Frankreichs. In dem Rasenteppiche leuchten Blumen des Orients neben Veilchen, Kornblumen, Verbenen und Maßlieb aus der gemäßigten Zone. An manchen Stellen starrten harzreiche Pflanzen in Gruppen empor, und war die Luft geschwängert mit dem seinen Dufte der Vanille, welche im Schatten von Balsam-und Ambrastanden gedieh. Auch die beiden Abenteurer fühlten sich ganz wohlig bei der Temperatur von zwanzig bis zweiundzwanzig Graden, wie sie immer in der Gegend von Xalapa und Chilpanzinge herrscht, welche deshalb hier auch allgemein »die gemäßigten Landstriche« genannt werden.
    Inzwischen gelangten Martinez und sein Gefährte immer weiter nach der Hochebene von Anahuac hinauf, indem sie die gewaltigen Bergkämme, welche sich im Innern Mexicos verzweigen, überschritten.
    »Ah! rief plötzlich José, da ist der erste der drei Bergströme, welche wir überschreiten müssen.«
    Wirklich lag ein tief ausgeschnittenes Flußbett nicht weit vor ihren Füßen.
    »Bei meiner letzten Reise, bemerkte José, lag dieses Wildbett trocken. Folgen Sie mir, Lieutenant.«
    Beide ritten einen in den Felsen ausgehauenen Pfad hinab und gelangten zu einer leicht passirbaren Furth.
    »Das wäre der Eine! sagte José.
    – Sind die anderen ebenso leicht zu überschreiten? fragte der Lieutenant.
    – Ganz ebenso, erwiderte José. Wenn die Regenzeit diese Wildbäche anschwellt so stürzen sie in den kleinen Fluß Ixtolucca, dem wir in den Hochgebirgen begegnen werden.
    – Wir haben jedoch in diesen Einöden nichts zu fürchten?
    – Nichts, außer vielleicht einen mexicanischen Dolch!
    – Ja freilich, meinte Martinez. Die Indianer dieser Hochländer sollen von Alters her damit gut umzugehen wissen.
    – Und wie viele Bezeichnungen haben sie für ihre Lieblingswaffe, fügte der Mastwart lachend hinzu, z. B. Estogue, Verdugo, Puna, Anchillo, Beldoque, Navaja und noch andere. Sie haben das Wort ebenso schnell im Munde, wie den Dolch in der Hand! Aber, Santa-Maria, das ist ja recht gut, da brauchen wir wenigstens die unsichtbaren Kugeln der langen Carabiner nicht zu fürchten. Ich kann mir gar nichts Aergerlicheres vorstellen, als nicht einmal zu wissen, wer Einem den Garaus macht.
    – Welche Indianerstämme wohnen in diesen Gebirgen? fragte Martinez.
    – Ei, wer kann die Racen alle zählen, die in diesem Eldorado von Mexico hausen! Bedenken Sie nur die vielen Kreuzungen, Lieutenant, die ich sorgfältig studirt habe, um später einmal eine passende und vortheilhafte Ehe zu schließen. Da findet man den Mestizen, von einem Spanier und einer Indianerin abstammend; den Castisa, von einem Mestizenweibe und einem Spanier; den Mulatten, von einer Spanierin und einem Neger; ferner den Monisken, von einer Mulattin und einem Spanier; den Albino, von einer Moniskin und einem Spanier; den Tornatras, von einem Albino und einer Spanierin; den Tintinclaire, von einem Tornatras und einer Spanierin; den Lopo, von einer Indianerin und einem Neger; den Caribujo, von einem Coyoten und einer Mulattin; den Grifo, von einer Negerin und einem Lopo; den Albarazado, von einem Coyoten und einer Indianerin; den Chanisa, von einer Mistizin und einem Indianer; endlich den
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