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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Autoren: Patricia A. McKillip
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eisige Kälte der Steine hinter sich.
    »Morgon«, sagte Danan leise, »als wir den Turm einstürzen sahen, glaubte keiner von uns, daß er den nächsten Tag noch sehen würde.«
    »Und so viele haben ihn nicht mehr gesehen. So viele von Euren Bergleuten sind gefallen.«
    »So viele sind nicht gefallen. Ich habe einen mächtigen Berg voller Bäume. Ihr habt ihn uns zurückgegeben. Ihr habt uns eine Heimat geschenkt, in die wir zurückkehren können.«
    »Wir haben den Übergang der Macht vom Erhabenen auf seinen Erben erlebt«, bemerkte Har. »Wir haben einen Preis dafür bezahlt, das miterleben zu dürfen, aber - wir haben überlebt.« Seine Augen leuchteten milde im reinen, kalten Licht. Er zog seinen Umhang fester um seine Schultern - ein knorriger, alter König, in dessen Herz die frühesten Erinnerungen an das Reich wohnten. »Ihr habt einen großen Kampf geführt, und Ihr habt gesiegt. Grämt Euch nicht um den Erhabenen. Er war alt, dem Ende seiner Macht nahe. Er hinterließ Euch ein vom Krieg zerrissenes Reich, ein schreckliches Erbe, und seine ganze Hoffnung. Ihr habt ihn nicht enttäuscht. Jetzt können wir alle in Frieden heimwärts ziehen und brauchen den Fremden an unserer Türschwelle nicht mehr zu fürchten. Wenn die Tür sich unerwartet den Winterstürmen öffnet und wir vom warmen Feuer aufblicken, um den Erhabenen in unserem Haus zu finden, dann werdet Ihr es sein. Dieses Geschenk hat er uns hinterlassen.«
    Morgon schwieg. Wieder nagte der Schmerz an ihm wie eine züngelnde Flamme trotz all ihrer Worte. Da spürte er in einem von ihnen einen gleichartigen Schmerz, den keine Worte stillen konnten. Er suchte ihn und fand ihn in Mathom, der müde dastand, wie beschattet vom Tod.
    Morgon trat einen Schritt auf ihn zu.
    »Wer?«
    »Duac«, antwortete der König. Er holte tief Atem, während er dunkel wie der Geist eines Toten im weißen Schnee stand. »Er weigerte sich, in An zu bleiben - die einzige Auseinandersetzung, bei der ich je verloren habe. Mein Landerbe mit den Augen des Meeres. «
    Morgon blieb stumm, während er sich fragte, wie viele seiner Bindungen zerrissen worden waren, wie viele Tode er nicht gespürt hatte. Aus einer Erinnerung heraus sagte er unvermittelt: »Ihr wußtet, daß der Erhabene hier sterben würde.«
    »Er gab sich zu erkennen«, erwiderte Mathom. »Ich brauchte das nicht zu träumen. Begrabt ihn hier, wo er seinen Tod suchte. Laßt ihn ruhen.«
    »Ich kann nicht«, flüsterte Morgon. »Ich war sein Tod. Er wußte es. Die ganze Zeit wußte er es. Ich war sein Schicksal, so wie er das meine war. Unsere Leben waren in einem einzigen, beständigen Rätselkampf verknüpft. Er schmiedete das Schwert, das ihn tötete, und ich habe es ihm hierher gebracht. Wenn ich gedacht hätte - wenn ich gewußt hätte.«
    »Was hättet Ihr getan? Er besaß nicht die Kraft, diesen Krieg zu gewinnen. Er wußte, daß Ihr ihn gewinnen würdet, wenn er Euch seine Macht übertrug. Diesen Kampf zumindest hat er gewonnen. Nehmt es an.«
    »Ich kann nicht - noch nicht.« Er legte eine Hand auf die Steine. Dann hob er den Kopf und suchte am Himmel etwas, das er in seinem Geist nicht finden konnte. Doch das Antlitz des Himmels war bleich und starr.
    »Wo ist Rendel?«
    »Eine Zeitlang war sie bei mir«, antwortete die Morgol. Ihr Gesicht war so still wie der Wintermorgen. »Dann verschwand sie. Um Euch zu suchen, glaubte ich. Aber vielleicht braucht auch sie Zeit für ihren Schmerz.« Sie lächelte ihn an und berührte sein Herz. »Morgon, er ist tot. Aber für kurze Zeit habt Ihr ihm etwas gegeben, das er lieben konnte.«
    »Und Ihr auch«, flüsterte er.
    Danach wandte er sich ab, um irgendwo im Inneren seines Reiches seinen eigenen Trost zu finden. Er wurde zu Luft oder Schnee, manchmal blieb er auch er selbst. Er wußte es nicht. Er wußte nur, daß er keine Fußstapfen im Schnee hinterließ, denen einer hätte folgen können.
    In vielen Gestalten streifte er durch das Land und knüpfte die zerrissenen Bindungen neu, bis es keinen Baum, kein Insekt, keinen Menschen im ganzen Reich gab, den er nicht kannte. Nur eine Frau gewahrte sein Geist nie. Die Winde, die in ihrer grenzenlosen Neugier alles erforschten, berichteten ihm von
    Edelleuten und Kriegern, die, heimatlos geworden, an Astrins Hof Zuflucht suchten, von Händlern, die mit den stürmischen Meeren kämpften, um Getreide von An und Herun und Bier aus Hed in das vom Krieg verheerte Land zu bringen. Sie ließen es ihn wissen, als die Vesta nach
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