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Erlosung

Erlosung

Titel: Erlosung
Autoren: Fischer Claus Cornelius
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habe, und ich möchte mich – «
    Â»Stimmt es?«, beharrte Mado, und in ihrem Gesicht stand die Hoffnung, es möge nicht so sein.
    Lazare verharrte einen Moment wie ein Waldtier, das im Wind das leise Rascheln der Gefahr gehört hat. »Nein.« Er war bleich, aber seine Stimme zitterte nicht; nur die Wiedersehensfreude war verflogen. Er schüttelte den Kopf. »Der Einzige, dem ich etwas vorgespielt habe, war ich selbst. Die anderen, der Rest, das hat sich danach von selbst ergeben.« Langsam trat er auf sie zu. »Ich habe es geglaubt. Ich habe es wirklich geglaubt – dass ich anders wäre. Ich wollte es wiedergutmachen, alles, was mein Urgroßvater getan hatte. Ich habe es doch versucht, wegen meines Neffen, Ihretwegen, Madeleine. Wegen all der Menschen.«
    Er ließ die Hand sinken, wie um das Blut daran zu zeigen. »Und ich habe so lange durchgehalten, weil ich mir selbst eine Belohnung versprochen hatte. Ist das Eitelkeit? Ich habe doch trotzdem das Richtige getan – ich habe viele Menschen gerettet,
die zugrunde gegangen wären, wenn das Konsortium Erfolg gehabt hätte. Hier, sehen Sie, man hat auf mich geschossen …« Er berührte die Wunde kurz mit der Fingerspitze, als wollte er prüfen, ob das Blut echt war.
    Er sah nicht Ella an, sondern Mado, als müsste sie das doch verstehen. Aber Mado wandte das Gesicht ab, um seinem Blick nicht zu begegnen. Der Ausdruck seiner Augen veränderte sich; in der einen Sekunde schien er noch etwas in ihr zu sehen, etwas, das eine Erinnerung auslöste, und in der nächsten wirkte es, als sähe er gar nichts mehr, nicht einmal sie.
    Er wandte sich ab, blickte zur Bühne hinüber, dann zu einer der Türen, hinter denen mehr und mehr uniformierte Flics die Gänge bevölkerten. Noch einmal kehrten seine Augen zu Mado zurück, bevor er mit unsicheren Schritten zur nächsten Tür ging, wo ihn ein Sanitäter in Empfang nahm. Einige der Polizeibeamten in Uniform und auch ein paar in Zivil sahen ihm entgegen, als hätten sie sehr lange auf diesen Augenblick gewartet.
    Mado sagte: »Auf Wiedersehen, Doktor Bach. Und danke, dass Sie mir zweimal das Leben gerettet haben. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen das – «
    Â»Das ist mein Beruf«, unterbrach Ella sie.
    Â»Ich gehe wieder nach Hause«, die junge Studentin zuckte mit den Schultern und strich sich verlegen eine Haarsträhne hinter das linke Ohr, »wenn Sie also mal ins Elsass kommen…«
    Â»Ja«, sagte Ella, »gern.«
    Annika stöhnte leise. Sie drehte den Kopf und seufzte, und jetzt dachte Ella, scheiß drauf, ob du wieder hochkommst und setzte sich zu ihr auf den Boden. Sie sollte eigentlich in den Taschen von Annis funkelnagelneuer Vivian-Westwood-Jacke nach den Tropfen suchen, aber für einen Moment reichte es ihr, so bei ihr zu sitzen und ihr beim Aufwachen zu helfen. Das mit
den Medikamenten machen wir später, dachte sie; wir finden einen Weg, mit dieser Krankheit umzugehen . Annika schlug die Augen auf und blickte sie müde und etwas verloren an. »Wo bin ich?«, fragte sie.
    Â»Bei mir«, antwortete Ella.

NACHWORT
    Wesentliche Informationen über die unter dem Oberbegriff Epilepsie zusammengefassten Krankheitsbilder sowie ihre Symptome und die Verlaufsformen epileptischer Anfälle verdankt der Verfasser dem Buch »Irren ist menschlich« von Klaus Dörner und Ursula Plog, erschienen 1989 im Psychiatrie Verlag, Bonn, sowie dem Roman »Der Idiot« von Fjodor Dostojewski. Eventuelle Unkorrektheiten und Freiheiten, den Notwendigkeiten eines Thrillers geschuldet, gehen allein zu Lasten des Verfassers. Dasselbe gilt für die Darstellung der Vorgehensweise von Notärzten im Einsatz, die gelegentlich geringfügig von der Wirklichkeit abweichen dürfte. Dankenswerterweise hat Dr. Christoph Scheding, Berlin, bei seinen beratenden Anmerkungen daran keinen Anstoß genommen. Die Passagen aus »Früchte des Zorns« von John Steinbeck – zitiert nach der 1940 im Humanitas Verlag, Zürich, erschienenen und von Klaus Lambrecht ins Deutsche übertragenen Ausgabe – wurden vom Verfasser für die Zwecke dieses Buches gekürzt.
    München, 2010
C. C. Fischer

1. Auflage
Copyright © 2011 by Karl Blessing Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
    Layout und Herstellung: Gabriele Kutscha
Satz: Leingärtner, Nabburg
    eISBN
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