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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen
Autoren: Julie Kenner
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ausgeschlossen, dass ich mich drücken würde. Wie er schon sagte: Ich war auserwählt. Ich war der Finsternis entrissen worden, um es den Bösewichtern heimzuzahlen.
    Männern wie Lucas Johnson.
    Ich stand auf und lief im Zimmer hin und her. Das, was ich Hoffnung genannt hatte, wurde größer und größer. Lange hatte ich so etwas nicht mehr gefühlt. Genauer gesagt: seit dem Tod meiner Mutter. Das Gefühl war noch so zerbrechlich, dass ich es kaum wagte, genauer hinzuschauen. Aber die Hoffnung war da, streckte ihr Köpfchen aus der Jauche. Eine Chance zu einem bestimmten Zweck. Für eine Zukunft.
    Ach ja, auch eine zweite Chance, Johnson doch noch zu erwischen.
    »Sie gehört dir, wenn du sie ergreifst«, sagte Clarence mit zusammengekniffenen Augen, ein Gesichtsausdruck, den ich nicht entschlüsseln konnte. Ich blickte zu Boden, da ich nicht wollte, dass er die Rachegedanken in meinem Kopf sehen konnte. Denn die kamen mir irgendwie nicht sonderlich heilig vor.
    »Was, wenn ich ablehne?«, fragte ich, obwohl mir klar war, dass das nicht zur Debatte stand. Ich war bereits viel zu aufgekratzt von der Vorstellung, viel zu scharf auf die Aussicht, alles Nötige zu tun, um das Böse auszulöschen. Das Böse, das Männer wie Lucas Johnson antrieb.
    »Überlegst du das ernsthaft?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Gut. Denn dann wärst du wieder am Nullpunkt, und deine sündhaften Taten würden deine Seele besudeln.« Er steckte die Hand tief in die Manteltasche, holte ein gefährlich aussehendes Messer heraus und zuckte mitleidig mit den Schultern. »Und dein Blut besudelt diese Klinge. So sind nun mal die Regeln.«
    »Ach du Scheiße! Was für eine Sorte Engel bist du eigentlich?«
    Er ließ das Messer wieder verschwinden. »Ich habe nie behauptet, dass ich ein Engel bin. Ich arbeite hier nur. Und du ab sofort auch.«

4
     
    »Na schön«, sagte ich. Langsam gewöhnte ich mich an die Vorstellung vom Supergirl. »Nehmen wir mal an, ich ziehe die Sache durch. Was heißt das jetzt genau?«
    »Gute Frage, Kleine! Freut mich, dass du die Sache so entschlossen angehst.«
    »Clarence…«
    »Als Erstes suchst du die Typen, die die Pforte öffnen wollen, dann hältst du sie auf. Du tötest den Dämonenpriester, und mit dem Schlüssel sperrst du die Pforte ab, sodass sie die Öffnungszeremonie nicht durchführen können. Ach, darauf freue ich mich jetzt schon!«
    »Was für eine Zeremonie?«
    »Ein düsteres Ritual. Man hat es erst kürzlich entdeckt, in einer Schriftrolle, die tief in einem Berg in der Türkei vergraben lag. Eine komplette Darstellung … Das Ritual. Die Talismane. Wenn sie damit erst mal angefangen haben, dann gute Nacht. Dann werden wir hier niedergewalzt.«
    Ich schluckte. »Wann? Wann soll das stattfinden?«
    »Bald. Wir haben erfahren, dass sie noch einen Gegenstand benötigen: die Schatulle von Shankara. Wenn man diese Schatulle während der Zeremonie öffnet, verwandelt sie sich in einen Durchgang und erschafft ein Portal zur Hölle.«
    »Oh, Mann!« Ziemlich überwältigend, oder? »Das ist ja eine R iesenscheiße!«
    »Das kannst du laut sagen.«
    »Und ich soll ihnen diese Zeremonie vermasseln?«
    »So weit wollen wir es eigentlich gar nicht kommen lassen. Unsere erste Verteidigungslinie ist die Schatulle. Genauer gesagt: der Rufer.«
    »Oh. Und was ist ein Rufer?«
    »Ein Dämon mit der Macht, die Schatulle von einem x-beliebigen Ort zu sich zu rufen. Sogar aus einer anderen Dimension. Alten Sagen zufolge wurde die Schatulle vor Tausenden von Jahren versteckt. Ein Rufer kann sie zurückholen.«
    »Ach so? Das schafft also nicht jeder dahergelaufene Dämon?«
    »Dämonen haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten.«
    Das brachte mich ins Grübeln. Arbeitsteilung bei Dämonen. Wer hätte das gedacht?
    »Und wie finde ich diesen Rufer?«
    »Tja, das ist das Problem, Kleine. Es gibt keinen Weg, den Rufer zu finden. Deshalb kümmern wir uns um das, was er sucht.«
    »Die Schatulle«, sagte ich. Ich war schließlich voll bei der Sache.
    »Eine Eins mit Stern für dich.« Er grinste mich an. »Gib mir deinen Arm, dann schauen wir mal, ob dieser Drecksack die Schatulle schon gerufen hat.«
    »Wie bitte?« Ich protestierte, als er meine Hand nahm, sie zu sich zog und dabei meinen Arm streckte. »Hey!«
    Er hatte ein Messer aus der Tasche gezogen und murmelte etwas vor sich hin in einer Sprache, die ich nicht verstand.
    »Hallo! Was tust du da?« Ich versuchte, die Hand loszureißen, aber er hatte mich fest im
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