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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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als die Redaktionsassistentin von Britta in ihrem Horoskop las, dass sie ihren Job verlieren und ihr Hund in den nächsten vier Wochen weglaufen würde. (Es zeigte sich dann, dass der Hund bei ihr blieb, aber dass sie ihren Job tatsächlich verlor, worauf sie sich beruflich völlig umorientierte, und jetzt arbeitet sie an der Rezeption im Plaza.)
    Ich beschloss also stattdessen, diese Investment-Dinger zu kaufen, die »Futures« heißen. Ich hatte keine Ahnung, was das wirklich war, außer dass ich gehört hatte, dass Leute von der Wall Street Millionen von Dollar damit machten. Es war jedoch aussichtslos, einen Termin bei einem Wall Street Futures Analysten zu bekommen, selbst wenn ich bereit gewesen wäre, tausend Dollar für jede Sekunde seiner Zeit zu bezahlen. Ich probierte es bei mehreren und bekam jedes Mal eine Abfuhr. Inzwischen bedauerte ich, dass ich die Idee gehabt hatte, aber ich hatte Lauryn gegenüber damit geprahlt, und ihr gefiel der Einfall, sodass ich gezwungen war, mich durch alle minder berühmten Banken durchzuarbeiten, bis ich endlich einen Stockbroker in einer Bank in Midtown fand, der bereit war, mich zu empfangen, nachdem ich Nita, seiner Assistentin, tonnenweise Gratisproben geschickt und mehr versprochen hatte, wenn sie mir einen Termin verschaffte.
    Also machte ich mich auf den Weg, nicht ohne die seltene Gelegenheit zu nutzen, so viele verrückte Accessoires wie möglich abzulegen.
    Ich will das erklären: Alle Pressefrauen bei McArthur müssen die Persönlichkeit der Marke, die sie vertreten, annehmen. Die Mädels, die für EarthSource arbeiten, zum Beispiel, waren alle ein bisschen jutemäßig und naturbelassen, während die vom Bergdorf-Team wie Carolyn-Bessett-Kennedy-Klone waren, so bleichgesichtig, blondhaarig und superfein und irgendwie nicht von dieser Welt. Da das Candy-Grrrl-Profil eher ein wenig wild und ausgeflippt war, ein bisschen verrückt, musste ich mich entsprechend kleiden, aber ich hatte das sehr schnell sehr satt. Ausgeflipptheit ist was für junge Frauen, und ich war einunddreißig und hatte keine Lust mehr, Pink mit Orange zu kombinieren.
    Ich nutzte also begeistert die Chance, vernünftig angezogen zu gehen; mein Haar war von allen albernen Spangen und Schleifchen befreit, und ich trug einen dunkelblauen Rock (zugegeben, er war mit Silbersternchen besprenkelt, aber er war das Konservativste, was ich besaß) und klapperte auf dem Flur im achtzehnten Stockwerk entlang, wo mir ordentlich gekleidete und tüchtig wirkende Menschen entgegenkamen, und ich wünschte mir, in Schneiderkostümen zur Arbeit gehen zu können, als ich um eine Ecke kam und verschiedene Dinge auf einmal passierten.
    Da war plötzlich ein Mann, und ich stieß mit solcher Wucht mit ihm zusammen, dass meine Tasche mir aus der Hand fiel und der gesamte peinliche Inhalt sich über den Fußboden verstreute (einschließlich meiner Brille mit Fensterglas, die ich dabeihatte, weil ich intelligent aussehen wollte, und meiner Geldbörse mit der Aufschrift »Jeder Wechsel kommt von innen«).
    Wir bückten uns schnell, um die Dinge wieder einzusammeln, griffen gleichzeitig nach der Brille, und unsere Köpfe prallten mit einem mittleren bis lauten Krachen aneinander. Wir riefen beide »Entschuldigung!«, er wollte mir die geprellte Stirn reiben, wobei er mir den brühend heißen Kaffee aus dem Becher, den er hielt, über den Handrücken schüttete. Selbstverständlich konnte ich nicht laut aufschreien, schließlich war dies ein öffentlicher Ort. Also wedelte ich meine Hand hin und her, damit der Schmerz aufhörte, und während ich das tat und mich wunderte, dass der Kaffee keinen größeren Schaden angerichtet hatte, merkten wir beide, dass die Vorderseite meiner weißen Bluse wie ein Gemälde von Jackson Pollock aussah. »Wissen Sie was?«, sagte er. »Wenn wir ein bisschen üben, könnte das eine schöne kleine Nummer werden.«
    Wir richteten uns auf, und obwohl er mir die Hand verbrüht und die Bluse verdorben hatte, mochte ich, wie er aussah.
    »Darf ich?« Er zeigte auf meine Hand, berührte sie aber nicht, denn Prozesse wegen sexueller Belästigung sind in New York derart häufig, dass ein Mann oft nicht mit einer Frau allein im Aufzug fährt, damit sie ihn nicht hinterher beschuldigen kann, er habe ihr unter den Rock geguckt, und es keine Zeugen gibt.
    »Bitte.« Ich streckte ihm meine Hand entgegen. Abgesehen von der roten Schwellung war es eine Hand, auf die man stolz sein konnte. Ich hatte sie
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